Jugendmedienschutz: Alterskontrolle per PostIdent reicht nicht

Laut Gesetz muss bei der Verbreitung pornografischer Darbietungen über Telemedien durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt sein, dass die pornografische Darbietung Personen unter 18 Jahren nicht zugänglich ist.

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Von
  • Dr. Andreas Lober

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgericht München (Az 29 U 2745/04) genügt es nicht, wenn ein Versandhändler beim Vertrieb pornografischer Medien über das PostIdent-Verfahren sicherzustellen versucht, dass der Empfänger der Bestellung volljährig ist. Vielmehr müssten die Medien per eigenhändig übergebenes Einschreiben versandt werden. Dieselben Grundsätze können auch für den Versand anderer jugendgefährdender Inhalte eine Rolle spielen, worunter beispielsweise indizierte Computerspiele fallen.

Hintergrund der Entscheidung ist ein Rechtsstreit der Online-Videothek DiViDi Entertainment GmbH gegen den Wettbewerber inVDeo GmbH. In erster Instanz hatte inVDeo obsiegt, das Gericht hielt das PostIdent-Verfahren -- bei dem sich der Kunde vor der ersten Bestellung persönlich bei der Post ausweisen muss -- für ausreichend. Laut Gesetz muss bei der Verbreitung pornografischer Darbietungen über Telemedien durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt sein, dass die pornografische Darbietung Personen unter 18 Jahren nicht zugänglich ist (§ 184 c StGB). Ähnliches gilt nach dem Jugendschutzgesetz. Diese verbietet den Vertrieb als jugendgefährdend indizierter Medien im Versandhandel (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 JuSchG). Auch wenn die Medien versandt werden, gilt das Geschäft aber nicht als "Vertrieb im Versandhandel", wenn durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder oder Jugendliche erfolgt (§ 1 Abs. 4 JuSchG). Dies ist gegenüber der alten Rechtslage unter dem Gesetz über jugendgefährdende Schriften und Medieninhalte geltenden Rechtslage eine Liberalisierung. Damals galt noch ein vollständiges Verbot des Vertriebs jugendgefährdender Medien im Versandhandel.

Die Entscheidung überrascht insofern, als bisher die Prüfung des Alters des Empfängers über das PostIdent-Verfahren überwiegend als zulässig angesehen wurde. So hatte beispielsweise erst kürzlich auf der Jahrestagung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Oberstaatsanwalt Peter Koehler aus Frankfurt das PostIdent-Verfahren empfohlen. Andere Verfahren -- beispielsweise ein gefaxter Personalausweis und eine Abbuchung von der zugehörigen Kreditkarte -- wurden von ihm als möglicherweise nicht ausreichend eingestuft; ihre Eignung für eine gegen Missbrauch gefeite Altersprüfung wurde bereits bisher weithin angezweifelt.

Im Verfahren vor dem OLG München hatte der Antragsteller DiViDi argumentiert, dass selbst dann, wenn der Besteller volljährig sei, ein an ihn gerichtetes Päckchen von Minderjährigen geöffnet werden könnte. Wenn die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen -- damit ist in drei bis vier Wochen zu rechnen -- wird mehr Klarheit darüber herrschen, ob dasselbe auch gilt, wenn nach dem Jugendschutzgesetz indizierte Medien vertrieben werden, die keine Pornografie sind. Ein kleiner, aber möglicherweise feiner Unterschied besteht nämlich nach den beiden Gesetzen: Die nur für Pornografie geltenden § 184 und 184 c des Strafgesetzbuchs verlangen, dass sichergestellt ist, dass die Darbietung Minderjährigen nicht zugänglich ist. Nach dem Jugendschutzgesetz genügt es, wenn kein Versand an Kinder oder Jugendliche erfolgt.

Vereinzelt hieß es, es sei im vorliegenden Rechtsstreit um "harte" Pornografie gegangen. Das ist allerdings irreführend. Unter "harter" Pornografie versteht man gemeinhin Kinder- und Tierpornos -- deren Vertrieb ist aber ganz verboten, da hilft kein PostIdent und kein Übergabeeinschreiben (§ 184 a, § 184 b, § 184 c StGB). Tatsächlich ging es in dem nun entschiedenen Fall um "einfache" Pornografie im Sinne des § 184 StGB.

Daher ärgert sich auch Dirk Sommer, Geschäftsführer der unterlegenen inVDeo, nicht so sehr über die Entscheidung, sondern mehr über die Berichterstattung in diesem Zusammenhang und die Pressemeldung von DiViDi. In dieser führt der Geschäftsführer von DiViDi, Andreas Steinrücke, aus: "Es kann und darf nicht sein, dass ein paar wenige Anbieter in diesem Segment den Jugendschutz mit Füßen treten und sich insbesondere gegenüber den Wettbewerbern wirtschaftliche Vorteile über eine billige, einfache Briefzustellung verschaffen." Gegenüber heise online erläutert er weiter: "Wir wollen eine deutliche Abgrenzung zwischen den Anbietern pornografischer Inhalte und solchen mit familienfreundlichen Angeboten erreichen. Dabei sollten pornografische Inhalte teurer sein, da die Wahl des zu bestellenden Titels auch über den Preis läuft." Mit der gerichtlichen Entscheidung selbst könne man leben, meint Sommer von der unterlegenen inVDeo: "Wir wollen ja ebenfalls den Jugendschutz sicherstellen. Es muss eben Vorgaben geben, die für alle gelten und klar sind." (Dr. Andreas Lober) / (jk)