Geschwindigkeitsrekord bei gedruckten Schaltkreisen

US-Forscher haben Nanoröhrchen mit einem neuen Nichtleiter kombiniert, um flexible Elektronik mit hoher Leistungsfähigkeit zu schaffen.

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Von
  • Katherine Bourzac

US-Forscher haben Nanoröhrchen mit einem neuen Nichtleiter kombiniert, um flexible Elektronik mit hoher Leistungsfähigkeit zu schaffen.

Wissenschaftler an der Northwestern University und der University of Minnesota haben mit Hilfe von Kohlenstoffnanoröhrchen und einem neuen Nichtleiter flexible Elektronik geschaffen, die eine deutlich höhere Schaltgeschwindigkeit als andere mittels Druckverfahren hergestellte Schaltkreise verspricht. ICs aus dem Material könnten zur Herstellung zahlreicher Komponenten genutzt werden – vom einfachen Bildschirm bis hin zu flexiblen Systemen für die Medizintechnik.

Gedruckte Elektronik verspricht eine einfache Massenproduktion, niedrige Preise und eine Biegsamkeit des Endprodukts. "Druckverfahren erlauben all das, doch bislang wird das Feld noch von organischen Halbleitern dominiert, deren Leistungsfähigkeit vergleichsweise gering ist", erklärt Mark Hersam, Professor für Material- und Ingenieurwissenschaften an der Northwestern. Kohlenstoffnanoröhrchen sind dagegen deutlich schneller. Das Problem: Stellt man diese Komponenten mit Druckverfahren her, benötigten sie bislang bei hohen Schaltgeschwindigkeiten vergleichsweise viel Strom. Bei einem Bildschirm hätte man dann zwar eine gute Bildwechselfrequenz, doch wäre die Batterie schnell leer.

Hersam hat deshalb zusammen mit einem Forscherteam an der University of Minnesota, das vom dortigen Chemieingenieurprofessor Daniel Frisbie geleitet wird, neue Verfahren entwickelt, die die zwei größten Herausforderungen bei gedruckten Nanoröhrchen-Schaltkreisen bezwingen sollen. So gab es bislang keinen Herstellungsprozess, mit dem große Mengen an Nanoröhrchen hergestellt werden konnten, die sich allein wie Halbleiter verhalten – auf einem gedruckten Schaltkreis agieren sie dann wie kleine Kupferdrähte, was zu Kurzschlüssen führen kann. Heram setzt deshalb eine Technik ein, mit der sich reine Halbleiter-Nanoröhrchen schaffen lassen sollen – das Separationsverfahren dazu hatte er bereits 2006 entwickelt.

Die zweite Herausforderung liegt in der benötigten Energie. Bei gedruckten Schaltkreisen wurden Nanoröhrchen bislang mit Nichtleiter-Materialien kombiniert, die nicht besonders effizient waren. Der Grund: Es war schwierig, beim Druck die Dicke dieser Isolatorenschicht zu kontrollieren. Dies schlug direkt auf die Qualität des Endproduktes durch. Frisbie kombinierte die Nanoröhrchen deshalb mit einem neuen, für Druckverfahren optimierten Nichtleiter – einem Gel, das gute elektrische Eigenschaften auch dann beibehält, wenn es recht dick aufgetragen wird.

Frisbie und Hersam kombinierten nun die sehr reinen Halbleiter-Nanoröhrchen mit dem Nichtleitergel und schufen so Schaltkreise mit einer Rekordleistung. In ihrer jüngsten Studie in der Online-Ausgabe von "ACS Nano" demonstrierten die Forscher, dass sich so flexible Elektronik ergab, die mit einer Frequenz von zwei Kilohertz arbeitete – bei einer Spannung von 2,5 Volt. "Damit haben die Kollegen Komponenten und Schaltkreise mittels Druckverfahren hergestellt, deren Geschwindigkeit bei Raumtemperatur bislang unerreicht ist", meint John Rogers, Professor für Materialwissenschaften an der University of Illinois in Urbana-Champaign. "Diese Ergebnisse sind auch deshalb so spannend, weil sie zeigen, dass es wichtige und realistische Anwendungen für Kohlenstoffnanoröhrchen im Elektronikbereich gibt."

Die Gruppe schuf mit Hilfe ihrer Technik bislang Schaltkreise mit bis zu 14 Transistoren. "Nun geht es darum, das Ganze noch ein bisschen weiter zu treiben und komplexere Systeme und Funktionalitäten zu schaffen", sagt Frisbie. Im nächsten Schritt sollen das Anwendungen sein, bei denen rund 100 Transistoren ausreichen – etwa einfache Sensoren oder Bildschirme. Noch kann eine so hergestellte Komponente nicht genügend Spannung aufnehmen, um Bildpunkte in elektronischem Papier zu schalten, doch eine Kombination mit organischen Leuchtdioden ist denkbar. Hersam arbeitete unterdessen an weiteren alternativen Anwendungsformen für gedruckte Elektronik auf Basis von Kohlenstoffnanoröhrchen. So geschaffene Systeme lassen sich nämlich auch als Lichtemitter nutzen, etwa für Wellenlängen im Nahinfrarotbereich. Das wäre für die Telekommunikation oder bildgebende Verfahren im medizinischen Bereich interessant. (bsc)