RoboCup-WM: Wie bekommt der Roboterfußball neue Dynamik?

Neue Impulse beim Roboterfußball müssen möglicherweise von einer Veränderung der Spielbedingungen kommen, etwa durch Spiele im Freien. Das German Team feiert derweil ganz im Unterschied zu den menschlichen Kollegen Erfolge.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Die Spielfelder der vierbeinigen Aibo-Roboter von Sony sind bei der RoboCup-WM 2004 in Portugal mittlerweile die einzigen, die noch von hellen Scheinwerfern beleuchtet sind. Das grelle Rampenlicht beflügelte die Spieler des German Team denn auch zu einem furiosen Einstand: Sie schlugen den amtierenden Weltmeister rUNSWift aus Australien mit 4:2 und deklassierten danach das Team Chaos (bestehend aus Schweden und Spaniern, geleitet von einem Italiener) mit 13:0. Damit muss man sich nicht verstecken.

Die übrigen Ligen kommen mit der normalen Saalbeleuchtung aus und das offenbar recht gut. "Wir haben gestern mal ein paar Reihen der Deckenlampen ausgeschaltet", sagt Paul G. Ploeger, Teamchef der AIS/BIT-Robots in der Middle Size League. "Die Roboter haben trotzdem problemlos den Ball gefunden und konnten sich auf dem Spielfeld orientieren."

Der Raum für weitere Verbesserungen wird allerdings immer enger. So treten die CoPS-Stuttgart in der Middle Size League mit neuen Robotern an, die keine grundlegend neue Konstruktion darstellen, sondern die in den vergangenen Jahren entwickelten Lösungen integrieren. Das sind im Wesentlichen eine nach oben auf einen konvexen Spiegel gerichtete, omnidirektionale Kamera sowie eine Plattform mit drei omnidirektionalen Rädern. "Dieses erstmals im Jahr 2000 vom italienischen Team Golem vorgestellte Prinzip entwickelt sich immer mehr zum Standard in der Middle Size League", sagt Ploeger. Zwar ließe sich bei der Steuerung immer noch einiges verbessern, aber auf der Seite der Hardware sei der Entwicklungsspielraum damit weit gehend ausgeschöpft.

Neue Impulse müssen von einer Veränderung der Spielbedingungen kommen. Ploeger könnte sich vorstellen, schon bald mit den Robotern im Freien zu spielen. Für ein erstes Demonstrationsspiel haben RoboCup-Teilnehmer von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh das Segway-Vehikel -- ein Fahrzeug mit zwei parallelen Rädern, auf dem ein Mensch wie auf einem Roller fährt -- so modifiziert, dass es von einem Computer gesteuert werden kann. Diese autonomen Segways sollen zusammen mit solchen, die von Menschen gefahren werden, gemischte Mannschaften bilden. Ein Demonstrationsspiel soll in den nächsten Tagen regelmäßig wiederholt werden.

Ob das Spiel im Freien wirklich der beste nächste Evolutionsschritt für den Roboterfußball ist, ist jedoch umstritten. Ploegers Kollege Ansgar Bredenfeld vom Fraunhofer-Institut für Autonome Intelligente Systeme (AIS) strebt eher an, in Turnhallen zu spielen. "Dadurch könnte der RoboCup stärker in die Breite gehen", sagt er. Schließlich gibt es an jeder Schule eine Turnhalle. Auch der Vorschlag von Raul Rojas (FU-Fighters), den Robotern ein maximales Energielimit vorzugeben, könnte der Entwicklung beim RoboCup zu neuer Dynamik verhelfen. Ein direktes Pass-Spiel, glaubt Ploeger, wird es in der Middle Size League jedenfalls erst geben, wenn die Roboter dazu gezwungen sind. Auf dem gegenwärtigen Spielfeld mit etwa 8 mal 10 Metern Größe, bestehe dafür einfach noch keine Notwendigkeit.

Die stärkste Dynamik scheint gegenwärtig bei den humanoiden Robotern zu herrschen. In der Humanoid League nehmen in diesem Jahr erstmals gleich zwei Teams aus Deutschland teil: NimbRo von der Universität Freiburg und der Darmstadt Dribbler von der TU Darmstadt. Ebenfalls zum ersten Mal dabei ist ein Team aus dem Iran. Angemeldet waren eigentlich vier Teams, aber nur PERSIA von der Isfahan University of Technology ist es gelungen, rechtzeitig die Visa für die Einreise zu bekommen. Dafür überzeugte der Roboter bei einer ersten Vorstellungsrunde durch einen sehr geschmeidigen und sicheren Gang.

Das deutlichste Zeichen, dass eine neue Ebene erreicht ist, ist jedoch die Tatsache, dass gleich mehrere Teams in der Humanoid League auf Standardmodelle zurückgreifen. Die Darmstadt Dribblers haben sich den Prototyp iXs aus Japan beschafft und lediglich durch etwas größere Füße erweitert. "Wir sind halt Informatiker und wollen uns auf das konzentrieren, was wir wirklich können", sagt Jutta Kiener. Die Freiburger haben sich kurzfristig entschlossen, außer mit der Eigenkonstruktion NimbRo auch noch mit dem kleineren NimbRo-RS anzutreten. RS steht dabei für "Robo Sapiens", ein Spielzeugroboter, der normalerweise ferngesteuert wird, für den Wettbewerb aber mit einem Palmtop-Computer ausgestattet wurde. Auch das Team Osaka von der Systec Akazawa Company tritt mit dem kommerziellen Modell "Vision" an, einem hübsch gestalteten Roboter mit farbig leuchtenden Augen, die jedoch nichts sehen: Wie die Fußballroboter in der Middle Size League verwendet auch Vision für seine Orientierung eine nach oben auf einen Spiegel gerichtete, omnidirektionale Kamera.

Zur RoboCup-WM 2004 siehe auch:

(Hans-Arthur Marsiske) / (jk)