Mobiles Banking erobert den Senegal

Finanzdienstleistungen erreichen dank Handy mittlerweile auch die Dritte Welt. Besonders Afrika gilt als Wachstumsmarkt.

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Von
  • Nidhi Subbaraman

Finanzdienstleistungen erreichen dank Handy mittlerweile auch die Dritte Welt. Besonders Afrika gilt als Wachstumsmarkt.

Wer im Senegal kein Konto besitzt, kann sich auch kein Pay-TV kaufen. Doch bei der gerade zu Ende gegangenen Fußball-WM schauten nun deutlich mehr Menschen kostenpflichtig zu. Der Grund: Pünktlich zu dem Großereignis ging ein neues mobiles Banking-System an den Start, mit dem man einfach und bequem per Handy bezahlen kann. Der Dienst ist ein klares Zeichen dafür, wie die Technik gerade Afrika erobert: In einigen der ärmsten Länder der Welt erhalten erstmals auch mittellose Bürger Zugriff auf Finanzdienstleistungen.

Das senegalesische System, das sich "Yoban'tel by Obopay" nennt, ist seit nicht ganz einem Monat in Betrieb. Es wird vom Spezialanbieter Obopay und der Societe Generale des Senegal vermarktet. Die Kunden nutzen Kurznachrichten, um Geld an Satelliten- oder Mobilnetzbetreiber zu überweisen. Dazu gehen die Nutzer in einen der teilnehmenden Läden und zahlen Bargeld auf ihr Yoban'tel-Konto ein. Dann können damit sofort Rechnungen bezahlt werden. Obopay hofft, seinen Dienst auch auf andere Firmen auszudehnen, etwa Stromkonzerne und Wasserwerke. Andere Teilnehmer im Land sind Tigo, ein Telekommunikationsanbieter, CanalSat Horizons, ein Satellitenbetreiber und die Bank Credit Mutuel Senegal.

"Die Leute können Geld auf ihr Konto laden, Geld in Empfang nehmen, wenn ihnen jemand welches sendet und eben ihre Rechnungen bezahlen", sagt David Schwartz, Leiter für Produkt- und Firmenmarketing bei Obopay. Ziel der Firma sei es, "den Menschen zu helfen, in dem wir ihnen erstmals Zugriff auf das Bankwesen geben".

"In den entwickelten Ländern gab es bereits viele mobile Banking-Dienste, doch die meisten sind längst eingegangen", meint Ignacio Mas, Ökonom bei der Bill und Melinda Gates-Stiftung, die sich in der Dritten Welt engagiert. Der Grund sei gewesen, dass die meisten Menschen bereits zuvor Zugriff auf Konten gehabt hätten. Entsprechend hart sei der Wettbewerb gewesen. In Afrika sei das ganz anders.

Dort hat kaum jemand Zugriff auf Finanzdienstleistungen und die meisten Transaktionen laufen über Bargeld. "Für die Banken macht es wirtschaftlich keinen Sinn, Filialen und Geldautomatennetze dort aufzubauen, wo die armen Menschen leben", sagt Mas. Typische Transaktionen in solchen Regionen wären so klein, dass sich das nicht lohne.

Da Wege fehlten, Geld elektronisch zu speichern und zu versenden, mussten die Menschen sich also immer persönlich auf den Weg machen, um Familienmitglieder zu versorgen oder Rechnungen zu begleichen. Mobiltelefone erlauben es den Banken nun, existierende Infrastrukturen anzuzapfen und diese Dienste kostengünstig anzubieten – Handy-Empfang und billige Geräte gibt es längst flächendeckend. In den letzten 10 Jahren haben sich deshalb eine ganze Anzahl an Dienstleistern, Banken und unabhängigen Institutionen daran gemacht, mobile Geldtransferprodukte in den Entwicklungsländern einzurichten – in Ländern wie den Philippinen, in Indien, Pakistan oder Kenia. "Strategisch gesehen ist Afrika die Region, wo es besonders viel Potenzial gibt", meint Mas. Das habe damit zu tun, dass die Nachfrage so groß sei und nun erstmals geeignete Mobilfunknetze bereitstünden.

M-Pesa aus Kenia ist mittlerweile der erfolgreichste Anbieter auf dem Gebiet. 2007 vom Telekommunikationsanbieter Safaricom gestartet, ging es anfangs nur darum, Menschen die Möglichkeit zu geben, Geld sicher nach Hause überweisen zu können. Der Dienst entwickelte sich schnell weiter – mittlerweile kann man Rechnungen und Geschäfte bezahlen oder Sparkonten anlegen. In nur drei Jahren hat das Angebot mehr als neun Millionen Nutzer anlocken können – das entspricht rund 40 Prozent der erwachsenen Bevölkerung Kenias. Dem Beispiel M-Pesa folgend, werden mittlerweile Varianten des Dienstes in vielen anderen Regionen eingeführt – von Mobilfunkunternehmen, Banken und unabhängigen Dritten.

"In Afrika sehen wir eine Explosion dieses Marktes – sowohl bei den Mobilfunkanbietern als auch seitens der Nutzer", meint Mas. Es sei zwar schwer, einen solchen Dienst erfolgreich zu starten, doch wenn er einmal laufe, komme es zu einem Schneeballeffekt. "Der kann extrem mächtig sein, wie M-Pesa gezeigt hat."

Obopay wurde in den Vereinigten Staaten gegründet und startete 2007 in Indien über eine Partnerschaft mit Nokia, das den Markt für Billighandys dominiert. Nokia steckte 2009 rund 70 Millionen Dollar in den Partner. Anfang dieses Jahres gab Obopay eine Kooperation mit der indischen Yes Bank bekannt, um mehr Bankdienstleistungen anbieten zu können. Die Firma ist außerdem seit Dezember in Kenia mit dem Dienst "yuCash" vertreten. Societe Generale und Obopay planen nach einem erfolgreichen Start im Senegal Ableger von Yoban'tel auch in den Nachbarländern. (bsc)