Leuchtende Märkte

Politik und Wirtschaft feiern die photonische Industrie Deutschlands als gelungenes Beispiel für Industrie- und Forschungspolitik. Doch der Branche stehen stürmische Jahre bevor – mit großen Chancen und großen Risiken.

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Inhaltsverzeichnis

Politik und Wirtschaft feiern die photonische Industrie Deutschlands als gelungenes Beispiel für Industrie- und Forschungspolitik. Doch der Branche stehen stürmische Jahre bevor – mit großen Chancen und großen Risiken.

Wie kleine Broschen liegen sie auf dem dunklen Stoff, aufgereiht in einer Vitrine: fingernagelgroße, metallisch glänzende Rechtecke – die neuesten Diodenlaser aus dem Berliner Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH).

Die Chips auf ihren messingfarbenen Trägern sind technische Alleskönner: Sie dienen als kompakte, sparsame, verlässliche und vor allem kostengünstige Strahlquellen für die Materialbearbeitung genauso wie in der Telekommunikation oder der Medizin.

In kleinen Stückzahlen fertigt das Institut die Laser nicht nur für die Forschung, sondern auch für Kleinserien hochspezialisierter Geräte – beispielsweise als Lichtquellen für die Analytik. "Für so etwas haben Sie früher einen Argon-Ionen-Laser gebraucht", sagt Christian Fiebig, wissenschaftlicher Mitarbeiter am FHB, und zieht die Hände auseinander wie ein Angler, der einen besonders eindrucksvollen Fang beschreiben will: "So groß und natürlich mit Starkstrom-Anschluss." Jetzt dient einer dieser Diodenlaser beispielsweise als Lichtquelle für den "Freshscan" – einen pistolenförmigen Handscanner, der sekundenschnell analysieren kann, ob Fleisch aus der Kühltheke noch für den Verzehr geeignet ist.

Das Beispiel illustriert den rasanten technischen Fortschritt, den die Technologie in den letzten 50 Jahren hinter sich gebracht hat. 1960 zündete der US-Physiker Theodore Maiman den ersten Laser – einen mit Blitzlampen "gepumpten" Rubinlaser. Der gleißend rote Lichtstrahl dieser "Strahlenkanone" galt in den ersten Jahren als futuristisches Hightech-Spielzeug exaltierter Forscher. Maiman selbst soll seine Erfindung als "Lösung, die ein Problem sucht" bezeichnet haben. Das hat sich geändert – in den 1990er-Jahren wurde der Laser zum beinahe allgegenwärtigen Werkzeug: Er schweißt Autobleche, korrigiert Kurzsichtigkeit, entfernt Tumore und liest Daten aus CD und DVD.

Kurz: Mittlerweile ist der Laser zentraler Baustein einer kompletten Hightech-Industrie, die sich mit der Erzeugung, Verstärkung, Übertragung, der Modulation und dem Nachweis von Licht beschäftigt – und daraus zahlreiche technische Anwendungen generiert hat: vom Präzisions-Messinstrument für Längen über optische Breitbandverbindungen im Internet bis hin zu brillanten Flachbildschirmen, leuchtstarken Mikroprojektoren und hocheffizienten Solarzellen.

Um sich von der klassischen Optik abzugrenzen, prägten amerikanische Ingenieure in den 1960er-Jahren für diese Disziplin den Begriff "Photonik"; ein Name, der verdeutlichen sollte, dass hier in erster Linie die Teilchennatur des Lichtes – sogenannte Lichtquanten werden "Photonen" genannt – zur Wirkung kommt, während die Optik sich noch mit der Wellennatur des Lichtes befasst hatte. Doch die Grenzen verlaufen fließend: Die Hersteller von klassischen optischen Elementen wie etwa Objektiven für sogenannte Waferstepper, mit denen moderne Computerchips gefertigt werden, zählen mittlerweile genauso zur photonischen Industrie wie die Produzenten von Leuchtmitteln oder Laser-Werkzeugmaschinen.

Bei denen, so erklärt Fiebig, geht es nun vor allem um eine Steigerung der Energieeffizienz. Die meisten der Hochleistungslaser beispielsweise, die in der Autoindustrie Verwendung finden, würden noch immer von Blitzlampen gepumpt – die setzen jedoch nur zwischen fünf und zehn Prozent der eingesetzten elektrischen Energie in Lichtleistung um. Entsprechend gering ist der Gesamtwirkungsgrad. Ganz anders ist die Situation dagegen bei Diodenlasern: Sie haben je nach Leistung einen Wirkungsgrad von 50 bis 70 Prozent. Allein der Austausch der Pumplampen gegen geeignete Diodenlaser würde enorme Energieeinsparungen ermöglichen: Fast 20 Prozent vom Gesamt-energiebedarf eines Autos wird während der Produktion aufgebracht, schätzen Experten. Allein mit dem Austausch sämtlicher Blitzlampen gegen Diodenlaser könnte man die Hälfte dieser Energie einsparen.