Google verlängert Einspruchsfrist gegen Street View

Google hat nach massiver Kritik die Einspruchsfrist gegen die Abbildung von eigenen Immobilien im Internet verlängert. Unterdessen warnt Verbraucherschutzministerin Aigner vor weitreichender Verknüpfung von Daten und automatischer Gesichtserkennung.

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Von
  • Peter König

Wer in einer der zwanzig größten deutschen Städte wohnt, hat jetzt bis einschließlich 15. Oktober Zeit, vorab gegen die Veröffentlichung von Bildern seines Hauses oder seiner Wohnung in der Google-Maps-Panoramaansicht Street View Einspruch zu erheben. "Wir möchten damit den Bürgern, die sich gegen eine Veröffentlichung ihrer Häuser oder Wohnungen bei Street View entscheiden, ausreichend Zeit für ihren Widerspruch geben", begründet Philipp Schindler, Chef von Google Europa, diesen Schritt in einem Blogeintrag. Zunächst sollte die Frist nur vier Wochen dauern. Damit kommt Google den Forderungen von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) und EU-Justiz-Kommissarin Viviane Reding entgegen.

Darüber hinaus hat Google nach eigenen Angaben dem Hamburgischen Beauftragten für den Datenschutz Johannes Caspar unter anderem zugesagt, dass die für die Widersprüche erfassten persönlichen Date ausschließlich zur Bearbeitung des Antrages benutzt würden. Die Daten sollen zudem nur so lange gespeichert werden, bis im Zusammenhang mit dem Widerspruchsverfahren möglicherweise entstehende rechtliche Ansprüche gesetzlich verjährt sind.

Caspar hatte in der vergangenen Woche angemahnt, dass Google den genauen Umgang mit den Daten der Widersprechenden von der Entgegennahme des Widerspruchs bis zur endgültigen Löschung oder Unkenntlichmachung der Bilder ausführlich zu beschreiben. Das ist allerdings offenbar noch nicht erfolgt, denn Google selbst zitiert den Datenschützer mit den Worten: "Hierzu erwarten wir noch die Beantwortung eines Fragenkatalogs."

Die flächendeckenden Panoramabilder deutscher Städte sollen noch in diesem Jahr online gehen und werden zunehmend kontrovers und nicht immer fundiert diskutiert – in der Politik wie in den Medien: Während sich beispielsweise die Bild-Zeitung auf Street View einschießt, nimmt etwa Mario Sixtus im ZDF-Blog "Kennzeichen Digital" unter dem provokativen Titel "Erst Dienste wie Street View machen den öffentlichen Raum wirklich öffentlich" gängige Argumente gegen die Veröffentlichung der Fassaden-Fotos auseinander.

Auch Verbraucherschutzministerin Aigner legt weiter nach. In einem Interview mit Spiegel online warnt sie vorsorglich vor einer Vernetzung von Datenbeständen: "Es gibt in den Entwicklungsabteilungen von IT-Firmen längst eine Foto-Software für Handys, mit deren Hilfe Gesichter auf der Straße binnen Sekunden mit einem Namen, einer Adresse und dem dazugehörigen Bild, einem Geburtsdatum, vielleicht den in sozialen Netzwerken hinterlegten persönlichen Vorlieben oder einem GPS-Bewegungsprofil verbunden werden können." Mit Hilfe einer solchen Software könnte man sich mit einem Klick ein komplettes Persönlichkeitsprofil eines Passanten aufs Handy holen, so die Ministerin, was sie als "Dammbruch" bezeichnet, den es zu verhindern gelte.

Algorithmen zur Gesichtserkennung gehören zwar in der Tat mittlerweile bei zahlreichen Web-Fotocommunities, sozialen Netzwerken und Bildverwaltungen wie Picasa, Facebook und Apple Aperture zum Standard. Auch von einer Smartphone-Anwendung namens Recognizr, die als Vorbild für Aigners Beschreibung gedient haben könnte, geistert bereits seit geraumer Zeit ein Demo-Video der schwedischen Fima TAT durchs Netz, als Produkt ist die Android-App aber nach wie vor nicht zu bekommen. Die bereits erhältlichen Programme und zugänglichen Webdienste arbeiten jeweils nur auf begrenzten Datenbeständen, zum Beispiel der Fotosammlung auf der eigenen Festplatte, den sie nach bekannten Gesichtern durchforsten. Anhand eines Referenzporträts alle Bilder im Internet zu prüfen, ob eine bestimmte Person darauf zu sehen ist, müsste ohnehin aktuell an der schieren Menge von Fotos im Netz scheitern.

Picasa, Facebook und Aperture betreiben sogenannte "Facial Recognition" – sie versuchen, individuelle Personen auf Fotos wiederzuentdecken, deren Gesicht der Nutzer einmal auf einem Bild markiert und mit einem Namen versehen hat. Es gibt keine Hinweise, das Google etwas ähnliches mit den Street-View- Bildern plant; ganz im Gegenteil: Bevor diese Bilder online gehen, lässt die Firma eine andere Spielart der Gesichtserkennung darauf los, die sogenannte "Face Detection". Hierbei geht es nur darum, zu entdecken, wo auf dem Bild irgendein Gesicht zu sehen ist. Anschließend wird dieses durch Verwischen der Pixel unkenntlich gemacht. Mit diesem Schritt möchte sich Google davor schützen, das Recht am eigenen Bild der zufällig von den Street-View-Autos aufgenommenen Passanten zu verletzen.

(pek)