IFA

ZDF setzt auf Verschmelzung von TV und Internet mittels HbbTV

Das neue Format HbbTV (Hybrid Broadcast Broadband TV) soll klassisches Fernsehen und Internet-Angebote nahtlos miteinander verbinden. Die Zuschauer brauchen allerdings neue Geräte mit Online-Zugang.

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  • dpa

Kaum hat das hochaufgelöste Fernsehen HDTV in Deutschland Fuß gefasst, wartet die Branche mit einer weiteren Neuerung auf. Zur Internationalen Funkausstellung IFA will das ZDF Fernsehen und Online-Angebote miteinander verschmelzen. "Das neue Hybrid-TV ist ein Meilenstein auf dem Weg in die digitale Welt", so ZDF-Intendant Markus Schächter.

Die Idee ist, dass die Zuschauer auf einem Gerät und mit nur einer Fernbedienung parallel Fernsehen und spezielle Angebote des Internets nutzen können. In einigen Jahren soll daraus interaktives Fernsehen entstehen, bei dem sich die Zuschauer ins Geschehen auf dem Bildschirm einmischen können.

Für den Service sind allerdings neue Geräte mit Internetzugang erforderlich. "Die Verschmelzung von Fernsehen und Internet ist die Zukunft. Wir stehen aber noch am Anfang der Entwicklung", betont Schächter.

Zunächst bringt das ZDF seine Mediathek in die Wohnzimmer. Bisher war die Nutzung des Kurzzeitarchivs praktisch nur auf Computern möglich und deshalb für viele unbequem. Von September an können die Zuschauer nun Sendungen, die sie verpasst haben, auf einem Hybridfernseher anschauen. "Es gibt dann auch in der klassischen Fernsehsituation kein Diktat der Zeit mehr. Das schätzen vor allem junge Menschen", meint Schächter. So könne man das heute-journal nachts um halb zwei anschauen, ohne den Computer hochzufahren oder den Recorder einzustellen.

Der Intendant rechnet für diesen Herbst zunächst mit einigen hunderttausend Nutzern. Bis Jahresende soll es bundesweit bereits mehr als 2 Millionen solcher Geräte geben. Im kommenden Jahr baut der Sender das Angebot weiter aus, sodass sich Zuschauer zum Beispiel unmittelbar an Wahlsendungen beteiligen können, was bisher nur vom PC oder Laptop aus möglich war. Auch ein begleitendes Angebot zum heute-journal ist in der Entwicklung.

Dem Hybridfernsehen HbbTV (Hybrid Broadcast Broadband TV) liegt ein neuer internationaler Standard zugrunde, auf den sich führende europäische TV-Veranstalter und Unternehmen der Elektronikbranche geeinigt haben. Dazu gehören unter anderem Sony, Loewe, LG, Philips, Fernsehsender wie ARD, ZDF, RTL, ProSiebenSat.1 und France Television sowie der Satellitenbetreiber Astra.

Skeptisch ist Schächter hingegen beim dreidimensionalen Fernsehen, auf das viele Zuschauer nach dem Kinoerfolg von "Avatar" hoffen. "Wir werden uns an Pilotprojekten beteiligen und Erfahrungen sammeln. Aber die Technik ist derzeit für das Fernsehen noch viel zu aufwendig und teuer." Insgesamt sieht Schächter drei Hürden: "Die Produktion ist bis zu 60 Prozent teurer, für die Übertragung benötigt man zusätzliche Kanäle oder Transponder, und so lange man eine spezielle Brille braucht, wird es 3D in einem Alltagsmedium schwer haben."

Allerdings wird das ZDF die Möglichkeiten der neuen Technik in den nächsten Jahren zusammen mit dem japanischen Fernsehen ausloten. "Südkorea und Japan sind fünf Jahre weiter. Man ist aber auch dort der Meinung, dass ein Durchbruch noch viele Jahre dauern wird." Ein Pilotprojekt hat der Sender aber gestartet: Filmregisseur Wim Wenders inszeniert derzeit in Zusammenarbeit mit ZDF und arte eine Hommage an die Tänzerin Pina Bausch als dreidimensionalen Film. "Der Rohschnitt ist gerade fertig geworden", sagt Schächter.

Sind solche Neuerungen bei einem Altersdurchschnitt des ZDF-Publikums von über 60 Jahren überhaupt notwendig? Sicher wollen manche nur die Berieselungstaste drücken und nicht gleichzeitig im Internet surfen und bei einem Voting mitmachen. Aber Schächter möchte damit die nachwachsenden Zuschauer binden und verweist auf die schnelle Verbreitung von HDTV. Erst im Februar hatten ARD und ZDF den Regelbetrieb gestartet. Bis Jahresende können schon 40 Prozent der Haushalte die unverschlüsselten Programme der Öffentlich-Rechtlichen in HD-Qualität anschauen. Mehr als 16 Millionen Empfangsgeräte sollen bis dahin verkauft sein. "Das ist eine Erfolgsgeschichte", schwärmt Schächter. ()