Gebühr fürs Free-TV eine beschlossene Sache? [Update]

Nach der ProSiebenSat.1 Media AG hat angeblich nun auch der Satellitenbetreiber SES Astra bestätigt, dass über Satellit ausgestrahlte Free-TV-Programme kostenpflichtig werden.

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Von
  • Nico Jurran

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet unter der Überschrift "Die zweite Fernsehgebühr ist da", dass über Satellit ausgestrahlte Free-TV-Programme kostenpflichtig werden. Grundlage für diesen Bericht ist die Mitteilung des Satellitenbetreibers SES Astra, mit einer neuen Plattform seine digitalen Dienstleistungen auszubauen und so eine Infrastruktur für Free-TV, Pay-TV und interaktive Zusatzdienste anzubieten.

SES Astra schreibt in der Mitteilung zu der neuen Plattform, dass TV-Zuschauer das neue digitale Angebot nutzen können, "wenn sie über digitalen Satellitenempfang, einen TV-Receiver mit passender Smart Card und eine einfache Einmal-Anmeldung verfügen". Receiver seien geeignet, "wenn sie entweder eine passende Smart Card bereits lesen können oder dank einer offenen Schnittstelle (Common Interface) dazu aufgerüstet werden können". Damit bleiben Nutzer mit Receivern ohne Smart-Card-Reader oder Common Interface im Umkehrschluss auf der Strecke. Vor allem aber fällt eine monatliche Gebühr an: "Den technischen Zugang erhalten TV-Zuschauer gegen Entrichtung einer niedrigen monatlichen Digital-Pauschale, die der Abdeckung der technischen Kosten für den Betrieb der digitalen Infrastruktur dient", heißt es bei SES Astra. Die FAZ zitiert in diesem Zusammenhang den Astra-Vorstandsvorsitzenden Ferdinand Kayser, wonach die monatliche Gebühr "unter fünf Euro" liegen soll. Von einer Grundverschlüsselung könne man da nicht mehr reden.

Die unter dem Namen "Dolphin" entwickelte Plattform ist bereits seit einiger Zeit in den Schlagzeilen. So war bekannt geworden, dass laut Bundeskartellamt der Anfangsverdacht bestehe, die neuen Plattformen erfüllten den Tatbestand des Missbrauches einer marktbeherrschenden Stellung nach Paragraph 19 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen). Die Ermittlungen laufen ebenfalls gegen die ProSiebenSat.1 Media AG, die RTL-Gruppe sowie die für die Sendeabwicklung zuständige Münchner Astra-Tochter APS. Dazu passt, dass ProSiebenSat.1-Chef Guillaume de Posch nach Berichten mehrerer Medienmagazine im Rahmen der Pressekonferenz zur Vorstellung des Jahresberichts 2005 bestätigt habe, dass es Überlegungen zur Verschlüsselung der ProSiebenSat.1-TV-Programme gebe.

Somit scheint sich alles zu dem klaren Bild zusammenzufügen, dass die werbefinanzierten Free-TV-Programme künftig nur noch kostenpflichtig via Satellit zu empfängen sind. Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V (vzbv) hatte daraufhin eine Pressemitteilung mit der Unterüberschrift "Pro7Sat1 will Monatsgebühr für digitalen Satellitenempfang" veröffentlicht.

Ganz so eindeutig ist die Lage jedoch nicht: Bereits nach der Meldung über die ProSiebenSat.1-Analystenkonferenz hatte Jacques Abramowicz, Inhaber des Beratungsunternehmens TMT-Consulting, gegenüber Area DVD mitgeteilt, dass de Poschs Aussagen falsch wiedergegeben worden seien. So hätte der ProSiebenSat.1-Chef deutlich verneint, die normalen Sender (Pro7, Sat1, N24, Kabel1 und 9Live) verschlüsseln zu wollen. De Posch hätte es angeblich zudem gerne gesehen, wenn diese Sender auch über digitales Kabel unverschlüsselt gesendet werden, worauf aber einige Kabelbetreiber bestanden hätten. Gespräche mit SES Astra zum Thema Grundverschlüsselung seien aber beendet worden.

Auch gegenüber heise online teilte eine ProSiebenSat.1-Sprecherin noch einmal mit, dass Hauptziel bei allen Verhandlungen sei, die technische Reichweite zu erhalten. Im Bereich Kabel habe ProSieben einer Grundverschlüsselung des Digital-Angebots nur zugestimmt, weil das analoge Signal weiterhin unverschlüsselt zu erhalten ist. Die Reichweite des Satellitenprogramms würde im Moment der Verschlüsselung auf ein Viertel einbrechen – das Gros der DVB-S-Receiver kann nur Free-TV empfangen. Auch die vzbz-Pressemitteilung ist auf Drängen von ProSiebenSat.1 mittlerweile geändert worden, sodass die Unterüberschrift nun lautet: "FAZ: Monatsgebühr für Privatfernsehen?" Es bleibt also weiter abzuwarten, ob die neue Plattform tatsächlich genutzt wird, um eine (Grund-)Verschlüsselung der werbefinanzierten Sender einzuführen oder ob hier eine zweite Plattform für kommende Pay-TV-Angebote etabliert werden soll.

Update:
Nach der Veröffentlichung eines Mitschnitts der Analysten-Pressekonferenz und Gesprächen mit SES Astra drängt sich mittlerweile mehr und mehr der Verdacht auf, dass der Schwarze Peter hier hin- und hergeschoben wird: So sprach der ProSiebenSat.1-Chef unter Hinweis auf die von einigen Kabelbetreibern angeblich geforderte Grundverschlüsselung davon, dass die Verschlüsselung eine Entscheidung des Plattformbetreibers darstelle, während ein Sprecher des Satellitenbetreibers wiederum gegenüber heise online angab, dass diese Entscheidung lediglich der Sender selbst treffen könne. (nij)