Arbeitszeugnis: Die Rechte des Arbeitnehmers

Wer kündigt oder gekündigt wird, hat Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Doch was genau versteht man unter "qualifiziert"? Und was passiert, wenn man mit dem Inhalt nicht einverstanden ist? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Marzena Sicking
Inhaltsverzeichnis

Neben Personalien, Angaben zu Art und Dauer der Beschäftigung ("einfaches Zeugnis") muss das qualifizierte Zeugnis auch eine Beurteilung der erbrachten Leistungen beinhalten. Der Arbeitnehmer kann sich theoretisch auch für ein einfaches Zeugnis entscheiden. Das tut in der Praxis aber kaum jemand, denn auf die schriftliche Beurteilung der Leistungen verzichtet man in der Regel nur, wenn diese mangelhaft waren oder wenn es andere negative Ergebnisse gibt, die man nicht im Zeugnis festgehalten haben möchte. Außerdem haben Arbeitnehmer Anspruch auf ein wohlwollendes Zeugnis, so dass es eigentlich kaum Gründe gibt, die einfache Version zu wählen. Vorsicht Falle: War der Mitarbeiter nur kurz in der Firma, kann es passieren, dass er mit dieser Begründung nur ein einfaches Zeugnis von seinem Arbeitgeber bekommt. Auf diesen Trick sollte man aber nicht reinfallen, denn auch nach einer kurzen Tätigkeit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis (Pflicht zur Zeugniserteilung § 630 BGB) und sollte auch darauf bestehen.

Personalien und Dauer der Beschäftigung sind natürlich Pflicht. Außerdem sollte detailliert beschrieben werden, für welche Position der Arbeitnehmer ursprünglich eingestellt wurde, ob er im Laufe seiner Tätigkeit andere Positionen übernommen hat sowie alle Aufgaben, die er übernommen hat. Ein weiterer wichtiger Abschnitt ist die Leistungsbeurteilung, die Know-how, Einsatzbereitschaft, Arbeitsweise und Ergebnisse detailliert benennt und beurteilt. Auch das Verhalten gegenüber Mitarbeitern, Kollegen und Kunden sollte in dieser Beurteilung enthalten sein. Wichtig ist auch die Schlussformel, die Angaben zur Beendigung der Zusammenarbeit und eine Dankes- und Bedauernsformel plus positive Zukunftswünsche für den Arbeitnehmer enthalten sollte. Arbeitnehmer sollten genau darauf achten, dass keiner dieser Punkte "vergessen" wird. Fehlt einer dieser Standards, ist dies für künftige Arbeitgeber ein starkes Warnsignal.

Ja, das ist er. Trennen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Streit, kann es natürlich passieren, dass der Arbeitgeber mit dem Ausstellen des Zeugnisses wartet, bis er vom Mitarbeiter ausdrücklich dazu aufgefordert wird. Wer es zunächst – aus welchen Gründen auch immer – versäumt, sich ein qualifiziertes Zeugnis ausstellen zu lassen, hat auch später noch Zeit. Die Verjährungsfrist für den Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis beträgt in der Regel drei Jahre. Allerdings sollte man sich lieber nicht darauf verlassen, denn in bestimmten Branchen wie z.B. im öffentlichen Dienst gelten andere Fristen. Wer sicher gehen will, fordert das Zeugnis am Besten sofort an. Ist das Zeugnis angefordert worden, sollte es höchsten zwei oder drei Wochen dauern, bis der Arbeitnehmer es bekommt. Eine längere Wartezeit muss begründet sein, kann aber vorkommen: wenn beispielsweise eine Firma Massenentlassungen vornimmt und es daher eine entsprechende Menge an Anfragen gibt, kann es schon mal länger dauern.

Laut § 109 Gewerbeordnung (GewO) haben Arbeitnehmer einen unabdingbaren Anspruch auf Zeugniserteilung (bei Auszubildenden ist dieser Anspruch im § 8 Berufsbildungsgesetz festgeschrieben). Demnach kann der Arbeitnehmer das Zeugnis vom Zeitpunkt der Kündigung an verlangen und hat einen Anspruch auf dessen Erteilung. Der Arbeitgeber darf es nicht verweigern oder als Pfand zurückhalten. Setzt sich der Arbeitgeber über das geltende Recht hinweg und ignoriert die Aufforderung, sollte man möglichst schnell einen Anwalt aufsuchen, der das Zeugnis gegebenenfalls vor dem Arbeitsgericht einklagen wird.

Wenn der Arbeitnehmer ein Zwischenzeugnis will, sollte er eine Begründung dafür haben. Ein "triftiger Grund", wie er in der gängigen Rechtsprechung gefordert wird, kann beispielsweise der Wechsel eines langjährigen Vorgesetzten sein oder wenn der Arbeitnehmer selbst künftig eine andere Position im Unternehmen übernehmen soll. Auch wenn ein Ausscheiden des Mitarbeiters wahrscheinlich ist (z.B. bei befristeten Verträgen), aber noch nicht eingetreten ist, stellt der Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis aus, damit sich der Angestellte frühzeitig bei anderen Firmen bewerben kann. Wer seine Tätigkeit in der Firma für längere Zeit unterbrechen muss (z.B. Azubi, der zum Wehrdienst muss), hat Anspruch auf ein Zwischenzeugnis. Ein triftiger Grund für ein Zwischenzeugnis liegt auch nach einer mehrjähriger Tätigkeit vor, insbesondere wenn es keine Jahresgespräche oder andere Beurteilungssysteme gibt, die den Arbeitnehmer über seinen Leistungsstand informieren. Grundsätzlich sind die Gerichte bei der Beurteilung des "triftigen Grundes" eher arbeitnehmerfreundlich orientiert.

Eindeutig nein. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein wohlwollendes Arbeitszeugnis, dass sein berufliches Fortkommen nicht ungerechtfertigt erschwert. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Arbeitgeber lügen und einem Mitarbeiter, der komplett versagt hat, eine grandiose Leistung bestätigen muss. Stärken und Schwächen müssen wahrheitsgemäß abgebildet werden. Gehen hier die Ansichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer auseinander, muss der Arbeitgeber seine Einschätzung darlegen bzw. beweisen können. Aber ein Zeugnis darf nicht dazu verwendet werden, dem Arbeitnehmer absichtlich zu schaden. Ist dies der Fall oder weist das Zeugnis gravierende Mängel auf, hat der Arbeitnehmer einen Zeugnisberichtigungsanspruch. Damit ein Zeugnis nicht auf den ersten Blick, sondern nur von Profis als negativ zu erkennen ist, hat sich eine Art "Geheimsprache" entwickelt. Während sich der Arbeitnehmer also noch darüber freut, dass ihm sein Ex-Chef "Geselligkeit" bescheinigt hat, fragt sich der Personalchef, ob der Bewerber vielleicht ein Alkoholproblem hat. Wer sich nicht hundertprozentig sicher ist, dass seine Firma ihm gegenüber positiv gestimmt ist, sollte sein Zeugnis deshalb lieber von einem Anwalt analysieren lassen. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)