Problemkind "Betriebliche Altersvorsorge"

Arbeitnehmer haben einen Rechtsanspruch auf eine eigenfinanzierte betriebliche Altersversorgung, die Arbeitgeber die Pflicht, sie ihnen anzubieten und ausführlich darüber zu informieren. Doch letzteres ist nur selten der Fall, die Arbeitgeber scheinen überfordert.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

45 Prozent der deutschen Arbeitnehmer beklagen, dass sie von ihrem Arbeitgeber keine Angebote zur betrieblichen Altersvorsorge (bAV) bekommen. Vor allem Geringverdiener mit einem Nettoverdienst zwischen 1.000 und 2.000 Euro im Monat gehen häufig leer aus: 54 Prozent berichten, von den eigenen Personalverantwortlichen über keinerlei betriebliche Altersvorsorgemodelle informiert worden zu sein. Das sind die Ergebnisse einer Umfrage, die vom IMWF Institut für Management- und Wirtschaftsforschung unter mehr als 1.000 Arbeitnehmern im Auftrag des Versicherers Hannoversche Leben durchgeführt wurde.

Die mangelnde Informationsbereitschaft ist nicht nur ärgerlich, sondern auch ein Verstoß gegen geltendes Recht: denn im Rahmen seiner Fürsorgepflicht muss der Betrieb seine Mitarbeiter über entsprechende bAV-Angebote informieren. 71 Prozent der Befragten, die kein Beratungsangebot erhalten haben, wissen aber nicht einmal, dass sie einen Anspruch auf eine entsprechende Entgeltumwandlung haben. Vor allem Geringverdiener sind sich ihrer Rechte in der betrieblichen Altersvorsorge nicht bewusst. Dabei würden sie ganz besonders von dieser Art der Altersvorsorge profitieren. Tatsächlich würden sich die Mitarbeiter diese Informationen auch wünschen, beziehungsweise eine bessere Beratung erwarten. Denn selbst die Arbeitnehmer, die "beraten" wurden, beklagen zu 47 Prozent, dass die Informationen ungenügend waren.

Daher wissen viele Angestellte nicht, dass jeder Mitarbeiter seit 2002 die Möglichkeit hat, die betriebliche Altersvorsorge direkt aus dem eigenen Bruttoeinkommen zu finanzieren. Dafür wird ein Teil ihres Bruttogehalts in eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds gesteckt. Der gewünschte Beitrag wird automatisch vom Bruttogehalt einbehalten und in eine Rentenversicherung eingezahlt – und zwar steuer- und sozialversicherungsfrei. Anders als bei vielen gängigen Altersvorsorgemöglichkeiten unterstützt der Staat den Sparer somit aktiv beim Aufbau der eigenen Altersvorsorge. Insgesamt können Arbeitnehmer von ihrem Bruttogehalt monatlich bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (2010: jährlich 2.640 Euro) steuerfrei in ihre Altersvorsorge investieren. Interessant: Anders als bei der Riester- oder Basis-Rente hat der Arbeitnehmer bei Ablauf des Vertrages zudem die Möglichkeit, neben der Rente eine einmalige Kapitalabfindung zu wählen. Auch wissen viele Arbeitnehmer nicht, dass sie das angesparte Kapital (ab 2005 oder später) mitnehmen können, wenn sie den Arbeitsplatz wechseln.

Als Arbeitgeber ist man verpflichtet, allen pflichtversicherten Arbeitnehmern, also auch Teilzeitkräften oder geringfügig Beschäftigten, so eine Entgeltumwandlung für Teile ihres Gehalts oder Gratifikationen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld anzubieten. Dabei kann er einen der folgenden Durchführungswege wählen: Direktzusage, Unterstützungskasse, Pensionskasse (PK), Direktversicherung (DV) oder Pensionsfonds (PF). Eine Verpflichtung, sich an der betrieblichen Altersvorsorge der Mitarbeiter auch finanziell zu beteiligen, besteht für den Arbeitgeber allerdings nicht, außer, er ist an entsprechende Tarifverträge gebunden.

Wer informiert wird, nimmt die bAV als Vorsorgemöglichkeit meistens auch in Anspruch (85 Prozent). Wie eine Umfrage von Planethome ergab, sehen 67 Prozent der Deutschen in der bAV eine sinnvolle Ergänzung zur Rente. Als noch attraktiver betrachten sie lediglich die selbst genutzte Immobilie (86 Prozent). (Marzena Sicking) / (map)
(masi)