Elektronische Gesundheitskarte: Wie teuer wird sie?

Möglicherweise wird die elektronische Gesundheitskarte wesentlich mehr kosten als bisher angenommen wird -- unter anderem wegen der Kosten für die digitale Signatur.

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Von
  • Detlef Borchers

Möglicherweise wird die elektronische Gesundheitskarte wesentlich mehr kosten als bisher angenommen wird. Dies geht aus einem Schreiben hervor, das Kritiker der Karte und der dahinter stehenden Architektur an die Bundesärztekammer geschickt haben. In diesem Schreiben ist davon die Rede, dass das Projekt der elektronischen Gesundheitskarte beste Chancen hat, zu einem "gigantischen Toll Collect II" zu werden, weil die Preise falsch kalkuliert seien.

Die Kritik macht sich an Berechnungen fest, die die Produktion der einfachen, mit einem Bild versehenen Gesundheitskarte mit 5 Euro veranschlagen. Auf 10 Euro soll die Hardware-Vorbereitung für die qualifizierte digitale Signatur kommen. Diese Signierfunktion, im aktuellen Kartenentwurf nur als "nachträgliches optionales Aufbringen von entsprechendem Schlüsselmaterial" genannt, könnte erheblich teurer sein als bisher veranschlagt. Nach Angaben der Kritiker gingen die Kartenhersteller von 15 bis 20 Euro Produktionskosten aus, zu denen die Generierung und Freischaltung der Signatur bei den Trust Centern gerechnet werden müsse. Diese Freischaltung soll nach Angaben von Trustcentern etwa 10 Euro kosten. Insgesamt kämen so 30 Euro statt der bisher veranschlagten 10 Euro pro Karte zusammen. Bei derzeit 70,2 Millionen zu produzierenden Karten wurden die Kosten erheblich klettern. Bisher ist davon die Rede, dass die Gesundheitskarte 1,4 Milliarden Euro kosten wird.

Zu den Anschaffungsgebühren müssten die laufenden Gebühren bei der digitalen Signatur gerechnet werden. Jährlich würden mindestens weitere 10 Euro pro Karte auflaufen, die von den Versicherten getragen werden müssten, die die digitale Signatur haben wollen. Die Fähigkeit zur digitalen Signatur ist erforderlich, wenn die Patientenakte auf Servern gespeichert wird. Dort soll die Karte mit den Signierschlüsseln von Arzt und Patient vor unbefugtem Zugriff gesichert werden. Die Kritiker bemängeln die Vertuschung der wahren Kosten und propagieren im Gegenzug Lösungen wie die Speicherung der Daten inklusive der Patientenakte auf einer Mini-CD, die vom Patienten zum Arzt mitgenommen wird.

Allgemein wird angenommen, dass die elektronische Patientenakte das größte Potenzial zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen aufweist. "Rund 30 Prozent der Gesundheitskosten werden durch die Dokumentation von Patientendaten verursacht", behauptet Rolf Reinema vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informations-Technologie (SIT), "die Elektronifizierung der Geschäftsprozesse im Gesundheitswesen bietet deshalb große Einsparmöglichkeiten." Sollten Patienten für diese elektronische Akte bezahlen müssen, so werden nur wenige sich mit der Führung einer elektronischen Patientenakte befassen. Vor allem die chronisch Kranken bzw. diejenigen, die an einem Disease Management Programm teilnehmen, werden die elektronische Patientenakte nutzen. Für Diabetiker kostet eine derartige elektronische Akte beim marktführenden Anbieter Intercomponentware 58,80 Euro im Jahr. Für den großen Rest der Versicherten besteht kein Ansporn, sich auf die Digitalisierung der Patientenakten mitsamt der digitalen Signatur einzulassen. Auch den Ärzten werden keine finanziellen Anreize zur Hand gegeben, ihre Akten auf Servern zu speichern.

Zur elektronischen Gesundheitskarte und der Reform des Gesundheitswesens siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)