Kapazitätssprung bei Lithium-Ionen-Batterien

Eine neue Anode soll Mobilelektronik bis zu 40 Prozent länger laufen lassen - und vielleicht auch Elektroautos.

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Von
  • Katherine Bourzac

Eine neue Anode soll Mobilelektronik bis zu 40 Prozent länger laufen lassen – und vielleicht auch Elektroautos.

Das Akku-Start-up Amprius hat eine Batterie entwickelt, die rund das Doppelte der Energiemenge herkömmlicher Stromspeicher vorhalten soll – nanostrukturierte Silizium-Anoden machen es möglich. Die junge Firma arbeitet derzeit mit mehreren bislang noch ungenannten Elektronikriesen zusammen, um die Batterie bis 2012 auf den Markt zu bringen. Für den Endverbraucher hieße das praktisch bis zu 40 Prozent längere Laufzeit für mobile Geräte. Amprius arbeitet außerdem mit mehreren großen Automobilherstellern zusammen, um das Anodenmaterial auch auf seine Verwendbarkeit in Elektroautos zu testen. Auch hier werden allerdings noch keine konkreten Namen genannt.

Wenn ein Lithium-Ionen-Akku (LiIon) geladen wird, bewegen sich positiv geladene Lithium-Ionen von der Kathode zur Anode. Der Prozess wird bei der Endladung umgekehrt. Je mehr Lithium-Ionen die Anode aufnehmen kann, desto mehr Gesamtenergie kann der Akku speichern. In den letzten 30 Jahren wurden bei LiIon-Akkus stets Kohlenstoff-Anoden verwendet - optimiert wurden bislang in der Regel die Kathoden. Ohne grundlegende neue Anoden-Materialien hat sich die Energiekapazität dieser Batterien um rund 7 Prozent pro Jahr erhöht – getrieben durch ingenieurtechnische Verfeinerungen.

Silizium besitzt theoretisch eine zehnfache Lithium-Aufnahmekapazität im Vergleich zu Kohlenstoff. Das Problem: Es war bislang technisch schwierig, daraus eine praktikable Batterieelektrode zu formen. Mit den Lithium-Ionen, die sich bei Lade- und Entladevorgängen durch die Elektroden bewegen, beginnt das Silizium, sich langsam zu zersetzen. Schließlich bricht es.

2007 demonstrierte Yi Cui, Professor für Materialwissenschaften an der Stanford University, einen nanostrukturierten Siliziumfilm, der Lithium laden und entladen konnte, ohne die üblichen mechanischen Probleme aufzuweisen. Dieses neuartige Anodenmaterial sollte, zumindest theoretisch, die Energiekapazität von Lithium-Akkus verdoppeln.

In den mittlerweile 18 Monaten seit Gründung von Amprius arbeiteten die Forscher der Firma nun daran, Cuis Ideen weiterzuentwickeln und praktisch umzusetzen. Sie haben gezeigt, dass Silizium-Anoden in praktisch umsetzbaren Batterien genutzt werden können. Silizium-Nanodrähte, die vertikal angeordnet und verankert sind, aber trotzdem in sich flexibel bleiben, erwiesen sich als Lösung.

Bei der Aufnahme der Lithium-Ionen schwellen die Nanodrähte zwar weiter an und verbiegen sich, brechen dabei aber nicht. Mechanisch stabil genug war das aber noch nicht. Amprius hat dieses Problem gelöst, indem die Firma den Nanodrähten einen dünnen, verstärkenden Metallkern verpasste – ähnlich dem Bewehrungsstahl im Hochbau. Der Metallkern sorgt dafür, dass die Anode nicht zu stark expandiert und kontrahiert. Im Test konnten die Silizium-Anoden bis zu dreimal so viel Energie speichern wie Kohlenstoff-Anoden – bei gleichem Gewicht.

Prototypen der Amprius-Batterien wurden mittlerweile durch 250 Ladezyklen gejagt und zeigten, dass sie doppelt so viel Energie wie eine konventionelle Batterie speichern konnten. Um für Elektrofahrzeuge geeignet zu sein, müssten allerdings mindestens 3000 Ladezyklen erreicht werden, räumt Amprius-Manager Ryan Kottenstette ein, der die Geschäftsentwicklung leitet.

Sein Chef, Firmenchef Kang Sun, betont, dass das Unternehmen aggressiv in diesen Markt gehen will. "Wir beeilen uns sehr, weil der Prozess der Elektrifizierung in diesem Sektor viel schneller abläuft, als viele angenommen haben." Sun kommt vom chinesischen Solarhersteller JA Solar, dem er als Präsident vorstand. Mittlerweile gebe es allein in seiner Heimat 80 Hersteller von Elektroautos. "Wir müssen schnell sein." Partnerschaften mit großen Autoproduzenten wolle man in den nächsten Monaten bekanntgeben.

Konventionelle Kohlenstoff-Anoden werden "von der Rolle" produziert. Die für die Siliziumdrähte notwendige Vakuum-Ablagerung werde teurer, räumt Kottenstette ein. Ausgleichen soll dies die höhere Speicherkapazität. Zudem arbeitet Amprius an neuen Produktionsmethoden, die eine Massenherstellung erleichtern. "Uns ist wichtig, dass wir zu den aktuellen Prozessen kompatibel sind." (bsc)