Freispruch im Hyperlink-Prozess

Das Stuttgarter Landgericht hat den Netzaktivisten Alvar Freude, der auf Neonazi-Seiten verlinkt hatte, vom Vorwurf der Beihilfe zur Volksverhetzung in zweiter Instanz freigesprochen.

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Von
  • Monika Ermert

Der Stuttgarter Mediendesigner Alvar Freude ist heute vom Vorwurf der Beihilfe zur Volksverhetzung in zweiter Instanz freigesprochen worden. Richter und Schöffen der 38. Strafkammer des Landgerichts anerkannten ohne Wenn und Aber, dass es sich bei Freudes Berichterstattung über von der Düsseldorfer Bezirksregierung monierten Naziwebseiten um eine Dokumentation zur Zeitgeschichte gehandelt habe. Freude hatte in seiner Online-Dokumentation die von der Bezirksregierung inkriminierten Neonazi- und Tasteless-Seiten verlinkt. In dem von Freude betriebenen Freedomphone, einer Seite, die Nutzer eingeladen hatte, sich gesperrte Webseiten am Telefon vorlesen zu lassen, sah die Kammer eindeutig eine Satire.

Freude sah gegenüber heise online ein "gutes Urteil fürs Netz, vor allem für die Leute, die sich kritisch mit der Tagespolitik beschäftigen". Ob der Staatsanwalt erneut Rechtsmittel einlegt, dazu habe er sich nach dem Urteil noch nicht geäußert, so Freude. Allerdings musste der Staatsanwalt in der Berufungsverhandlung heute einige Kritik des Richters einstecken. Im Oktober vergangenen Jahres war Freude noch vom Amtsgericht Stuttgart zu 120 Tagessätzen verurteilt worden.

Nicht nur zeigte die Vernehmung des als Zeugen geladenen LKA-Beamten, wie oberflächlich ermittelt worden war. Laut Freude betonte der Richter dieses Mal sehr schnell, dass er keinerlei Tathandlung in der Berichterstattung von Freude sehe. Auch die Hinweise des Staatsanwaltes auf den Jugendschutz ließ der Richter nicht gelten und verwies vielmehr auf die so genannte Adäquatsklausel des Paragraphen 86 Abs. 3 Strafgesetzbuch. Bei der Beurteilung der Seite rotten.com hielt der Richter es zudem für nicht sicher erwiesen, dass es sich um eine Gewaltdarstellung handele, so Freude.

Auf die Frage, ob er die zwischenzeitlich deaktivierten Links auf seiner Seite nun wieder aktivieren will, sagte Freude, er wolle die schriftliche Urteilsbegründung und die Reaktion der Staatsanwaltschaft abwarten. (Monika Ermert) / (anw)