Kommentar: Drei Jahre Windows XP

Vor drei Jahren verkündete Microsoft, dass mit Windows XP alles leichter werde. Das Fazit aus heutiger Sicht: Stimmt. Genau darin liegt aber auch ein Problem.

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Von
  • Axel Vahldiek

Drei Jahre ist es jetzt her, seit Microsoft am 25. Oktober 2001 unter dem Motto "Ab heute wird alles leichter" die Markteinführung von Windows XP feierte. Und in der Tat gelang dem Softwareriesen mit XP ein Betriebssystem, das sich bald als schneller, stabiler und kompletter als alle seine Vorgänger entpuppte. Es belegt zwar auf der Platte mehr Platz als die älteren Windows-Versionen, doch dafür bot es auch von Anfang an Unterstützung etwa für damals noch kaum verbreitete Hardware, etwa USB-Sticks oder DSL-Modems. Und mit den wachsenden Plattengrößen erledigt sich das Platzproblem zunehmend.

Spannender mag vielen allerdings die Wahrnehmung der kritischen Punkte an XP erscheinen. So stand anfangs vor allem die Zwangsaktivierung in der Kritik, die mehr oder weniger nutzlosen Mitbringsel wie Brennprogramm oder der Codec-lose DVD-Player fanden nicht gerade Beifall, und das neue bunte Aussehen der Luna-Oberfläche wurde gern als "Teletubbie-Optik" geschmäht. Doch darüber redet heute kaum noch jemand.

Stattdessen rückte die Sicherheit in den Fokus der Aufmerksamkeit. Wahre Virenschwemmen zwangen Microsoft schließlich zum Handeln: Was der Softwareriese als Service Pack 2 kostenfrei unter die Leute brachte, hätte er in früheren Zeiten wohl für teures Geld als eine Art XP Zweite Ausgabe verkauft. Immerhin: Mit diesem SP2 ist Windows tatsächlich ein wenig sicherer geworden.

Von einem wirklich sicheren Betriebssystem ist XP in der Standard-Einstellung jedoch noch weit entfernt, denn hier haben es auch die Schädlinge besonders leicht, ins System einzudringen. Das ist deshalb besonders ärgerlich, weil XP eigentlich fast alles mitbringt, um sicher arbeiten zu können (siehe etwa Sicher durch Verzicht --Administratorrechte unter Windows in c't 15/04). Doch das Rechte- und Benutzermanagement ist nicht gerade einfach zu benutzen, sodass sich die meisten Endanwender auch weiterhin mit Administrator-Rechten im Internet bewegen: Und das wohl nur, weil Microsoft es den Anwendern möglichst einfach machen will. Dies könnte Microsoft allerdings auch durch passende Vorkonfiguration und reichlich Hilfe und Assistenten erreichen, damit auch Erna und Otto Normalanwender ohne Adminrechte auskommen und trotzdem all ihre Programme und Spiele ausführen können.

Trotz aller Kritik: XP ist ein universell einsetzbares Betriebssystem, das bei passender Konfiguration auch sicheres Arbeiten erlaubt. Und es behält wohl bis auf weiteres seine Vormachtstellung auf dem Desktop. Denn auch wenn Linux sich als Alternative immer mehr in den Vordergrund drängelt, nutzen die Massen in der Regel weiterhin das vorinstallierte Windows -- denn nur dort laufen Officepaket, Bildbearbeitung, Homebanking-Programm und Brennprogramm ohne viele Verrenkungen zusammen mit den ganzen Multimedia-Anwendungen. Und vor allem mit einer weiteren Kategorie von Programmen, die die Linux-Gemeinde bislang vernachlässigt hat: Spiele.

Bei all den leidenschaftlich geführten Diskussionen wird immer wieder gern ignoriert, dass einerseits die meisten Spiele ebenso wie viele andere Anwendungen nur für Windows erhältlich sind -- und dass andererseits die meisten Anwender keine Lust haben, je nach Anwendung ständig das Betriebssystem zu wechseln: "Mir doch egal, Hauptsache, es läuft alles", das dürfte die meistgehörte Antwort von Windows-Nutzern auf die Argumente der Linux-Befürworter sein.

Und normalerweise läuft unter XP ja auch tatsächlich alles, trotz vieler Macken und Probleme. So muss man Microsoft bei aller Kritik doch bescheinigen, dass mit XP ein großer Wurf gelungen ist -- so groß, dass sich die Ersten schon fragen, mit welchen Argumenten denn der Softwareriese den XP-Nachfolger Longhorn anpreisen will. Bislang jedenfalls sind zwar schon viele technische Neuerungen dazu bekannt, doch keine davon stellt einen echten Grund zum Wechseln dar -- da mögen sicherheitstechnische oder politische Begründungen eher zum Wechsel auf Linux veranlassen. Zumal für Longhorn das Gleiche gilt wie für XP: Ein wirklich perfektes Betriebssystem wird angesichts der Komplexität heutiger Rechner niemand ernsthaft erwarten -- heute nicht und in absehbarer Zukunft auch nicht, weder von Microsoft, noch von Apple, noch aus der Linux-Community. (axv)