SAPs KI: Unternehmen kämpfen mit S/4-Umstellung und lassen Joule liegen
SAPs KI-Assistent Joule soll eigentlich die Automatisierung vorantreiben. Laut einer aktuellen Studie kommt das derzeit noch nicht Schwung.
SAP-Schriftzug auf einem Gebäude
(Bild: nitpicker/Shutterstock.com)
Herstellermarketing trifft auf Anwenderrealität: Während SAP auf den jüngsten Veranstaltungen Teched und Connect mit Neuankündigungen rund um KI und den KI-gestützten Copiloten Joule wuchert, plagt sich ein Großteil der Unternehmen, ihre Geschäftsprozesse auf S/4HANA umzustellen. Sechs von zehn Unternehmen stecken laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Horváth aktuell noch in der Transformationsphase.
Für Horváth bildet die Umstellung auf die gar nicht mehr so neue ERP-Software der Walldorfer eigentlich eine gute Ausgangsbasis, die Einführung von KI-Tools wie Joule direkt einzuplanen. Das gilt umso mehr, da ein solcher Schritt – wie Horváths SAP-Experte Stefan Maus betont – als risikoarm einzuordnen ist. Attraktiv werde die Nutzung gerade angesichts der geringen beziehungsweise nicht vorhandenen Anschaffungskosten. Beispielsweise sei Joule im Rise-Lizenzmodell der Walldorfer in der Public Cloud bereits komplett und in der Private Cloud immerhin mit Basisfunktionen enthalten. Zudem entstünde kein Implementierungsaufwand, da die Agententechnik bereits fest in der S/4HANA-Umgebung integriert ist.
SAP-Umstellung kommt oft teurer
Trotzdem kommt der KI-Aspekt in der Umstellung nach der Beobachtung des Beraters meistens zu kurz. Die Unternehmen würden sich nicht agil, leistungsfähig und flexibel genug zeigen, das Thema ganzheitlich und fundiert anzugehen. Der naheliegende Grund: Eine Systemumstellung der SAP-Software entpuppt sich häufig auch ohne umfangreiche "KI-Add-Ons" schon als herausfordernder als zunächst angenommen. Fast jedes zweite Unternehmen würde im Nachhinein mehr Zeit und ein höheres Budget veranschlagen müssen, um allen Anforderungen einer Transformation gerecht zu werden und genügend Raum zur Nachjustierung und Optimierung zu haben.
Hinzu kommt, dass umfassende Praxiserfahrungen mit KI-Agenten in der Breite der Unternehmen noch fehlen. Auch befindet sich Joule noch im Early-Bird-Stadium. Das heißt, die Erfahrungen basieren bislang auf Tests und Proof-of-Value-Projekten. Immerhin sollen erste Projekte bereits Effizienzgewinne zeigen – sei es durch spezifischere, auf den einzelnen User zugeschnittene Suchergebnisse, geringere manuelle Tätigkeiten oder schnellere Entscheidungen durch eine präzisere Darstellung entscheidungsrelevanter Daten.
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Vor diesem Hintergrund empfiehlt Maus Unternehmen zu mehr Offenheit für SAPs KI-Angebot – auch in der Transformationsphase. Neben dem naheliegenden Einsatz bei Neugestaltung von Anwendungsprozessen ist es dem Berater zufolge auch in der Optimierungsphase sinnvoll, die von Hause aus enthaltenen KI-Agenten individuell zu prüfen beziehungsweise zu nutzen. Um sich angesichts der Agenten-Menge nicht zu verzetteln, sollte der Fokus auf Standardaufgaben gerichtet werden, die unmittelbar einen großen Nutzen versprechen. Das Berater-Credo: besser gezielt Geschäftsprozesse auswählen und diese richtig automatisieren als alles ein bisschen.
(axk)