Neue Details zur Easycash-Datenschutzaffäre [Update]

Der Radiosender NDR Info hat im Streit um mögliche Datenschutzverstöße beim EC-Kartendienstleister Easycash noch einmal nachgelegt. Danach soll Easycash im vergangenen Jahr illegal Konto- und Umsatzdaten transferiert haben. Einer Handelskette wurden offenbar Informationen darüber angeboten, wo Kunden nach einem Besuch des eigenen Marktes noch so einkaufen.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Der Radiosender NDR Info hat im Streit um mögliche Datenschutzverstöße beim EC-Kartendienstleister Easycash noch einmal nachgelegt. Danach soll Easycash im vergangenen Jahr "Konto- und Umsatzdaten illegal an die Kundenkartenfirma Easycash Loyalty Solutions in Hamburg übermittelt" haben. Easycash gilt als größter deutscher Netzbetreiber für die Abwicklung von Kartenzahlungen. In seinem Rechenzentrum im nordrhein-westfälischen Ratingen speichert das Unternehmen sämtliche EC-Kartendaten, die Kunden beim Bezahlen an Kassen von Vertragsunternehmen (etwa Supermärkte oder Tankstellen) vorlegen. Die Hamburger Tochter Easycash Loyalty Solutions wiederum betreut mehrere Millionen Kundenkarten von Handelsunternehmen.

NDR Info bezieht sich bei seinen Angaben auf einen Sprecher des Landesdatenschutzbeauftragten von Nordrhein-Westfalen, der gesagt hatte: "Bei unserem Kontrollbesuch bei Easycash in Ratingen haben wir festgestellt, dass im Jahr 2009 über zwei Monate Zahlungsverkehrsdaten von der Firma Easycash als Zahlungsdienstleister an die Hamburger Firma Easycash Loyalty Solutions übermittelt und dort statistisch ausgewertet worden sind." Dies sei "ganz klar rechtswidrig". Der nordrhein-westfälische Landesdatenschutzbeauftragte prüfe jetzt die Einleitung eines Bußgeldverfahrens. NDR Info hatte Easycash vorgeworfen, das Unternehmen verknüpfe die Datenbestände beider Firmen und schnüre daraus Pakete mit Datensätzen von EC-Kartenkunden, die für Marketingzwecke angeboten würden.

Easycash bestreitet nicht, dass die "Möglichkeit einer Nutzung und des Vergleiches der Daten" aus den Kundenkartenprogrammen von Easycash Loyalty Solutions und den Zahlungsdaten aus dem EC-Netzbetrieb "erwogen und intern diskutiert" wurde. Auch räumt das Unternehmen ein, dass es mit einem Kunden tatsächlich zu einer "temporären Zusammenarbeit" gekommen sei. Diese sei aber "inzwischen beendet". Auf eine Umsetzung der Pläne zur Auswertung von Zahlungsverkehrsdaten sei "unter anderem aufgrund datenschutzrechtlicher Vorbehalte" letztlich verzichtet worden. "Wir führen keine Daten aus dem EC-Netzbetrieb der Easycash mit den Daten aus den Kundenkartenprogrammen der Easycash Loyalty Solutions zusammen", konstatierte Frank Wio, Mitglied der Easycash-Geschäftsleitung, am Donnerstag.

NDR Info zitiert nun aus einem Angebot der Firma Easycash Loyalty Solutions an eine Handelskette, in dem "Zahlungsverkehrsanalysen" angeboten würden. In dem Papier der Kundenkartenfirma vom Frühjahr 2010 werde, so NDR Info, ausdrücklich auf die Datenbanken des Mutterunternehmens Easycash Bezug genommen: "Easycash verfügt durch die Abwicklung des technischen Netzbetriebes und der damit verbundenen Abwicklung von EC-Zahlungstransaktionen für ca. 40% des kartengestützten deutschen Handelsvolumens über eine sehr umfassende Datenmenge, um auf Basis dieser Zahlungsverkehrsdaten Konsummuster [...] für unternehmerische Entscheidungen nutzbar zu machen." Es handele sich dabei um "ca. 2 Milliarden Datensätze der letzten ca. 2 Jahre", die von "ca. 80.000 Handels- und Dienstleistungsunternehmen" stammten.

Der Handelskette seien von Easycash Loyalty Solutions insgesamt 14 verschiedene Auswertungsformen angeboten worden, heißt es weiter, darunter das "Umsatzverhalten der Bestandskunden", eine "Messung der Passantenfrequenz aller Straßen im Umkreis von 5 km je Filiale" sowie eine "Liste der Unternehmen, bei denen die Kunden vor und nach dem Besuch des Marktes einkaufen". Das Angebot enthält laut NDR Info auch Hinweise darauf, dass EC-Kartendaten mit denen von Kundenkarten verknüpft werden sollten: Die Hamburger Firma biete der Handelskette an, auszuwerten, wie viel Geld Kundenkarteninhaber bei Konkurrenzfirmen ausgeben und "wie hoch der Anteil an Kunden ist, die im Kundenkartensystem inaktiv sind [...], jedoch nach wie vor noch über EC-Karten einkaufen".

Kundennamen und -adressen würden zwar nicht angeboten, jedes einzelne Konto sei "mittels der Bankleitzahl und der Kontoverbindung" aber als Haushaltskunde "abgespeichert und zählbar". Die Handelskette hat nach Informationen von NDR Info das Angebot von Easycash Loyalty Solutions angenommen, die gelieferten Analysen dann aber unter anderem aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken nicht genutzt. Easycash hatte gestern erklärt, die Informationen des NDR seien "nicht korrekt", die Anschuldigungen entsprächen nicht den Tatsachen. Da die Anschuldigungen geschäftsschädigenden Charakter für die Unternehmen und ihre Kunden hätten, prüfe Easycash derzeit rechtliche Schritte, formulierte der EC-Kartendienstleister in einer Unternehmensmitteilung.

Kontrollbesuche sowohl von Mitarbeitern des NRW-Landesdatenschutzes (bei Easycash Ratingen) als auch von Mitarbeitern des Hamburger Datenschutzbeauftragten (bei Easycash Loyalty Solutions) förderten bislang keine Beweise zutage, dass bei Easycash tatsächlich EC-Kartendaten mit Kundenkartendaten verknüpft wurden – was aber nichts heißen muss. So soll es bei einem gestrigen Besuch bei Easycash Loyalty Solutions lediglich ein Gespräch mit Easycash-Verantwortlichen gegeben haben. "Es ist nicht so, dass allein dadurch jeglicher Verdacht aus der Welt geschafft ist. Wir sehen noch einige offene Fragen, die wir noch beantwortet haben möchten", stellt der Sprecher des NRW-Landesdatenschutzbeauftragten klar.

Update: Die nordrhein-westfälische Datenschutzbehörde hat inzwischen Strafanzeige gegen Easycash wegen illegaler Datenübermittlung gestellt. (pmz)