KI-Update Deep-Dive: Wie Kirchen mit KI umgehen
Die großen christlichen Kirchen in Deutschland sehen in KI ein nützliches Werkzeug, warnen aber vor dem Verlust des menschlichen Miteinanders.
Klare Leitlinien für den Umgang mit KI
Alle Religionen der Welt müssen sich gerade dem Wandel durch Künstliche Intelligenz in unserer Gesellschaft stellen. Sehr klare Zeichen für den Einzug von KI in Kirchen, Synagogen oder Moscheen sind religiöse Chatbots: von Rabbi Ari über Buddhabot bis hin zu Muslim AI oder SheikhGPT. Meine Kollegin Sophia Zimmermann von heise+ hat sich am Beispiel der beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland angeschaut, wie sie KI als Werkzeug für ihre Mitarbeitenden nutzbar machen wollen, ohne dabei die menschliche Begegnung zu vernachlässigen.
Papst Franziskus hatte ein paar Monate vor seinem Tod ein Dokument veröffentlicht mit dem Titel "Alt und Neu – Hinweis über das Verhältnis von künstlicher Intelligenz und menschlicher Intelligenz". "Darin erkennt der Heilige Stuhl KI ganz klar als Ausdruck menschlicher Kreativität an und er erkennt auch definitiv an, dass KI Chancen auf vielen Ebenen bietet, etwa in der Medizin", erklärt Zimmermann. Aber er übt auch Kritik: "KI kann eben nicht denken, sie kann nicht fühlen, sie kann nicht moralisch handeln, das kann eben nur der Mensch." Die Kirche sieht auch die Gefahr einer Art "Götzendienst", also dass Menschen ihr Heil in der KI suchen.
Die Evangelische Kirche geht das Thema dezentraler über ihre Landeskirchen und die Diakonie an. Auch hier wird KI als Werkzeug für mehr Effizienz bei Verwaltungsaufgaben anerkannt. Der Grundsatz laute jedoch immer „Mensch vor Maschine“, sagt Zimmermann. Die Würde des Menschen dürfe niemals der Effizienz geopfert werden.
KI als Sparringspartner für Predigten
Besonders beim Schreiben von Predigten kann KI als Hilfsmittel dienen. Zimmermann berichtet von ihren Gesprächen mit dem "Elektropastor" Christoph Martsch-Grunau. Er ist der "Beauftragte für die digitale Verkündigung" im Kirchenkreis Delmenhorst-Oldenburger-Land. Er gibt Workshops zum Thema "Predigt schreiben mit KI". Darin betont er zwar, dass „ChatGPT eine Hilfe sein kann, aber dafür muss man sein Handwerk beherrschen", erklärt Zimmermann. Man könne KI nutzen, um eine Gliederung oder einen groben Rahmen zu erarbeiten, müsse aber viel Kontext liefern.
Für den Elektropastor sei klar: Wer das Bedürfnis habe, das Predigtschreiben komplett auszulagern, müsse sich fragen, warum er den Beruf überhaupt ausübe. Es gehe dabei schließlich um Aufrichtigkeit und eine ehrliche Beziehung zu den Menschen.
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Erste kirchliche Chatbots im Einsatz
Inzwischen gibt es auch spezialisierte, religiöse Chatbots. Ein deutsches Beispiel ist Nikodemus.AI, ein Angebot eines Medienpartners der Evangelischen Kirche. Der Bot basiert auf ChatGPT, wurde aber stark angepasst. Er beantwortet ausschließlich Fragen zur Bibel und zum Glauben auf theologischer Basis. Technisch steckt dahinter ein sogenanntes RAG-System (Retrieval Augmented Generation). Dabei wird dem Sprachmodell durch einen System-Prompt eine Persönlichkeit vorgegeben und es greift auf eine interne Datenbank mit geprüften Inhalten zurück.
Sorgen um den eigenen Arbeitsplatz machen sich die Kirchenmitarbeitenden laut Sophia Zimmermann aber kaum. Der Kern der Kirche sei das menschliche Miteinander, das eine KI nicht ersetzen könne. Die Unsicherheit im digitalen Raum könnte den Wunsch nach echter Begegnung sogar noch verstärken. Zimmermanns Fazit: „Vielleicht ist KI, mit aller Unsicherheit und mit allem Misstrauen, das sie verursacht, auch ein Weg zurück zu mehr menschlichem Miteinander.“
(igr)