Die Hyperscaler gewinnen immer – ein Kommentar zur Speicherkrise
Wie in jeder Krise gibt es auch in der aufkommenden Speicherkrise Gewinner und Verlierer. Ein Kommentar von Susanne Nolte.
(Bild: asharkyu/Shutterstock.com)
Dass KI so einiges aus dem Gleichgewicht bringt, war abzusehen; doch nun ist das Gleichgewicht auf dem Speichermarkt arg ins Wanken geraten – mit massiven Folgen für die IT-Landschaft. Doch von Anfang an: Die drei Hersteller von Enterprise-Festplatten – Seagate, Toshiba, Western Digital – verschliefen den plötzlichen Run auf ihre Produkte durch gigantische aus dem Boden schießende KI-Rechenzentren. Um deren Bedarf zu decken, vertrösten sie nun alle anderen Kunden aufs übernächste Jahr. Die aber, nicht dumm, greifen zu QLC-SSDs und rufen damit den nächsten Mangel hervor.
Zur Einordnung: Derzeit ist der RZ-HDD-Markt etwa viermal größer als der für Enterprise-SSDs. Deren Hersteller können den plötzlichen Zulauf also gar nicht auffangen und müssen nun auf dem Spot-Markt selbst das Dreifache für Flashbausteine zahlen, so sie nicht eine eigene Produktion oder Langzeitverträge haben. Für 2026 soll der Flashmarkt bereits fast leer gefegt sein. Zudem kaufen Hyperscaler große Mengen des verfügbaren Arbeitsspeichers auf. Andere Hersteller überbieten sich gegenseitig auf der Jagd nach den Resten. Die RAM-Anbieter freut’s und sie reagieren mit gigantischen Preissteigerungen.
Ein Ende ist nicht in Sicht. Bis neue Produktionsstraßen entstehen oder bestehende auf neuere, höherkapazitive Produkte umgerüstet sind, ist 2026 um. Auch wenn die Produktion von HDDs, SSDs und RAM bis 2027 um zweistellige Prozentzahlen zulegt, wird die Krise so schnell nicht vorbei sein.
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Und danach? So wie Corona einiges umgewälzt hat – Ressourcen vor allem von unten nach oben –, so wird auch die Speicherkrise Veränderungen zur Folge haben, von denen nur wenige profitieren. Derzeit sind das die Hersteller, die mit den Rekordverkaufszahlen und -preisen gerade Rekordgewinne einstreichen. Die heimlichen Gewinner dürften aber die Hyperscaler sein. Sie werden nicht erst seit gestern von allen Herstellern als Erste und, wenn die Ressourcen knapp sind, als Einzige bedient – wie die Geschichte der Verfügbarkeit von GPUs oder OCP-Hardware auf dem freien Markt gezeigt hat.
Man mag darüber witzeln, dass das eine fantastische Marketingstrategie der Hyperscaler ist: „Ihr könnt gerade keine Hardware kaufen? Mietet sie doch bei uns.“ Tatsächlich würde das den Teufelskreis befeuern. Doch was bleibt Unternehmen und Einrichtungen mit eigenen RZs übrig, wenn der Markt leer gefegt ist und neue Hardware dringend angeschafft werden muss? Denn sie werden nicht alle Einkäufe auf unbestimmte Zeit vertagen können.
GroĂźe, einflussreiche Player, die dem IT-Ă–kosystem ihren Stempel aufgedrĂĽckt haben, hat es immer wieder gegeben. Im Vergleich zu ihnen wirken die Hyperscaler, die sich zudem eng mit der Politik verzahnen, aber inzwischen wie die GroĂźechsen, die das Mesozoikum beherrschten. Wie man es dreht und wendet, sie stehen definitiv an der Spitze der Nahrungskette.
(sun)