Kehrtwende: Parlament verschiebt Schweizer UKW-Abschaltung
Die Schweizer Regierung wollte schon 2017 weg von UKW-Radios. Nun hat das Parlament eine Verlängerung des Radioempfangs via Ultrakurzwelle gefordert.
(Bild: Daniel AJ Sokolov)
Doch kein Aus fürs UKW in der Schweiz – bis auf Weiteres. Eigentlich hatte die Schweizer Regierung 2017 das Ende des UKW-Radios beschlossen. Nach dem Nationalrat hat am Dienstag allerdings auch die kleinere Kammer, der Ständerat, knapp mit 21 zu 18 Stimmen bei fünf Enthaltungen dafür gestimmt, auf die für Ende 2026 beabsichtigte Kompletteinstellung des UKW-Rundfunks im Lande zu verzichten.
Nun muss die Schweizer Regierung, der Bundesrat, für die Zeit ab 2027 die UKW-Konzessionen neu ausschreiben und vergeben. Dabei ist noch nicht mal ausgemacht, ob der gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk der Schweiz, die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG SSR), überhaupt dabei sein wird, demnächst auch wieder auf UKW-Frequenzen für den Sendebetrieb zu setzen.
Denn die SRG SSR schaltete bereits am 31. Dezember 2024 ihre insgesamt 17 Radioprogramme in den vier Schweizer Sprachregionen auf den Frequenzen der analogen Ultrakurzwelle (UKW) ab. Sämtliche UKW-Programme migrierten endgültig in die digitale Welt – so schien es zumindest bislang. Die SRG will nun aber „alle Optionen prüfen“.
Eine halbe Million Hörer verloren
Im Oktober teilte die SRG SSR mit, dass sie im ersten Halbjahr 2025 seit der Abschaltung ihrer UKW-Sender insgesamt über eine halbe Million Hörer im Vergleich zur Vorjahresperiode verloren habe. Profiteure des SRG-Ausstiegs aus der Ultrakurzwelle sind die Schweizer Privatradios, die noch auf UKW senden durften. Laut SRG gewannen sie rund 300.000 Hörerinnen und Hörer dazu. Und auch ausländische Radiostationen hätten profitiert.
Der Verband Schweizer Privatradios (VSP) zeigt sich „hocherfreut über die Weiterführung“ von UKW. Der VSP sei „erleichtert, dass den Regionalradios unnötig hohe Hörer- und Werbeeinbussen erspart bleiben und die Bevölkerung mehr Zeit erhält, um Radiogeräte von analog auf digital umzurüsten.“ So verfügten laut VSP immer noch etwa ein Drittel aller Autos über keinen DAB+-Empfang.
Jahrelange Streitigkeiten
Die Schweizer Regierung, der Bundesrat, hatte die UKW-Abschaltung ursprĂĽnglich bereits 2017 beschlossen. In einer groĂźen Branchenvereinbarung in der Arbeitsgruppe Digitale Migration (DigiMig), kam man damals ĂĽberein, die UKW-Sender der SRF im August 2022 abzuschalten. Im Januar 2023 sollten die privaten Radiostationen folgen.
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Nach jahrelangem Hin und Her beschloss der Bundesrat schließlich im Oktober 2023 ein letztes Mal eine Verlängerung der UKW-Konzessionen bis Ende 2026. Damit erhalte die Radiobranche die gewünschte Flexibilität, um den Migrationsprozess erfolgreich abzuschließen, erklärte das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) damals. Auch für Privatradios sollte Ende 2026 das endgültige UKW-Abschaltdatum anstehen.
Rückkehr „nicht auf Knopfdruck“
Ob die SRG SSR nach der Entscheidung des Ständerats tatsächlich wieder auf UKW zurückkehrt, muss sich aber noch zeigen. Sofort, quasi „auf Knopfdruck“, sei das ohnehin nicht möglich, sagt die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft. Grundsätzlich könnten Radioprogramme frühestens ab 2027 wieder auf UKW zu hören sein, schreibt das SRF.
Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) betont, „die Wiederaufnahme von UKW durch die SRG ist aktuell nicht möglich“. In den Konzessionen, den Sendebewilligungen, sei festgehalten, dass eine zurückgegebene Konzession nicht wieder aufgenommen werden kann. Geplant ist, dass das Bakom ab 2027 neue UKW-Funkkonzessionen vergibt. Eine reine Verlängerung der bestehenden Sendebewilligungen sei nicht mehr vertretbar.
(dahe)