KI-Update kompakt: Googles KI, Strommangel, Desinformation, Quellenangaben
Das „KI-Update“ liefert dreimal pro Woche eine Zusammenfassung der wichtigsten KI-Entwicklungen.
- Isabel Grünewald
- The Decoder
EU-Kommission prüft Googles KI-Praktiken wegen Wettbewerbsverstoß
Die Europäische Kommission hat ein Verfahren gegen Google eingeleitet. Der Vorwurf: Google nutzt Inhalte von Verlagen und Webseitenbetreibern für KI-Übersichten und den KI-Modus, ohne angemessene Kompensation zu zahlen. Nutzer erhalten Antworten direkt in der Suchmaschine und müssen nicht mehr auf die ursprünglichen Webseiten klicken. Den Betreibern entgehen dadurch Werbeeinnahmen.
Die Kommission kritisiert zudem, dass Google keine technische Möglichkeit bietet, Inhalte nur vor KI-Nutzung zu schützen. Wer entsprechende Crawler ausschließen will, verschwindet komplett aus der Google-Suche. Auch Youtube-Videos nutzt Google automatisch für das Training seiner KI-Modelle, während anderen Unternehmen dies verboten ist. Google steht damit vor einem weiteren Verfahren, nachdem das Unternehmen zuletzt knapp 3 Milliarden Euro Strafe zahlen musste, weil es seine Anzeigentechnologie bevorzugt hatte.
Trump erlaubt Nvidia Chipverkauf nach China gegen 25 Prozent Abgabe
Nvidia darf bald KI-Beschleuniger vom Typ H200 nach China liefern, allerdings nur an ausgewählte Abnehmer. US-Präsident Donald Trump kündigte an, dass Nvidia 25 Prozent des Umsatzes als Strafsteuer zahlen muss. Ähnliche Regelungen sollen für Intel, AMD und andere US-Unternehmen gelten.
Trump hatte das Vertriebsverbot bisher mit Bedenken zur nationalen Sicherheit begründet. Wie eine Umsatzbeteiligung von 25 Prozent diese Bedenken ausräumen soll, bleibt unklar. Die meisten Chips werden ohnehin nicht in den USA produziert. Nvidias Chips kommen von TSMC aus Taiwan.
Verfassungsschutz fordert europäische Alternativen zu Palantir
Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Sinan Selen, warnt vor übermäßiger Abhängigkeit von US-Software wie Palantir. Beim Symposium des Verfassungsschutzes in Berlin betonte er, Europa müsse Alternativen bieten. Politik solle bei der Auswahl von Software drei Faktoren berücksichtigen: Sicherheitsbeitrag, Performance und geostrategische Richtigkeit.
Mehrere Bundesländer hatten sich zuletzt für Palantirs System als Analysesoftware für die Polizei entschieden. Selen hält das für problematisch und verweist auf europäische Anbieter. Deutschland und Europa hätten Industrien und Firmen, die solche Systeme entwickeln können. Diese müsse man stärker unterstützen und berücksichtigen.
US-Stromnetz bremst KI-Ausbau der Tech-Konzerne
Die großen KI-Konzerne investieren Hunderte Milliarden Dollar in neue Rechenzentren, stoßen aber an die Grenzen des amerikanischen Stromnetzes. Eine Analyse der Financial Times zeigt: Bis 2028 werden etwa 44 Gigawatt zusätzliche Leistung für neue Rechenzentren benötigt. Das Netz kann im gleichen Zeitraum nur 25 Gigawatt bereitstellen. Die Lücke von 19 Gigawatt entspricht 40 Prozent des Bedarfs.
Amazon, Google, Meta und Microsoft haben zusammen mehr als 400 Milliarden Dollar für Rechenzentren eingeplant. Das Problem liegt in der veralteten Infrastruktur. Viele Strommasten und Transformatoren stammen aus den 1960er und 1970er Jahren. Die Wartezeit von der Beantragung eines Netzanschlusses bis zum Betrieb überschreitet acht Jahre. Um Verzögerungen zu umgehen, setzen die Konzerne auf eigene Kraftwerke.
Transformer-Pionier Vaswani stellt kompaktes Coding-Modell vor
Essential AI hat ein neues Open-Source-Modell für Programmieraufgaben vorgestellt. Rnj-1 übertrifft in Coding-Benchmarks deutlich größere Konkurrenten, obwohl es mit acht Milliarden Parametern zu den kompakteren Modellen zählt. Vorgestellt wurde das System von Ashish Vaswani, Mitgründer von Essential AI und Co-Autor des einflussreichen Forschungspapiers „Attention is all you need“, das die Transformer-Architektur einführte.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt laut Essential AI im verbesserten Vortraining. Das Unternehmen setzte auf einen speziellen Optimierungsalgorithmus namens „Muon“ der die benötigten Rechenressourcen deutlich reduziert. Andere Methoden wie Verstärkungslernen nach dem Training spielten eine untergeordnete Rolle.
Chinesische KI-Firmen organisieren Datenarbeit in Kenia über WhatsApp
Während US-Konzerne für ihre Arbeitspraktiken in Kenia unter Beobachtung stehen, bauen chinesische KI-Firmen im Stillen ein Netzwerk aus Billigarbeitskräften auf. Das berichtet das Technologie-Magazin "Rest of World". Anders als US-Konzerne, die meist formelle Outsourcing-Partner nutzen, setzen chinesische Akteure auf undurchsichtige Netzwerke. Die Arbeit wird über WhatsApp-Gruppen organisiert, die Bezahlung erfolgt über mobile Zahlungsdienste.
Formale Arbeitsverträge oder Sozialleistungen existieren laut den befragten Arbeitern nicht. Oft kennen die Angestellten nicht einmal den Namen des Auftraggebers. Im regulären Betrieb müssen die größtenteils jungen Menschen bis zu 26.000 Videoclips pro Tag klassifizieren. Für Schichten von bis zu zwölf Stunden erhalten sie teilweise nur etwa fünf Dollar. Die extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit von 67 Prozent in Kenia zwingt viele dazu, diese Bedingungen zu akzeptieren. Professorin Payal Arora von der Universität Utrecht warnt, dass diese Schatten-Lieferketten die Rechenschaftspflicht massiv erschweren.
Europäer vertrauen wieder stärker klassischen Medien wegen KI-Desinformation
KI macht es wesentlich einfacher, manipulierende Medien zu erstellen. Die Menschen in Europa reagieren darauf und vertrauen verstärkt den klassischen Medien. Das ergab eine Studie des Vodafone Instituts, der Denkfabrik des Telekommunikationsdienstleisters. Europäer sorgen sich, dass durch KI-generierte Fake News und Deepfakes Demokratien in Gefahr sind.
Sie wenden sich wieder mehr klassischen Medien wie Nachrichten im Fernsehen und Radio zu. Das gilt besonders für die ältere Bevölkerung, aber auch Jüngere vertrauen verstärkt auf traditionelle Quellen. Jüngere Europäer beziehen ihre Nachrichten allerdings mehrheitlich über Social Media und sind sich bewusst, dass dort Inhalten nicht immer vertraut werden kann. Die Befragten stufen ihre eigene Medienkompetenz als weniger wirksam ein als einen Dreiklang aus prüfenden Institutionen, klassischen Medien, KI-Detektoren und staatlichen Einrichtungen.
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Rotes Kreuz warnt vor erfundenen Archivverweisen durch KI
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat darauf hingewiesen, dass KI-Systeme inkorrekte oder komplett falsche Archivverweise generieren können. Wenn ein Dokument nicht auffindbar sei, bedeute das nicht, dass das Rote Kreuz Informationen zurückhalte, versichert die Organisation. KI-Systeme recherchierten nicht, verifizierten keine Quellen und überprüften keine Informationen.
Die Inhalte würden nur auf Basis statistischer Muster generiert, weshalb sie Katalognummern, Beschreibungen von Dokumenten oder Verweise zu Plattformen erfänden. Zuverlässige Informationen finde man nur in offiziellen Katalogen oder direkt in Bibliotheken. Bibliothekare hatten bereits vor mehreren Wochen gegenüber dem US-Magazin 404 von viel Verwirrung und einem merklichen Vertrauensverlust berichtet. Die falschen Verweise bedeuten viel unnötige Mehrarbeit, da jedes Mal erst recherchiert werden muss, bevor klar wird, dass ein Titel nicht existiert.
Doctolib kooperiert mit Deutschem Forschungszentrum für KI
Doctolib, ein Anbieter für Online-Terminservices, will seine KI-Systeme künftig in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz weiterentwickeln. Als Ziel nennt Doctolib die Weiterentwicklung von Methoden zur sicheren und datenschutzkonformen Verarbeitung medizinischer Informationen in KI-Systemen. Das DFKI wird mehrsprachige Datensätze in Deutsch, Französisch und Englisch bereitstellen.
Die Betonung von Datenschutz und Sicherheit scheint auch eine Reaktion auf anhaltende Datenschutzkritik zu sein. Experten bemängeln seit Langem, die Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten durch Doctolib sei zu umfangreich und nicht transparent genug. Seit 2019 finden sich regelmäßig Beschwerden zu dem Unternehmen in den Tätigkeitsberichten der Berliner Datenschutzbeauftragten.
(igr)