Neben normalem Datenverkehr: Unterseekabel fĂĽr Vermessung von Erdbeben benutzt
Eine Forschungsgruppe hat ein aktives Unterseekabel benutzt, um seismische ErschĂĽtterungen am Grund des Pazifiks zu messen. Nun drohen politische Hindernisse.
(Bild: Laiotz/Shutterstock.com)
Bei der Nutzung bestehender Glasfaserinfrastruktur zur Frühwarnung und Vermessung von Erdbeben hat eine Forschungsgruppe einen weiteren Meilenstein erreicht und an einem 4400 km langen Unterseekabel gleich mehrere Ereignisse vermessen. Das berichtet das US-Wissenschaftsmagazin Science unter Berufung auf die Gruppe, die ihre Arbeit auch vorab veröffentlicht hat. Demnach ist es dem Team gelungen, das aktive Unterseekabel zwischen Kalifornien und Hawaii im Sommer als Messinstrument zu benutzen, das mehr als 44.000 seismischen Stationen im Abstand von je 100 Metern entspricht. Damit habe man ein extrem starkes Erdbeben in Kamtschatka, die schwachen Spuren eines Tsunamis und zahlreiche kleinere Ereignisse nachweisen können. Das Potenzial sei enorm, die Messungen stören die normalen durchgeleiteten Daten demnach nicht.
Parallel zu normalen Daten
Wie bei früheren Versuchen kam auch bei der jetzt vorgestellten Arbeit eine Methode namens „Distributed acoustic sensing“ zum Einsatz. Dabei werden mit einem Messgerät Lichtimpulse durch die Glasfasern des Kabels geschickt. Diese Lichtimpulse erzeugen eine Rückstreuung, die sich optisch messen lässt und sich verändert, wenn das Kabel gedehnt wird – beispielsweise bei seismischer Aktivität. Dank Computerunterstützung konnten diese Reflexionen nun auch von den entferntesten Bereichen des Kabels empfangen werden. Entstanden sei im Prinzip ein dichtes zweidimensionales Netz transozeanischer Seismometer, schreibt Science. Die Signale nutzen dabei höhere Frequenzen als der normale Datenverkehr, weshalb sich die Methode an bestehenden Kabeln benutzen lasse.
Mit der Methode könnte man nicht nur die ersten Erschütterungen erkennen, die bei Unterseebeben einen gefährlichen Tsunami auslösen können, sondern auch das Erdinnere besser erforschen, schreibt das Magazin noch. Außerdem könnte man die Bewegungen von Walen verfolgen und ozeanische Strömungen vermessen. Sogar die Bewegung der Kontinentalplatten ließen sich auf diesem Weg untersuchen, ohne dass dafür Messstationen überall auf der Welt installiert werden müssen. „Die Sensoren sind da und bereit“, zitiert Science die Geophysikerin Vala Hjörleifsdóttir, die an der Forschung beteiligt war: „Sie warten nur darauf, dass wir sie fragen, was sie sehen.“
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Nachdem die grundlegenden technischen Fragen nun wohl geklärt sind, könnten aber andere Hindernisse eine globale Umsetzung verhindern, meint derweil der Seismologe Andreas Fichtner von der ETH Zürich. So könnten Militärs sich dagegen stemmen, weil die Sensoren auch U-Boote verfolgen könnten, zitiert ihn Science. Die Telekommunikationsfirmen, die die Kabel verlegen, könnten sich aus Sicherheitsgründen gegen den Einsatz der Technik wehren, weil sie die genauen Standorte der Kabel nicht publik machen wollen. Sollten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die Infrastruktur zwar nutzen können, aber nur nach Unterzeichnung von Schweigeverpflichtungen, wäre es schwierig, die Ergebnisse zu reproduzieren. Logistische und politische Hindernisse könnten jetzt also zu hoch sein.
(mho)