KI-Update Deep-Dive: Wie wir in den Redaktionen KI einsetzen
Von der automatischen Transkription bis zur Bildgenerierung – KI-Werkzeuge sind in den heise-Redaktionen angekommen. Aber es bleibt alles in menschlicher Hand.
Veränderungen durch KI im Alltag und in der Arbeit
Deepfakes, Fakenews, Faktenchecks… Das Nachrichtengeschäft ist nicht unbedingt leichter geworden durch generative Künstliche Intelligenz. Auch wir bei heise online, der c’t, der mac&i, iX oder der Make müssen uns gegen die Flut aus KI-generierten Falschmeldungen stemmen. KI-Zusammenfassungen der Chatbots machen den Verlagen das Leben nicht einfacher. Aber es gibt auch viele Stellen, an denen KI uns sehr wohl sehr gut im Arbeitsalltag helfen kann.
Im letzten Deep-Dive des Jahres sind die Chefredakteure von heise medien, Volker Zota und Torsten Beeck, zu Gast im Podcast. Wir sprechen über die Entwicklungen der letzten Monate und die Vor- und Nachteile von KI. Mit dem Transkript dieser Podcastfolge wollen wir auch die Fragen unserer Leserinnen und Leser beantworten. Denn ob wir heutzutage noch eine Nachricht glauben, hat immer mehr damit zu tun, ob wir der Quelle vertrauen. Und nur durch Transparenz können wir das Vertrauen in unseren Journalismus erhalten. In diesem Sinne ist dies das vollständige Transkript des Interviews. Es wurde im Sinne der besseren Lesbarkeit editiert:
Isabel Grünewald: Hallo Torsten, schön, dass du da bist.
Torsten Beeck: Hi.
Isabel: Und hallo Volker.
Volker Zota: Hallo Isabel.
Isabel: Die c’t gibt es seit mehr als 40 Jahren und seit 1983 hat sich sehr viel verändert, immer mal wieder in der Medienlandschaft. Aber wahrscheinlich nie so schnell und wahrscheinlich auch nie so tiefgreifend wie in den letzten drei Jahren. Torsten, welche Veränderungen hast du denn durch generative KI beobachtet?
Torsten: Ich bin ja erstmal auch Internetnutzer. Und was ich sehe, es gibt immer mehr AI-Slop, also Inhalte, die von KI erzeugt werden. Und ich glaube, so in der Anfangszeit, wo generative KI breit verfügbar wurde, gab es viel eher, ich würde sagen, so Dinge, die Spaß machen, einfach auch Quatsch, lustige Videos, Pinguine auf Trampolinen, solche Dinge. Was man aber natürlich auch sieht, KI übernimmt so ein bisschen die Sprache. Also wer sich auf LinkedIn bewegt, merkt, irgendwie klingt das alles sehr generisch. KI erzeugt inzwischen, glaube ich, über 50 Prozent der Inhalte im Internet. Das ist erstmal interessant, nehme ich erstmal so zur Kenntnis. Unsere Arbeit hat sich sicherlich auch in den letzten drei Jahren verändert. Wenn man recherchieren will und große Datenmengen bearbeiten will, hilft KI da einzusteigen. KI hilft dabei, Qualitätssicherung zu machen, also einfach mal zu checken, sind da Rechtschreibfehler in dem Text? Das geht alles sehr viel schneller als früher. Sie bietet die Möglichkeit, Datenanalysen zu machen. Also es ist eine ganze Menge. Da können wir gleich vielleicht auch nochmal ein bisschen tiefer einsteigen. Aber auf jeden Fall merkt man es an jeder Stelle. Und man merkt es auch im Alltag. Menschen sprechen mit KI irgendwie an der U-Bahn-Station, Schüler nutzen KI zum Hausaufgabenmachen. Also da ist wirklich, wirklich viel passiert.
Isabel: Volker, was war denn bei dir so der Auslöser, dich mit KI speziell im Newsroom oder in den Magazinen zu beschäftigen? War das eher der technologische Druck, dem man nicht ausweichen kann, ein ökonomischer Druck oder in erster Linie redaktionelle Neugier?
Volker: Oh Gott, ich glaube, von allem ein bisschen. Was ich sehr spannend fand, war am Anfang, was Torsten ja auch gerade schon mal angerissen hat, dass man natürlich viel rumgespielt hat. Ganz zuerst waren die Bildgeneratoren super spannend. Die waren zwar da schon ein Wow-Effekt, so was hat man halt in der Zeit noch nicht gesehen gehabt, dass man so schnell so Bilder erzeugen konnte. Das hat sich aber auch in den letzten drei Jahren wahnsinnig weiterentwickelt. Aber ich glaube, was ich besonders spannend fand, war halt eben zu schauen, was könnte da ein Hilfsmittel für uns sein. Zum Beispiel haben wir eine ganze Zeit lang sehr wenig Interviews geführt, weil das immer sehr aufwendig war, die zu transkribieren, und das hat sich halt komplett verändert. Es ist viel schneller geworden, man kann in ein paar Minuten die Sachen transkribieren, die Fehler rausmachen, schon mal was zur Freigabe schicken, ist das jetzt alles noch so, wolltest du das wirklich so gesagt haben, und dann ist man halt bei sowas viel schneller, sodass wir halt viel, viel mehr Interviews in den letzten Jahren haben, seitdem es eben so etwas z.B. so etwas wie Whisper von OpenAI gibt. Und das finde ich halt super spannend. Aber natürlich ist es so, dass ich im Prinzip seit, naja, jetzt ziemlich genau fast drei Jahren hier durch die Gegend gelaufen bin und gesagt habe, Leute, da kommt was auf uns zu. Das kam dann doch nicht ganz so schnell direkt bei uns an, zumindest, weil schon sehr früh angekündigt wurde, oder die Befürchtung war, was ist denn, wenn jetzt Suchmaschinen Antwortmaschinen werden? Und da dachten wir, naja, guck mal, passiert alles nicht so schnell. Und dann kam es jetzt dieses Jahr doch sehr, nicht überraschend, aber dann doch jetzt mit ziemlicher Wucht auf einen zu, weil Google insbesondere sich durchgerungen hat, eben da deutlich Veränderungen vorzunehmen. Aber ansonsten ist uns klar, dass wir gegen diesen, wie Torsten es ja auch nochmal schön gesagt hat, AI-Slop ankämpfen müssen. Nicht unbedingt, weil das schlecht ist, was da alles drin steht, ist nicht alles Quatsch, nur die Herausforderung ist eben, die Spreu vom Weizen zu trennen und noch zu erkennen, wo haben eigentlich Leute was gemacht, wo steckt jemand dahinter, der eine eigene Meinung hat oder ist es die Meinung der KI. Das ist leider mitunter gar nicht so einfach zu unterscheiden.
KI-Werkzeuge im Redaktionsalltag
Isabel: Werden wir mal konkret. Das findet wahrscheinlich auch unser Publikum am interessantesten. Und wir tun jetzt einfach mal so, als wĂĽrde ich nicht in der Redaktion arbeiten und gar nichts darĂĽber wissen, was fĂĽr Tools wir einsetzen. Torsten, wie nutzt du denn zurzeit KI im Arbeitsalltag?
Torsten: Ich ganz persönlich nutze sie vor allen Dingen, also ich habe am Montag eine Präsentation gemacht. Die besteht aus einem Konzept, das hat ungefähr 60 Seiten. Daraus ist diese Präsentation entstanden. Und wir haben einfach, um in diese Präsentation einzusteigen, die Präsentation selbst und das Konzept, also die 60 Seiten, in NotebookLM von Google geschmissen. Und daraus ist ein Video entstanden, das in 6 Minuten 60 Seiten, relativ komplexe Präsentationen, in ein ganz gutes Erklärvideo verwandelt. Mit kleinen Fehlern, mit kleinen, sagen wir mal, auch Merkwürdigkeiten, aber so, dass man in sechs Minuten ganz gut versteht, worum es in diesem doch recht aufwendigen Konzept geht. Also für solche Dinge kann man KI benutzen. Ansonsten natürlich die Möglichkeit, sich komplexe Themen zusammenfassen zu lassen, auch vielleicht mal schnell etwas zu beantworten oder Daten zu strukturieren. Was mir wirklich so im Alltag hilft, ist, einfach Geschwindigkeit zu gewinnen, also schnell zehn Gedanken in Spiegelstrichen zusammenzuhacken und daraus entsteht eine vernünftig lesbare E-Mail, die man auch in eine Runde schicken kann. Also überall da, wo es mir hilft, meine Gedanken irgendwie zu strukturieren und daraus irgendwas zu machen, was ich mit jemandem teilen kann, nutze ich KI quasi täglich.
Isabel: Und in welchen Phasen des redaktionellen Prozesses kommt KI bei uns bei heise zum Einsatz, Volker?
Volker: Also, wie gesagt, ich hatte ja schon angesprochen, das Thema Transkription, also da auf jeden Fall. Wir nutzen auch Language Tools zum Beispiel, um Rechtschreib- und Grammatikkontrolle zu machen. Momentan noch, ich bin nicht sicher, ob das noch Zukunft hat, so ein separates Tool, weil die LLMs da inzwischen sehr, sehr gut sind und ähnlich eingesetzt werden können. Also, da verwenden wir es. Wir verwenden auch LLMs, um zum Beispiel Artikel deutlich schneller ins CMS (Content Management System von heise online, Anm. d. Red.) zu bekommen. Und zwar, indem man ein, sag ich mal, nur rohformatiertes Manuskript hat, von einem Autor oder eine Agenturmeldung oder irgend so etwas. Und das ist normalerweise eine Klickarbeit für die Redaktion, diese Sachen dann ins CMS zu bekommen. Und da hat ein Kollege was gebastelt, mit dem das sehr, sehr einfach geht. Da wirft man diesen Text rein, man klickt nur einmal und dann wird das Ganze im CMS ausgefüllt, inklusive so Metadaten, die sozusagen vorbelegt werden, damit der Redakteur oder die Redakteurin dann schauen kann, ist das alles so richtig, Titelvorschläge und sowas werden gemacht, weil man da manchmal so ein bisschen ideenlos ist. Die Idee dabei ist natürlich, die nicht einfach stehen zu lassen, sondern dass die Leute dann gucken und wie gesagt, es geht dabei ohnehin um Autorenmanuskripte, also vorhandene Inhalte, die wir haben in unser Content-Management-System bekommen. Also da wird das sehr, sehr gerne genutzt. Wir nutzen das fürs Fact-Checking, denkt man ja manchmal erst mal nicht, man denkt ja immer, KIs halluzinieren, aber nur, wenn man sie, ich sage so gerne, wenn man sie falsch hält, dann passiert das. Tatsächlich geht es mit den Recherche-Prompts, die man so bauen kann, inzwischen sehr, sehr gut, eben auch Fakten zu checken, sodass man halt im Prinzip schauen kann, dass man, bevor man einem menschlichen Gegenleser oder einer fachkundigen Kollegin oder Kollegen etwas gibt, schon mal grobe Fehler rausnehmen kann, die einem selber nicht aufgefallen sind. Und man stellt immer wieder fest, wenn man so eine KI drüber laufen lässt, man hat doch immer Fehler gemacht. Also für solche Dinge unter anderem wird es genutzt. Und natürlich benutzen wir es für Bilderzeugung, weil wir halt viel mehr Inhalte produzieren als früher und da auch Bilder brauchen. Wobei wir gesagt haben, im nachrichtlichen Bereich wollen wir das nicht. Aber wenn es sozusagen um Ratgebertexte und andere Themen geht, wo es nicht um Produkte geht, die man fotografieren müsste, oder wo Menschen darauf vorkommen können, die irgendwie im realen Leben eine Relevanz haben, dann machen wir das auch mit KI-Aufmachern. Wo dann unsere Grafiker natürlich nicht nur einfach einen Prompt reinwerfen, sondern danach noch deutlich weiter bearbeiten.
Torsten: Ich glaube, was tatsächlich ganz wichtig dabei ist, wir nutzen KI, um bessere Texte zu produzieren. Wir nutzen KI aber nicht, um Texte zu produzieren. Ich glaube, das ist so genau die Grenze, an der wir dann halt sagen, wir wollen das als Hilfsmittel und als Werkzeug da einsetzen, wo es uns letztendlich auch oft lästige Aufgaben abnimmt. Also das, was Volker gerade erzählt hat, das ist nicht vergnügungssteuerpflichtig, alle Felder in dem Content-Management-System auszufüllen. Es macht viel mehr Spaß, zu recherchieren, einen guten Text zu schreiben und sich darauf zu konzentrieren. Und diese Aufgaben loszuwerden, ist etwas, was einfach, ja, das ist wirklich was, das hilft uns.
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Das hauseigene KI-Tool als strategische Entscheidung
Isabel: Jetzt haben wir bei Heise auch ein eigenes Tool, ĂĽber das wir auch auf verschiedene Sprachmodelle Zugriff haben. Warum haben wir uns gerade auch fĂĽr die Redaktion fĂĽr ein eigenes Tool entschieden und nicht einfach gesagt, wir nehmen halt dieses bestimmte Sprachmodell X?
Torsten: Also das ist vor allen Dingen eine Frage von Kontrolle. Man kommt ganz schnell an Grenzen von Datenschutz, von wer hat eigentlich Zugriff auf diese Informationen. Wir als Redaktion haben ein erhöhtes Bedürfnis daran, dass bestimmte Informationen nicht einfach irgendwie als Trainingsdaten verwendet werden. Also erstmal so dieses Kontrollthema. Dann ist es auch etwas, wir müssen das einfach selber lernen und können. Also das ist auch tatsächlich was. Wir haben in der Vergangenheit oft Werkzeuge eingekauft, aber es gab hier, ich glaube insbesondere bei heise online und der c’t-Redaktion schon immer ein großes Bedürfnis, auch Sachen selber zu verstehen und selber zu machen. Und mit dem Team, das hier im Haus von heise I/O ein eigenes Tool entwickelt, mit dem man arbeiten kann, haben wir natürlich viel, viel mehr Einfluss darauf, was wir da entwickeln und wie wir das entwickeln und können mit den Kollegen, die daran arbeiten, permanent im Gespräch sein. Und insofern ergibt das total viel Sinn, da auch selbst zu investieren und auch selbst sich Gedanken zu machen, was man eigentlich insbesondere als Medienhaus braucht, aber auch nicht nur als Medienhaus, weil tatsächlich Medienproduzent ist im Prinzip ja inzwischen jeder. Also auch ein Schraubenfabrikant hat im Zweifelsfall irgendeinen Social-Media-Kanal und braucht dafür Inhalte. Das heißt, jeder bewegt sich irgendwie in diesem Bereich. Uns fällt das vielleicht als Redaktion ein bisschen leichter, einen Text zu schreiben. Es hilft uns aber natürlich, auch wenn man mit solchen Tools und auch mit unseren eigenen Tools arbeitet, zum Beispiel Derivate von Inhalten zu erstellen, also aus langen Artikeln andere Formate zu machen. Ich habe einen Artikel geschrieben, der ist zehn Seiten lang, den kann man ganz toll drucken und den kann man auch im Internet sehr gut nutzen, aber der ist noch kein gutes Videoskript und mit der richtigen Unterstützung kann halt auch jemand, der keine große Erfahrung darin hat, Videoskripte zu erstellen, zumindest schon mal so ein Rohkonzept erstellen mit einem guten Prompt. Und da haben wir dann auch nicht das Problem, dass wir uns da inhaltlich Gedanken machen müssen, dass die KI irgendwie Fehler macht, weil der Kollege oder die Kollegin, die den Text geschrieben hat, sitzt halt davor, die sich auskennt und die kann dann auch relativ schnell beurteilen, ist dieses Skript erst mal jetzt so als Basis gut, passt da inhaltlich alles, dann kann man da nochmal drüber gehen und man spart sich da einfach Zeit für Dinge, die dann einfach mehr Spaß machen, das, was ich eben schon sagte. Also letztendlich die Recherche, die richtigen Inhalte aufbereiten, gute Ideen haben, ist halt am Ende wichtiger als drei Stunden an einem Skript rumzuschrauben.
Volker: Da haben wir ja auch ein super Beispiel, fällt mir gerade ein, insbesondere eins, das dich ja selber betrifft, Isabel. Wir haben ja da auch noch einen Anwendungszweck, den ich vorhin unter anderem vergessen hatte. Wir nutzen ja deine digitalisierte oder trainierte Stimme, von der du ja vielleicht auch gleich noch mal was zu sagen kannst. Du sagst ja immer, das bist nicht du, das stimmt. Für uns klingt sie aber sehr ähnlich wie du, weil sie halt eine ähnliche Tonalität und Stimmfarbe etc. hat. Die nutzen wir ja, um zum Beispiel Kurz informiert zu machen, den werktäglichen Podcast von uns, den News-Podcast. Da werden halt aus unseren Nachrichtenartikeln Derivate gemacht, sozusagen als kurze Sprechtexte, und die werden dann wiederum von deiner trainierten Stimme als Podcast wiedergegeben. Und tatsächlich funktioniert das erstaunlich gut. Und hat dir natürlich Zeit verschafft, Dinge, die mehr Spaß machen, zu tun, nämlich zum Beispiel eine Staffel Bits und Böses wieder zumachen oder jetzt zusammen mit dem Kollegen die deutsche Version von Darknet Diaries. Also, das hättest du ja zeitlich überhaupt gar nicht hinbekommen.
Isabel: Oder auch das KI-Update.
Volker: Oder das KI-Update. Ach Gott, ich vergaĂź. Genau, das KI-Update.
Isabel: Ja, das stimmt. Also, ich glaube, es ist für jeden befremdlich, wenn man die eigene Stimme hört, die nicht wirklich hundertpro die eigene Stimme ist. Ich bin auch sehr froh, dass sie das nicht ist und ich hoffe auch, dass die KI-Stimmen noch möglichst lange so bleiben, dass sie zwar nett sind für so kurze Formate, aber sobald man ihnen länger zuhört, merkt man sehr schnell, dass sie nicht hundertpro verstehen, was sie da erzählen.
Skeptische Neugier: Der Umgang mit neuen Technologien und internen Vorbehalten
Torsten: Das merkt man aber tatsächlich gerade so, wenn es um eher die Informationsvermittlung geht. Also wenn wir jetzt ein gutes Gespräch führen, dann führe ich das lieber mit einem Menschen und nicht mit einer künstlichen Stimme, ganz klar. Aber ich sitze sehr oft morgens im Auto und höre deine synthetische Stimme und für die kurze Vermittlung von Informationen passt das finde ich ganz gut. Und sich dann darauf zu konzentrieren, also da geht es ja wirklich darum, Nachrichten vorzulesen. Wenn man dann tatsächlich ins Gespräch geht mit Menschen und man diese Zeit dann überhaupt dafür hat, das zu tun, ist es, glaube ich, ein guter Kompromiss, zu sagen, die einfachen kurzen Dinge, die funktionieren so und jetzt führen wir lieber ein Gespräch von Mensch zu Mensch und nicht von KI zu Mensch.
Isabel: Ja, das sehe ich auch so. Und ich hoffe, das bleibt auch noch lange so. Volker, du hattest erzählt, dass dich auch die Bildgeneratoren und so, dass da einfach auch ein privates Interesse und Faszination dabei war. Jetzt kommen fast täglich tausend neue Tools auf den Markt. Wo ist so die Grenze, die ihr zieht, wo ihr sagt, ja, das müssen wir ausprobieren, das wäre total cool und wo ist es zu gefährlich? Davon lassen wir lieber die Finger, Volker.
Volker: Ja, gefährlich wüsste ich jetzt noch nicht unbedingt. Im Prinzip ist es ja auch unsere Aufgabe, diese Sachen zu prüfen. Also auch wenn Dinge da sozusagen veröffentlicht werden, von denen wir erst mal sagen, um Gottes willen, das ist ja grauenhaft oder so. Keine Ahnung. Ich mag jetzt gar kein Beispiel nennen, weil dann habe ich jetzt irgendwie einen Gedanken drin. Aber natürlich ist es unsere Aufgabe als Journalisten, da auch reinzuschauen, zu prüfen. Ist das überhaupt richtig? Gibt's das? Funktioniert das wirklich so? Ist das so kritisch, wie man da jetzt anmerkt? Weil genau diese Problematik ja auch da ist. Du kriegst teilweise lauter Unfug aus der Welt. Das nutzen halt ganz viele Leute und tun so, als hätten sie ganz tolle KI-Tools oder ganz schlimme KI-Tools. Und dann stellt sich manchmal raus, dass das halt überhaupt nicht wahr ist. Deswegen, das ist unsere Aufgabe, so was zu prüfen. Und dann im Zweifel natürlich auch darüber etwas zu schreiben oder in irgendeinem anderen Medienformat zu veröffentlichen. Aber natürlich müssen wir auch vor Dingen warnen. Also das ist natürlich auch völlig klar. Es gibt halt Tools, die für Sexploitation etc. benutzt werden. Da muss man halt vor warnen. Und da muss man vor allem die Leute sozusagen befähigen, solche Dinge zu erkennen und dann auch die richtigen Wege zu finden. Wie melde ich das? Wie gehe ich eigentlich gegen solche Dinge vor? Das sind ja dann Aufgaben des Journalismus, solche Sachen zu klären und im Idealfall dann auch die Politik auf solche Sachen hinzuweisen.
Isabel: Jetzt haben wir gerade bei der c’t viele Kolleginnen und Kollegen, die schon sehr, sehr lange mit dabei sind und die vieles mitgemacht haben und sehr routiniert in ihrer Arbeit und absolute Experten in ihren Feldern sind. Gab es intern bei der Einführung bestimmter Tools Skepsis oder Widerstand gegen die Nutzung von KI? Wie seid ihr damit umgegangen, Torsten?
Torsten: Also Skepsis erwarten wir geradezu, weil ehrlich gesagt, das ist der Job der Leute. Wenn irgendwie neue KI-Tools auf den Markt kommen, dann gibt es eine Neugier bei allen, glaube ich. Und gleichzeitig schwingt da auch immer eine Skepsis mit, nämlich das zu verstehen, was da passiert. Also, weiß ich nicht, Anfang des Jahres, als DeepSeek, die chinesische KI, irgendwie verfügbar wurde, dann ist natürlich erst mal das Okay, man will das ausprobieren, das ist irgendwie spannend und gleichzeitig findet man dann eben auch heraus, dass die chinesische KI Fragen nach dem Platz des himmlischen Friedens irgendwie nicht beantworten mag. An solchen Dingen eben auch, wir gehen da natürlich auch immer mit einer großen Neugier, aber natürlich auch immer mit einem sehr kritischen Blick dran. Ganz ehrlich, alle Menschen, die Inhalte erstellen, bei denen schwingt eine gewisse Beunruhigung mit, braucht man mich in Zukunft noch. Und ich kann da die ganz einfache Antwort darauf geben: Ja, weil Recherchieren, Testen, Menschen anrufen, nachfragen, komplexe Zusammenhänge verstehen und erklären, da kann KI bei helfen, das wird KI so schnell nicht ersetzen können. Und ich verstehe, wenn man da auch durchaus sich gewisse Sorgen macht. Was ich erlebe, ist, dass viele in den Redaktionen Lust haben, damit rumzuprobieren. Das ist keine Altersfrage. Also wir haben hier viele Leute, die sehr, sehr tief in Themen drin sind, die auch sehr, sehr lange dabei sind und für die es ganz normal ist, auch KI als Hilfsmittel zu nutzen oder eben auch tatsächlich KI zu verstehen, zu erklären, Große Sprachmodelle. Also wir sind eben nicht nur Nutzer hier in der Redaktion, sondern wir versuchen natürlich auch, das zu verstehen. Wir kümmern uns auch um die Fragen, auf welcher Hardware läuft das? Wie kann ich das vielleicht zu Hause lokal betreiben? Welche Risiken stecken da drin in Sachen Datenschutz und Sicherheit? Alles rund um die Regulierung, die Abhängigkeit von Tech-Anbietern. Wo findet die KI Kreativitätsgrenzen? Sind wir vielleicht doch an einigen Stellen noch viel kreativer? Also wir probieren damit rum. Und ich glaube gerade hier in den Redaktionen ist sowas wie Skepsis oder auch so eine gesunde, wir gucken uns das erst mal genau an und wir wollen das erst mal komplett verstehen, bevor wir das tatsächlich gut finden. Das gibt es hier schon, aber die Neugier ist auf jeden Fall ganz, ganz groß. Aber ich habe auch in vielen, vielen Runden schon gehört, ja, die KI macht viele Fehler. Und ja, das ist so, deshalb muss man echt gut aufpassen, wo man das einsetzt. Und wenn ich so erlebe, dass Menschen Tools wie ChatGPT wie Suchmaschinen benutzen und sich auf die Antwort, die da rausfällt, verlassen, dann wundert man sich manchmal. Also ich weiß nicht, was habe ich gestern gesehen? Hat jemand Google Gemini gefragt, ist 2026 das Jahr nach 2025? Und die Antwort war nein, weil dieses Jahr ist 2025 und 2026 ist erst das übernächste Jahr.
Volker: Da ist Gemini ja auch besonders gut, also die schaffen echt immer so Klöpse zu bringen, da fällt einem gar nichts mehr zu ein.
Die schwierige Messung von Produktivitätsgewinnen
Torsten: Das sind sicherlich Dinge, die irgendwann auch mal weggehen werden, aber wenn man das halt so sieht, an so ganz einfachen Dingen, je komplexer es wird und je weniger ich selber die Inhalte verstehe, desto anfälliger bin ich dafür, auf Fehlinformationen reinzufallen oder auf Annahmen, die die KI trifft, aber nicht formuliert, reinzufallen. Insofern ist, glaube ich, tatsächlich auch für uns der beste Weg, dass die Leute, die die Inhalte auch erstellt haben, sprich die haben den Artikel geschrieben, die Tools selber nutzen und zum Beispiel daraus, ich sag mal, einen Social-Media-Post generieren oder vielleicht eben ein Skript für ein Video, weil die nämlich eben, die drücken nicht einfach nur auf den Knopf und sagen, ach ja, das ist ja super, was da rausgekommen ist, sondern die können eben auch, weil sie die Experten jeweils in ihren Gebieten sind, sehr schnell übersehen, ob das, was daraus entstanden ist, dann tatsächlich fachlich, inhaltlich auch hilft. Und wenn es bei der Formatierung uns hilft oder weil man vielleicht irgendwie eine Präsentation schnell erstellen kann. Meine Aufgabe ist es nicht, Präsentationen zu erstellen, aber ich muss es trotzdem ständig machen. Ja, und das ist super. Das ist super, wenn ich selber nachdenken kann, aber mir jemand mehr hilft, dass die Präsentation am Ende gut aussieht und gut strukturiert ist, dann kann ich da sehr gut mit leben und ich glaube, das ist auch das, was hier in den Teams so der Blick darauf ist.
Isabel: Jetzt hört man relativ häufig und wir berichten auch im KI-Update immer mal wieder über neue Studien, dass Unternehmen, gerade in Deutschland, KI zwar einsetzen wollen und es auch tun, es aber wahnsinnig schwer ist, irgendeine Art von Produktivitätsgewinn festzustellen. Volker, habt ihr da irgendwie Kennzahlen? Merkt ihr, dass es was bringt oder ist das ein langer, langsamer Prozess?
Volker: Also ich würde erst mal anfangen, warum viele das wahrscheinlich nicht so direkt als Produktivitätsgewinn sehen, ist, weil natürlich die meisten Unternehmen bestimmte Toolsets benutzen, mit denen sie lange Zeit schon arbeiten, und das ist ganz oft natürlich auch aus dem Microsoft-Kosmos, dann hat Microsoft seinen Copilot überall reingesteckt, aber die Produkte, die damit, sag ich mal, erweitert wurden, sind alle noch nicht so ausgereift gewesen, dass es wirklich gut funktioniert. Und dann ist es halt anders als wie bei Torstens Beispiel, wo man jetzt sagt, wow, das ist ja cool, dass man so ein Fünf-Minuten-Erklärvideo kriegt, ohne groß was dafür getan haben zu müssen. Und das ist halt ganz oft in den Standardabläufen ja nicht so. Wenn ich also bestimmte Arbeitsabläufe habe, dann muss die KI ja da den Mehrwert bringen, damit sie entlasten kann. Und das war oft nicht tief genug integriert. Da stellen wir halt auch fest, wir kriegen jetzt erst größere, ich sage mal, Effizienzgewinne eben durch solche unterstützenden Tools, die eben helfen, die Sachen schneller in ein Content-Management-System zu kriegen, wo man das Transkribieren hat, wo man vorher halt Tage oder Stunden dran gesessen hat. An den Stellen sehen wir Produktivitätsgewinne, aber ansonsten ist es so, dass auch je nachdem, in welchem Arbeitsfeld zum Beispiel ein Redakteur bei uns unterwegs ist, da auch die Effizienzgewinne total unterschiedlich sind. Also es kann sein, dass es im Newsroom deutlich leichter ist, Effizienzgewinne zu haben, als zum Beispiel, wenn ich Hardware teste. Da passt KI da erstmal nicht in den Workflow rein. Und dann ist ja auch die Frage, was kann sie denn tun? Und wie Torsten sagte, bei manchen Dingen ist es dann ja auch eine Herausforderung, dass die KI dann auch das tut, was ich eigentlich so möchte, dass sie tut. Und das ist auch was, was man lernen muss. Also deswegen kann ich das nur unterstreichen, was Torsten gesagt hat. Für uns ist es super wichtig, dass wir persönlich mit diesen Dingen umgehen und lernen und auch die Herausforderungen und Schwierigkeiten der KIs sehen. Also an welchen Stellen kommen die einfach nicht weiter. Es ist ja bis heute so, dass die meisten KIs daran scheitern, zu sagen, wie viele 'E's im Wort Erdbeere sind, auf der anderen Seite aber in der Lage sind, Abiklausuren zu lösen. Und das ist halt, ja, das klingt ja erstmal komplett schizophren. Und das ist was, das lernt man nur, man lernt also die Unzulänglichkeiten der KI nur zu verstehen, wenn man mit ihr arbeitet. Und erst dann kann man rausfinden, wie kann ich es eigentlich für meinen eigenen Workflow nutzen. Und ich glaube, das ist einer der Gründe, weswegen so viele erstmal gar nicht Produktivitätsgewinne an irgendeiner Stelle gesehen haben, weil alle gedacht haben, super, KI kann das doch alles, und dann feststellen, so einfach ist das nicht. Man muss halt die KI wirklich dahin zwingen, das zu tun, was man eigentlich braucht, um dann Effizienzgewinne zu sehen. Und das ist, glaube ich, in der Redaktion bei uns genauso und hat deswegen auch länger gedauert, als wir dachten, weil man eben, ja, das Beispiel Social-Media-Post nicht auf jeden übertragen kann. Das funktioniert grundsätzlich, das ist was, wo man sieht, guck mal, da könnte ich was gewinnen. Aber wenn der Redakteur oder die Redakteurin halt ganz andere Aufgaben hat, die in ihrem Alltag die Zeit kosten, dann sieht man halt, dass dieser einzelne Prozess einem nicht viel bringt. Da vertut man sich halt gerne. Deswegen glaube ich, ist es eine Herausforderung.
Torsten: Und wir haben auch tatsächlich in allen Bereichen Probleme, also wir reden jetzt ja über LLMs und wie gehen wir mit Texten und so um. KI kann ja inzwischen schon deutlich mehr, also weiß ich nicht, digitale Zwillinge von Fabriken erstellen und so. Ich glaube, wo alle Unternehmen, die jetzt nicht unbedingt Medienproduktion machen, aber wir sind da natürlich auch von betroffen, im Zweifelsfall erstmal merken, so schnell geht das nicht voran, weil die Schnittstellen letztendlich fehlen und die strukturierten Daten, weil Unternehmen eben bisher nicht in APIs gedacht haben und wie kann ich die Daten untereinander austauschfähig machen und wie bringe ich die zusammen und wie kann das Tool Daten erfassen und sie woanders sichtbar machen. Man hat eher so in einzelnen Lösungen gedacht. Ich will das und das sehen, dafür habe ich das Tool, da gucke ich rein und dann sehe ich das. Wenn man wirklich mit KI da Fortschritte machen will, beziehungsweise auch Effizienzgewinne machen will, dann muss man erstmal diese Daten irgendwie strukturiert zur Verfügung stellen und dann ist es am Ende auch so, wir machen hier hochindividualisierte Dinge. Sehr, sehr unterschiedliche Arten von Themen, sehr, sehr unterschiedliche Themen. Hier kann auch nicht jeder alles, das heißt, jeder ist hier so ein spezielles Rädchen in der großen Maschine. Richtig Spaß, in Anführungsstrichen, macht das erst, wenn sehr viele Leute sehr ähnliche Dinge tun. Also, wenn man irgendwie in einem Unternehmen 500 Controller hat, die dafür sorgen, dass die Zahlen stimmen, dann kann man gut investieren, um da vielleicht irgendwie effizienter zu werden. Diese Art von Skalierung, die hat man in der Redaktion am Ende auch nicht.
Herausforderungen fĂĽr die Medienlandschaft und ein Blick in die Zukunft
Isabel: Gibt es Tätigkeiten, wo du sagst, Torsten, das bleibt auf jeden Fall in menschlicher Hand?
Torsten: Es bleibt alles in menschlicher Hand. Also überall, wo bei uns ein Text entsteht, da steht immer ein Name drüber und das ist mehr als Human in the Loop, das machen Menschen. Und diese Menschen nutzen, so wie sie einen Stift nutzen und einen Computer nutzen, nutzen sie an einigen Stellen auch KI. Also zum Beispiel, eine Kollegin fährt raus, führt ein Interview, hat davon eine Audioaufzeichnung. Da ist das natürlich ein totaler Gewinn, wenn ich das in eine Maschine reinschmeißen kann und dann kommt da ein strukturierter Text raus, an dem ich arbeiten kann. Und den kann ich dann nochmal glattziehen. Die Leistung ist, das Interview geführt zu haben, kluge Fragen gestellt zu haben, vorher recherchiert zu haben und das am Ende nachher so zusammenzustellen, dass es Spaß macht, das zu lesen. Die Leistung ist ja nicht, das abzutippen. Das heißt, an der Stelle ist das total, total hilfreich. Manchmal ist es einfach hilfreich, eine gute Illustration schnell zu erstellen. Wenn sich da jemand darüber Gedanken macht, was muss denn da abgebildet sein, auf welche Weise, und dafür eine generative Bild-KI nutzt, um nachher eine coole Illustration zu haben, super. Aber wenn es darum geht, einen guten Text zu schreiben, gute Fragen zu stellen, zu recherchieren, zu testen, all das, was uns hier als Redaktion ausmacht, da hilft uns KI tatsächlich auch gar nicht. KI hilft uns dann im Zweifelsfall zum Beispiel, weiß ich nicht, ein Wissenschaftsredakteur, der eine ganze Handvoll Papers lesen muss, der kann so ein Paper erstmal in die KI schmeißen, um mal eine Zusammenfassung zu bekommen, ob das vielleicht irgendwie spannend sein könnte und ob das ihm irgendwie weiterhilft. Und dann kann man tatsächlich da tiefer reingehen. Was nicht passieren wird, ist, dass ein Wissenschaftsredakteur ein Paper irgendwo reinwirft und da fällt dann ein Artikel raus. Das wollen wir nicht und das ist auch nicht unser Anspruch und das ist es ehrlich gesagt auch nicht das, was unsere Leser von uns erwarten. Die erwarten nämlich Einschätzung und die Expertise der Kolleginnen und Kollegen. Ansonsten ist es tatsächlich so, dann braucht man uns nämlich tatsächlich nicht mehr, weil dann kriegt man so ein gesundes Mittelmaß. Das kann dann im Zweifelsfall jeder. Das, was hier an Expertise in der Redaktion ist, das kann eben KI tatsächlich nicht.
Isabel: Volker, wie kennzeichnen wir KI ganz klar? Ab wann kennzeichnen wir KI, wie erkennen unsere Leserinnen und Leser das?
Volker: Also wir kennzeichnen jedes Aufmacherbild, wo KI den wesentlichen Teil erzeugt hat, sozusagen. Und natürlich steht da aber auch dran, wer es dann weiter bearbeitet hat, zum Beispiel. Wenn wir reine KI-Texte haben oder hätten, dann ist das auch so, dass wir das da dran schreiben. Zum Beispiel machen wir das bei Übersetzungen. Wir haben einen Teil von heise online auch auf Englisch übersetzt. Das machen wir auch mithilfe von LLMs. Da guckt danach zwar noch jemand drüber, aber wir schreiben trotzdem extra dann dran, Achtung, diese Artikel sind, ich sag mal, semi-automatisch übersetzt, weil ich meine, zwar guckt einer drüber, aber das Eigentliche ist halt natürlich eine Übersetzung, die eben durch die Maschine passiert ist, da schreiben wir das auch dran. Ansonsten wäre es so, und da ist es immer so ein bisschen schwierig, weil da diskutieren immer alle gerade drüber, wie muss man das eigentlich machen, auch vor dem Hintergrund der Kennzeichnungspflicht, die nächstes Jahr wegen des AI-Acts in Kraft tritt. Wie viel KI darf denn drin sein? Und wir sagen dann immer, okay, wie sollen wir denn das so definieren, dass die Leute nicht sagen, ich darf sie gar nicht nutzen oder ich nutze sie nur noch? Deswegen haben wir halt gesagt, ein Artikel ist immer so, wie es Torsten gesagt hat, die Redaktion, die Redakteure, die da drüber stehen, die haben die Verantwortung. Wir wollen nicht, dass jemand einen kompletten Artikel aus der KI generiert. Die KI ist quasi ein Hilfsmittel und im Prinzip kann man sagen, wir wollen nicht, dass Absätze zum Beispiel komplett aus der KI fallen. Der Artikel soll im Grundgerüst natürlich von dem Menschen auf jeden Fall geschrieben sein. Und es kann nicht sein, dass irgendwie eine KI sozusagen den Artikel vorgibt und ich gucke nur noch einmal drüber und bin fertig. Das kann nicht das Ziel sein. Der Witz ist allerdings, dass sich alle sehr, sehr schwer tun. Ab wann muss man denn diese Kennzeichnung machen? Also ich lese das die ganze Zeit, weil wir das auch für die Redaktion nochmal transparent machen müssen. Da kann man gar keine harten Grenzen nehmen. Man kann nämlich nicht so ein Tool nehmen und sagen, so 30 Prozent dürfen KI sein, das ist halt irgendwie Quatsch. Und deswegen, Torsten hat es ja auch eben schon gesagt, bei uns sitzen Experten für bestimmte Themen und wir haben zum Glück gar nicht die Sorge, dass die Leute auf die Idee kommen zu sagen, ich mach jetzt meinen ganzen Kram mit KI, weil die Arten der Artikel in den allermeisten Fällen sich nicht mit KI schreiben lassen. Aber wie gesagt, man darf sich unterstützen lassen und da muss ich dann auch nicht drüber schreiben, dass es KI gewesen ist. Also zum Beispiel vielleicht als Ergänzung zu Torsten noch. Was KI auch super kann, ist, einen Artikel, den ich geschrieben habe, anschauen, analysieren und feststellen, da hapert es mit dem roten Faden, oder da sind noch Fragen offen, und dann kannst du auf jeden Fall, und das ist, glaube ich, die Maxime von uns, den Artikel besser machen. Also natürlich muss man nicht in jedem Artikel alle Fragen beantworten, dann hat man ein Mammutwerk, das wollen wir gar nicht, aber das inspiriert vielleicht für weitere Recherchen, das inspiriert zu weiteren Artikeln, und das ist das, was uns dann weiterhilft, auch nochmal Fragen zu beantworten, bevor die Leser uns dieselben Fragen stellen. Weil das ist ja das, wir wollen ja nicht, dass die Leute nachher, wenn sie einen Artikel gelesen haben, mit offenen Fragen da stehen. Und das heißt, da hilft die KI natürlich auf jeden Fall weiter. Aber grundsätzlich wollen wir keine KI-generierten Artikel haben, und wenn sie KI-generiert sind, dann kennzeichnen wir es auch. Es gibt ja Artikelformen, wo es durchaus sinnvoll sein könnte, wenn wir sozusagen umformulierte Sachen haben, oder deine KI-Stimme was vorliest. Da ist es ja auch sehr klar, das wird so anmoderiert, dass es die KI-Stimme ist.
Isabel: Kommt KI auch irgendwie bei uns zum Einsatz, um mit den Leserinnen und Lesern besser, unmittelbarer in Kontakt zu treten, Torsten?
Torsten: Ah, jein. Also wir haben so ein kleines Experiment am Laufen. Quasi der heise-Chatbot, der es ermöglicht, auf das Archiv zuzugreifen und quasi das gesammelte Wissen der letzten 40 Jahre zu nutzen und Fragen zu stellen. Und wir denken natürlich darüber nach, wie wir solche Tools auch unseren Lesern sinnvoll zur Verfügung stellen können und wie wir darüber auch Interaktionen schaffen können oder auch andere Einstiegspunkte. Am Ende ist das gar nicht so einfach, weil dieser Anspruch, dass wir coole Produkte machen wollen, wir wollen aber vor allen Dingen auch richtige Inhalte vermitteln. Solange wir das an der Stelle dann nicht garantieren können, tun wir uns dann halt auch wieder, ich sag mal, wir tun uns ein bisschen schwer. Wir sind da nicht einfach so, dass wir sagen, naja, wir veröffentlichen das erstmal, mal gucken, was wohl passiert, sondern wir haben natürlich auch einen Anspruch daran, wenn wir das unseren Lesern, unseren Abonnenten anbieten, dass wir dann sagen, ja, hier hast du auch ein Tool, da kannst du dich genauso drauf verlassen, wie auf das, was du sonst bei uns gewohnt bist. Und das ist noch schwierig.
Volker: Das ist die Frage, ob das überhaupt jemals wirklich vollständig funktionieren kann. Ich glaube, das muss man immer mit einer Prise Salz sehen, was aus der KI rauskommt. Wir können es halt nicht garantieren. Das ist halt nicht deterministisch in dem Sinne. Also schon relativ, aber halt nicht vollständig. Und deswegen ist es halt so ein bisschen doof, wenn man sozusagen Falschantworten erzeugen würde. Und die Leute haben natürlich einen großen Spaß daran. Also wir sind ja nicht nur so in der Redaktion, sondern unsere Leserinnen und Leser sind ja auch so wie wir, so ein bisschen skeptisch, so ein bisschen genauer hinschauend. Und die wollen natürlich dann direkt aus so einem Chatbot rauskitzeln, dass da halt Quatsch bei den Antworten entsteht. Und das macht's natürlich auch nicht einfacher. Also dann kriegen wir das halt um die Ohren gehauen, das Ding.
Isabel: Jetzt hattet ihr schon mal am Anfang erwähnt, die Suche mit KI-Suchmaschinen beziehungsweise KI-Antwortmaschinen macht es für Medienhäuser generell nicht unbedingt einfacher. Würdet ihr euch Regelungen oder Einschränkungen zum Einsatz von KI im Journalismus wünschen, die von staatlicher Seite, von EU-Seite durchgesetzt werden, Torsten?
Torsten: Na ja, wir leben im Moment in einer Zeit, in der Unternehmen die Inhalte von Medien nehmen, sie verarbeiten und ohne jede Quellenangabe, Lizenzierung, Bezahlung verwerten und ihren Kunden wiederum teilweise einfach gegen Geld zur Verfügung stellen. Sprich, unsere Seiten werden gescraped, unsere Inhalte werden gescraped und damit werden Modelle trainiert, die am Ende es überflüssig machen, im dümmsten Fall, zu uns zu kommen. Das ist so das Grundszenario. Und das sieht ein bisschen wie das Ende des Urheberrechts aus, so wie es momentan passiert. Insofern, wenn wir auch in Zukunft noch Journalisten haben wollen und eine unabhängige Presse, dann wird man auch auf regulatorischer Ebene etwas tun müssen, weil so wird das nicht funktionieren. Schlicht und ergreifend, weil es uns dann irgendwann immer schwerer fallen wird, den Journalismus, den wir machen, auch zu bezahlen. Denn hier arbeiten mehr als 100 Leute in der Redaktion, die wir bezahlen wollen und müssen. Und wenn wir diese Expertise auch in Zukunft haben wollen, dann müssen wir die auch anständig bezahlen. Und dementsprechend wird das halt schwierig, wenn da keiner mehr zu uns kommen muss, weil die KI letztendlich einmal unsere Inhalte abgegriffen hat und die paraphrasiert wieder rauswerfen kann. Also ja, es wäre eine gute Idee, und zwar gar nicht so sehr für uns als Unternehmen, aber auch für uns als Gesellschaft, dass wir eine Antwort darauf finden, wie kriegen wir es denn hin, auch in Zukunft Journalismus finanzierbar zu machen? Es wird am Ende nicht reichen, dass irgendwo in irgendeiner KI-Zusammenfassung fünf kleine Links auftauchen. Das ist schon mal besser als nichts. Das wird aber nicht dazu führen, dass man eine Monetarisierung als Unternehmen und als Publisher oder als Verlag hinbekommt, mit der man am Ende auch qualifizierte Journalisten langfristig bezahlen kann.
Isabel: Volker, welche Risiken machen dir denn so am meisten Sorgen? Ist es da mehr die Desinformation, die Halluzination, der Bias oder auch schlicht der Verlust von Vielfalt in der Medienlandschaft?
Volker: Ja, alles. Also relativ, nein, es ist recht einfach zu antworten. Ich wollte nur noch kurz bei dem Thema eben ergänzen. Wir hatten sowas ja in ganz kleinem, im Vergleich dazu, schon vor Jahren, als es nur um die Google Snippets ging. Also Google nimmt sich Texte von uns, zeigt sie in den Suchmaschinen an. Da war aber noch mehr Vorteil für uns als Publisher zu sehen, weil wir sozusagen über die Google Suche Reichweiten erzeugt haben. Das war Googles Argument. Ihr kriegt auch über uns die Reichweiten, also macht euch mal locker und jammert nicht rum, dass wir sozusagen kurze Textausschnitte von euch verwenden. Und das hat sich jetzt natürlich mit dieser AI Overview und jetzt dem AI Mode, der kommt, sehr, sehr stark verändert. Insofern ist es völlig richtig, was Torsten sagt. Wir müssen dagegen was tun, weil die Medienvielfalt, die wäre das Letzte, was verloren geht. Die geht nämlich dann verloren, wenn die ganzen unabhängigen Publisher pleitegehen. Man hat bei dem Leistungsschutzrecht, das man versucht hat, über Jahre einzuklagen, als es nur um die Google-Suchergebnisse ging, gesehen, erstens, das dauert, zweitens, bis so eine Regulation überhaupt greift. Und das, was Google dann nachher draus gemacht hat, ist ein Witz. Also damit kann man halt keinen Ausgleich an der Stelle schaffen, um Leute bezahlen zu können. Und das droht halt jetzt genauso. Und die Medienvielfalt stirbt halt dann, wenn die ganzen Publisher pleitegehen und die unabhängigen Leute das nicht mehr machen können. Davor ist halt das Risiko, dass die Leute gar nicht mehr bei uns ankommen. Das heißt, wenn man die AI-Overviews hat, da kann man noch so oft sagen, guck, da kommt Quatsch raus. Das passiert oft. Dann merken es die Leute auch. Aber in den meisten Fällen, in über 90 Prozent der Fälle, steht da irgendeine Antwort, die erstmal die Leute zufriedenstellt. Mal abgesehen davon, dass alle anderen Suchergebnisse sehr nach unten gedrückt werden in den Ergebnislisten. Das hat ja wahrscheinlich schon jeder mal gesehen. Und das ist halt ein großes Risiko. Damit verdrängst du schon mal die Medienvielfalt. Aber du machst sie vor allem irgendwie nach und nach mürbe, weil sie pleitegehen werden, weil einfach nicht mehr Leute nachkommen und neue Leute einen kennenlernen. Nun ist Google nicht alles, muss man auch sagen, aber alle anderen Suchmaschinenanbieter gehen in eine ähnliche Richtung und damit wird man sehr stark abhängig von Google Discover zum Beispiel. Das ist ja bisher nicht irgendwie KI-getrieben im eigentlichen Sinne, aber sobald Google am Algorithmus schüttelt, das haben wir auch bei Facebook früher gesehen, da sind ganze Medien wieder verschwunden, die darauf gesetzt haben und sich darauf verlassen haben, Google Discover wird es schon richten oder damals Facebook wird es schon richten. Und das ist natürlich ein Risiko für uns alle, und da hat auch Torsten völlig recht, das ist halt nicht nur ein Risiko für die Publisher oder die Medienlandschaft, sondern das ist ein Risiko für die Gesellschaft, was da passiert. Weil im Endeffekt bleibt dann nachher alles und auch die ganze, sag ich mal, Medienkontrolle, die Kontrolle über die Inhalte mehr oder weniger, bei großen Big-Tech-Unternehmen. Und das sind wenige amerikanische Unternehmen, die quasi dann einen Großteil der Informationslandschaft der Welt prägen könnten. Und das finde ich halt ein großes Problem.
Isabel: Ja, auf jeden Fall. Das ist ein bisschen ein deprimierender Schlusspunkt. Darum noch die Frage: Welche Fähigkeiten sollten denn Menschen, die jetzt in den Journalismus gehen wollen, junge Menschen, sich aneignen, um in dieser KI-geprägten Welt gute Journalistinnen und Journalisten werden zu können?
Torsten: Also, ich glaube, erst mal, was Journalisten ausmacht, ist, dass sie neugierig sind, dass sie Lust haben, Dinge auszuprobieren, dass sie sich auch trauen, mit Menschen zu sprechen. Menschen haben ja immer mehr Probleme, einfach zum Telefon zu greifen und mal jemand anzurufen. Insofern hilft das, wenn man das schon mal kann. Und das andere ist halt eben tatsächlich, diese gesunde Skepsis mitzubringen und Lust zu haben, hinter die Dinge zu gucken. Das ist im Grunde genommen egal, ob man im Bereich Politik oder im Bereich Technologie unterwegs ist. Wenn man verstehen will, wie Dinge funktionieren, dann muss man manchmal unter die Motorhaube gucken oder sehr viele Fragen stellen oder sehr viele Daten wälzen. Die Möglichkeiten, die KI uns jetzt bietet, ist tatsächlich, schnell solche Datenmengen zum Beispiel zu beherrschen. Das heißt, mach dich schlau in dem Bereich, mach dich schlau, wie man solche Datenmengen analysiert. Guck dir genau an, was da passiert. Man kann da jetzt noch nicht mal so richtig Tipps geben, welche Tools es gibt, weil es passiert da gerade so viel und das sehen wir ja auch, deshalb machen wir ja auch in so einer hohen Frequenz zum Beispiel einen Podcast zu dem Thema, weil wir einfach merken, hey, da passiert so viel. Das, was du heute gesagt hast, das kannst du morgen schon nicht mehr aufschreiben, weil es schon nicht mehr stimmt. Also ich glaube, es bringt nichts, sich davor zu verschließen. Es bringt auch überhaupt nichts zu sagen, ja, das ist alles doof. Diese Tools und diese Macht auch, die dahinter steckt, die geht nicht wieder weg. Umso mehr braucht es Menschen, die verstehen, wie Dinge funktionieren, die sie erklären können, die auch die Fehler sehen und erklären können. Und ich glaube, gerade Tech-Journalismus ist noch nie spannender gewesen. Also, da passiert so viel. Und gerade, weil Technologie einfach überall ist. Als die c’t angefangen hat, vor über 40 Jahren, da war das wirklich totaler Nerdkram. Da musste man Programmzeilen abtippen und konnte lernen, wie man Platinen ätzt. Heutzutage ist einfach jeder, und zwar wirklich jeder, der irgendeinen Job hat, mit KI irgendwie beschäftigt. Jeder Brotbackautomat hat inzwischen einen Internetanschluss. Und KI wird in viel mehr Lebensbereiche eindringen. Wenn ich irgendwo anrufe, kann ich mir nicht mehr sicher sein, ob da überhaupt ein Mensch noch sitzt oder ob ich da mit einer KI spreche. Jeder braucht auch Informationen dazu. Das heißt, diesen gesamten Komplex zu verstehen und zu hinterfragen, ist etwas, was, finde ich, unglaublich spannend ist und was auch die Arbeit als Journalist für uns weiterhin extrem notwendig und interessant macht, weil wirklich in jedem Lebensbereich werden wir damit konfrontiert und es wird eher mehr als weniger.
Isabel: Das ist ein schöner Schlusspunkt. Damit kann ich auch das Publikum gut in die Weihnachtstage entlassen, denn heute ist das letzte KI-Update in diesem Jahr, aber wir bleiben auch im neuen Jahr neugierig und informieren mit viel Leidenschaft. Danke, dass ihr heute bei mir wart.
Das KI-Update startet wieder mit aktuellen Folgen am 05. Januar 2026.
(igr)