KI-Update kompakt: Chip-Preise, Gemini, Microsoft Copilot, KI macht denkfaul
Das "KI-Update" liefert drei mal pro Woche eine Zusammenfassung der wichtigsten KI-Entwicklungen.
- Isabel GrĂĽnewald
- The Decoder
Speicherpreise explodieren wegen KI-Rechenzentren
Speicher-Chips für Notebooks, Laptops und Mobiltelefone kosten das Dreifache dessen, was sie im August noch kosteten. Hyperscaler wie Amazon, Microsoft, Google und Oracle bauen derzeit KI-Rechenzentren in nie dagewesenem Maßstab auf und fegen dabei den Speichermarkt leer. Die Prozessoren benötigen DDR5- und LPDDR5-RAM, KI-Beschleuniger häufig besonders schnellen HBM. Die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich. PC-Selbstbauer trifft es am heftigsten, da sie am Ende der Hardware-Nahrungskette stehen. Die günstigsten DDR5-Kits mit 16 GByte nähern sich aktuell der 200-Euro-Marke, im Sommer gab es sie noch für rund 50 Euro.
Hersteller von PCs, Notebooks und Smartphones wollen teils entweder die Preise erhöhen oder weniger Speicher einbauen. Die komplette RAM-Produktion des Jahres 2026 soll schon weitgehend ausverkauft sein. Kurzfristig können die drei Weltmarktführer SK Hynix, Samsung und Micron ihre Produktion nicht weiter ausbauen: Ein Halbleiterwerk kostet einige Milliarden Euro und benötigt mindestens zwei Jahre, bis die Großserienproduktion läuft. Im schlimmsten Fall könnte sich die Knappheit bis 2028 oder darüber hinaus ziehen. Es gibt aber auch Stimmen, dass aktuell vor allem Panikkäufe den Mangel und die Preise hochtreiben. Demnach könnten sich die Preise auch schon 2026 stabilisieren.
Mehr dazu hört ihr auch in der neuesten Folge vom Bit-Rauschen, dem Prozessor-Podcast der c't.
El Salvador startet weltweit erstes KI-Bildungsprogramm mit xAI
El Salvador wird in den nächsten zwei Jahren den KI-Chatbot Grok von xAI in mehr als 5.000 öffentlichen Schulen einsetzen. Das Programm soll über einer Million Schülern personalisiertes Lernen ermöglichen und Tausende Lehrer unterstützen. Präsident Nayib Bukele sieht darin einen Beweis, dass Länder durch mutige Politik direkt an die Spitze gelangen können.
Grok ist allerdings umstritten. In Europa laufen juristische Untersuchungen gegen Grok wegen antisemitischer Entgleisungen. In den USA steht die KI-generierte Enzyklopädie Grokipedia wegen Tausender Zitate aus fragwürdigen und problematischen Quellen in der Kritik. Den Präsidenten von El Salvador scheint das nicht abzuschrecken.
Nvidia ĂĽbernimmt Open-Source-Anbieter SchedMD
Nvidia hat SchedMD übernommen, den führenden Entwickler der Software Slurm. Das ist ein Open-Source-Workload-Managementsystem für High-Performance-Computing und künstliche Intelligenz. Nvidia will damit sein Open-Source-Software-Ökosystem stärken und KI-Innovationen für Forscher, Entwickler und Unternehmen vorantreiben. Zugleich kündigte Nvidia an, Slurm weiterhin als quelloffene, herstellerneutrale Software entwickeln und vertreiben zu wollen. Zu den finanziellen Bedingungen der Übernahme machte das Unternehmen keine Angaben. SchedMD wurde 2010 im kalifornischen Livermore gegründet. Zu den Kunden zählen unter anderem das Cloud-Infrastrukturunternehmen CoreWeave und das Barcelona Supercomputing Center.
Google weitet KI-Ă–kosystem mit neuem Agenten und Audio-Funktionen aus
Google startet eine breit angelegte Produkt-Offensive und erweitert sein Gemini-System in drei zentralen Bereichen: persönliche Assistenz, Sprachverarbeitung und Recherche. Den Anfang macht ein experimenteller Produktivitätsassistent aus den Google Labs mit dem Namen „CC“. Dieser KI-Agent greift tief in das persönliche Google-Konto ein. Nach der Freigabe verbindet er sich mit Gmail, dem Google Kalender und Google Drive. Ziel ist es, den Tagesablauf der Nutzer zu verstehen und aktiv zu managen. Morgens erhalten Tester eine E-Mail-Zusammenfassung mit dem Titel „Your Day Ahead“. Darin listet der Agent anstehende Termine, offene Aufgaben oder fällige Rechnungen auf. Nutzer können den Agenten per E-Mail steuern und ihn beauftragen, Entwürfe zu schreiben oder Kalendereinträge zu erstellen.
Parallel dazu verbessert der Konzern seine Audiomodelle in Gemini Live. Ein Update für „Gemini 2.5 Flash Native Audio“ soll dafür sorgen, dass KI-Stimmen natürlicher klingen und Anweisungen präziser umsetzen. In einem eigenen Benchmark-Vergleich sieht Google sein Modell vor der Konkurrenz von OpenAI. Die dritte Neuerung betrifft die Verknüpfung von Recherche und Chat. Google integriert das Tool NotebookLM direkt in den Gemini-Chatbot. NotebookLM ist ein KI-gestütztes Notiz- und Recherche-Tool von Google, das es ermöglicht, eigene Dokumente hochzuladen und dann Fragen gezielt nur zu diesen Inhalten zu stellen. Nutzer können nun ihre spezifischen Notizbücher als Kontextquelle in Gemini auswählen.
Fast die Hälfte der US-Beschäftigten nutzt KI, oft heimlich
Die Verbreitung von künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz nimmt zu, doch die tägliche Routine ändert sich nur langsam. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup unter mehr als 23.000 US-Beschäftigten hervor. Die Daten zeigen, dass mittlerweile 45 Prozent der Beschäftigten KI-Tools nutzen. Das ist ein Anstieg um fünf Prozentpunkte gegenüber dem Vorquartal. Lediglich zehn Prozent der Befragten geben an, die Technologie täglich einzusetzen. In der IT-Branche liegt die Nutzungsrate bei 76 Prozent. Im Einzelhandel hingegen greift nur jeder Dritte auf KI-Werkzeuge zurück.
Ein interessantes Detail der Studie betrifft die sogenannte Schatten-KI. Viele Angestellte nutzen KI-Tools offenbar, ohne dass ihre Arbeitgeber davon wissen oder dies offiziell genehmigt haben. Gallup ermittelte, dass fast die Hälfte der Beschäftigten KI nutzt, aber nur 37 Prozent sicher wissen, dass ihr Unternehmen die Technologie offiziell eingeführt hat.
OpenAI veröffentlicht Bildmodell GPT Image 1.5
OpenAI hat ein neues Modell zur Bildgenerierung für ChatGPT vorgestellt. Das System mit dem Namen GPT Image 1.5 soll komplexere Prompts deutlich zuverlässiger umsetzen, soll bis zu viermal schneller sein und ist OpenAIs Antwort auf Googles Nano Banana Pro Bildmodell. In einem Beispiel zeigt das Unternehmen etwa ein Bild, in dem 36 verschiedene Objekte in einem Raster angeordnet sind, darunter der griechische Buchstabe Beta, ein Strandball, eine Gottesanbeterin oder eine Badewanne. Die alte Version konnte das nicht darstellen, die neue macht es fehlerfrei.
Auch bei der Nachbearbeitung soll das Modell Fortschritte machen. Nutzer können beispielsweise Elemente hinzufügen oder entfernen, ohne dass sich die Beleuchtung oder der Stil des restlichen Bildes ungewollt verändern. Für Entwickler sinken trotz der angekündigten Leistungssteigerung die Kosten. Die Preise für die Nutzung über die Schnittstelle wurden um 20 Prozent gesenkt. Das Modell steht ab sofort allen ChatGPT-Nutzern und über die API zur Verfügung.
VS Code deaktiviert IntelliCode zugunsten des kostenpflichtigen Copilot
Microsoft hat die IntelliCode-Erweiterungen für VS Code deaktiviert und verweist auf den Copilot. IntelliCode war eine kostenlose KI-gestützte Hilfsfunktion, die während des Programmierens Vorschläge für Befehle, Parameter oder Variablen machte und mit einem lokalen Sprachmodell arbeitete. Der GitHub Copilot bietet zwar bessere Vorschläge, wird aber nach 2000 Vorschlägen pro Monat kostenpflichtig. Dieses Kontingent erreichen selbst Hobbyentwickler.
Microsoft pflegt IntelliCode nicht weiter und verweist auf den kostenpflichtigen Copilot und das normale IntelliSense, das lange nicht so hilfreich ist. Die Gründe sind nicht bekannt, man kann aber vermuten, dass Microsoft seinen kostenpflichtigen Copilot pushen will. Im Forum gab es einen Hinweis, was man machen kann: Man kann einen kompletten lokalen KI-Server aufbauen und den Copilot dahin lenken. Das ist allerdings für normale Anwender ein größeres Projekt.
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LG zwingt Nutzern Microsofts Copilot auf
Auf Smart-TVs mit LGs eigenem Betriebssystem webOS ist nach einem Update ungefragt Microsofts KI-App verknüpft. Das Software-Update übernimmt automatisiert die Einrichtung. In der Browser-Ansicht stehen dann die üblichen Funktionen bereit, etwa die Möglichkeit, nach Filmempfehlungen zu fragen. Vollständig entfernen lässt sich Copilot manuell nicht mehr. Nutzer können die Verknüpfung bloß ausblenden, sodass sie vom Startbildschirm verschwindet. Ohne App-Installation und ungenutzt dürfte Copilot dann auch keine Daten sammeln.
KI macht denkfaul und schafft neue Abhängigkeiten
Die Beraterfirma Gartner hat auf ihrem jüngsten Symposium in Barcelona einen Strauß an Prognosen zur Künstlichen Intelligenz vorgestellt. An erster Stelle wurde betont, dass bis 2027 bei 75 Prozent aller Einstellungen Zertifizierungen und Tests zur KI-Kompetenz verlangt werden. Diese neuen Fähigkeiten zu erwerben, sei jedoch nicht so einfach, denn die klassischen Bildungseinrichtungen hinken dem Bedarf deutlich hinterher. Die zweite Prognose basiert auf einer viel beachteten Studie von Microsoft: KI macht denkfaul. Gemeint ist damit, dass innerhalb des nächsten Jahres der Verfall kritischer Denkfähigkeiten aufgrund des Einsatzes von GenAI viele Unternehmen dazu veranlassen wird, KI-freie Kompetenzbewertungen einzuführen.
In der dritten Vorhersage ging es um die digitale Souveränität. Laut Gartner werden in den nächsten zwei Jahren über ein Drittel aller Länder regionale KI-Plattformen mit proprietären Kontextdaten einsetzen. Das klingt nach nationaler Souveränität, läuft aber laut Gartner faktisch auf eine neue Abhängigkeit hinaus. Denn wer die Kontextdaten kontrolliert, kontrolliert die Wertschöpfung. Bis 2028 werden 80 Prozent aller kundenorientierten Prozesse von Multiagentensystemen ausgeführt. Allerdings erwartet Gartner auch, dass bis 2028 mehr als 2.000 Klagen wegen Tod durch KI aufkommen werden. Der Grund sind die vielen autonomen Systeme, die ohne robuste Sicherheitslogik handeln und so zwangsläufig Haftungsfälle erzeugen.
(igr)