Ruby 4.0: Viel Umbau unter der Haube, wenig neue Features

Die neue Major-Version mit einem neuen JIT-Compiler, überarbeiteter Parallelsierungs-API und einem reifendem Typsystem ebnet den Weg für die nächste Dekade.

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Rubin vor grauem Hintergrund

(Bild: Erzeugt mit Midjourney durch heise online)

Lesezeit: 16 Min.
Von
  • Stefan Wintermeyer
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Am 21. Dezember 2025 wurde die Sprache Ruby 30 Jahre alt – und seit rund 20 Jahren veröffentlicht ihr Schöpfer, Yukihiro Matsumoto (Matz), jedes Jahr zu Weihnachten eine neue größere Version, am 25. Dezember 2025 sogar eine mit der runden Versionsnummer 4.0. Die ist, soviel sei vorweggenommen, eher Dekoration und dem Jubiläum geschuldet als tatsächlich durch zahlreiche neue Features gerechtfertigt. Doch da Ruby ohnehin keiner strengen semantischen Versionierung folgt und größere Breaking Changes meidet wie der Teufel das Weihwasser (zumindest seit Ruby 1.9), ist das legitim.

Stefan Wintermeyer

Stefan Wintermeyer ist freier Consultant und Trainer. Er beschäftigt sich mit Phoenix Framework, Ruby on Rails, Webperformance und Asterisk.

Andererseits war 2025 ein spannendes Jahr für Ruby und die Ruby-on-Rails-Welt, so dass dieser Artikel neben dem Blick nach vorn auf Ruby 4 auch auf das zurückblickt, was Ruby in den letzten Monaten technisch erreicht hat und die jetzt erschienene Version in diesem Kontext stellt. Denn obwohl das Vorurteil von Ruby als langsamer Sprache schwer auszurotten ist, hat die Sprache durch langjährige, fortdauernde Entwicklung eine beeindruckende Performance entwickelt.

Der mit Ruby 3.4 noch einmal deutlich optimierte Just-in-Time-Compiler YJIT erreicht in Benchmarks von Shopify eine Leistungssteigerung von 92 Prozent gegenüber dem Interpreter. Der Praxisbeweis kam am Black Friday 2025: Shopify wickelte mit seiner Ruby-on-Rails-Infrastruktur Einkäufe von 81 Millionen Kunden ab. Die Spitzenlast betrug 117 Millionen Requests pro Minute auf den Applikationsservern, während die Datenbanken 53 Millionen Lesezugriffe und 2 Millionen Schreibzugriffe pro Sekunde bewältigten.

Doch auch die Arbeiten an kĂĽnftigen Performance-Optimierungen gehen weiter voran. Die technisch bedeutendste Neuerung in Ruby 4 ist ZJIT, ein experimenteller Method-Based-JIT-Compiler, den das gleiche Team bei Shopify entwickelt wie YJIT. ZJIT wurde im Mai 2025 nach Matz' Zustimmung auf der Konferenz RubyKaigi in den Master-Branch gemerged.

ZJIT unterscheidet sich architektonisch fundamental von YJIT. Während YJIT den Bytecode der Ruby-VM YARV direkt in Low-Level-IR kompiliert und dabei einen Basic-Block nach dem anderen verarbeitet (Lazy Basic Block Versioning), verwendet ZJIT die Static Single Assignment Form (SSA) als High-Level Intermediate Representation (HIR) und kompiliert komplette Methoden auf einmal. Diese Architektur soll breiteren Community-Beiträgen den Weg ebnen und langfristig die Speicherung kompilierten Codes zwischen Programmausführungen ermöglichen.

Der Name ZJIT hat übrigens keine bestimmte Bedeutung, sondern steht einfach für den Nachfolger von YJIT. Intern wird ZJIT als der „wissenschaftliche Nachfolger“ bezeichnet, da die Architektur klassischen Compiler-Lehrbüchern entspricht und damit leichter zu verstehen und zu erweitern ist. Der Compiler ist als experimentell eingestuft und bringt derzeit in produktiven Projekten noch keine Vorteile. Wer sich damit beschäftigen will, muss Ruby mit der Configure-Option --enable-zjit neu bauen und bei der Ausführung Ruby mit der Option --zjit aufrufen.

Seit Ruby 3.4 gibt es mit it einen eleganten impliziten Block-Parameter fĂĽr Einzeiler. Er ist lesbarer als die nummerierten Parameter (_1, _2), die seit Ruby 2.7 existieren, und spart die explizite Parameterdeklaration. Die klassische Deklaration mit explizitem Parameter

users.map { |user| user.name }

und mit impliziten nummeriertem Parameter

users.map { _1.name }

wird also ergänzt durch

users.map { it.name }

Besonders intuitiv und praktisch ist das beim Method Chaining:

files
  .select { it.size > 1024 }
  .map { it.basename }
  .sort { it.downcase }

Der Bezeichner it liest sich wie natürliche Sprache und macht den Code selbstdokumentierend. Wichtig: it funktioniert nur in Blöcken mit genau einem Parameter. Bei mehreren Parametern bleiben _1, _2 oder explizite Namen die richtige Wahl.

Der Splat-Operator (*) entpackt Arrays in einzelne Elemente – etwa um die Elemente aus [1, 2, 3] als drei separate Argumente an eine Methode zu übergeben. Ab Ruby 4.0 ruft der Ausdruck *nil nun nicht mehr nil.to_a auf, sondern liefert direkt ein leeres Array. Das entspricht dem Verhalten des Double-Splat-Operators (**) für Hashes, bei dem **nil bereits seit längerem nil.to_hash nicht mehr aufruft. Diese Vereinheitlichung macht das Verhalten konsistenter und weniger überraschend. Das zeigt sich zum Beispiel, wenn man optionale Elemente, zum Beispiel aus einer Datenbank-Abfrage, in ein Array einfügen will:

optional_tags = nil

Mit Ruby 4.0 funktioniert das sauber – *nil wird zu nichts und muss nicht explizit abgefangen werden:

post = { title: "Ruby 4.0", tags: ["news", *optional_tags, "ruby"] }
#=> { title: "Ruby 4.0", tags: ["news", "ruby"] }

Die binären logischen Operatoren ||, &&, and und or am Zeilenanfang setzen nun die vorherige Zeile fort – analog zum Fluent-Dot-Stil bei Methodenketten. Das ermöglicht elegantere Formatierung von Bedingungen, analog zum Method Chaining:

result = first_condition
   second_condition
  && third_condition

Diese Änderung erlaubt bessere Lesbarkeit bei längeren logischen Ausdrücken, ohne Backslashes oder Klammern zur Zeilenfortsetzung verwenden zu müssen.

Ractors sind Rubys Antwort auf das Problem der echten Parallelität. Anders als Threads, die durch den Global VM Lock (GVL) serialisiert werden, können Ractors tatsächlich parallel auf mehreren CPU-Kernen laufen. Der Name ist ein Kofferwort aus Ruby und Actor – das Konzept basiert auf dem Actor-Modell, bei dem isolierte Einheiten ausschließlich über Nachrichten kommunizieren. Ractors gelten auch in Ruby 4.0 noch als experimentell. Der IRB zeigt eine entsprechende Warnung an.

Der GVL war lange Zeit Rubys größte Schwäche bei CPU-intensiven Aufgaben. Zwar konnten Threads I/O-Operationen parallelisieren, da der Lock bei I/O freigegeben wird, aber Berechnungen liefen immer sequentiell. Ractors umgehen dieses Problem, da sie sich keinen gemeinsamen GVL mehr teilen; jeder Ractor führt den Code unabhängig aus. Ruby synchronisiert intern nur noch an spezifischen Punkten.

Jeder Ractor besitzt seinen eigenen Speicherbereich. Objekte können nicht zwischen Ractors geteilt werden – außer sie sind unveränderlich. Diese strikte Isolation eliminiert Race Conditions by Design (siehe Listing 1):

$ irb
irb(main):001> r = Ractor.new { 2 + 2 }
(irb):1: warning: Ractor is experimental, and the behavior may change in future versions of Ruby! Also there are many implementation issues.
=> #<Ractor:#2 (irb):1 terminated>
irb(main):002> r.join
=> #<Ractor:#2 (irb):1 terminated>
irb(main):003> puts r.value
4
=> nil

Das Beispiel zeigt den typischen Ractor-Lebenszyklus: Ractor.new startet einen neuen Ractor mit dem übergebenen Block, join wartet auf dessen Beendigung, und value liefert das Ergebnis – hier die berechnete Summe 4. Bei einer so simplen Berechnung wie 2 + 2 ist der Ractor bereits beendet (terminated), bevor der Aufruf von join erfolgt. Der Vollständigkeit halber zeigt das Beispiel trotzdem den kompletten Ablauf – bei längeren Berechnungen ist join essenziell, um auf das Ergebnis zu warten.

irb(main):004> def fib(n) = n < 2 ? n : fib(n-1) + fib(n-2)
irb(main):005* ractors = [35, 36, 37, 38].map do |n|
irb(main):006*   Ractor.new(n) { fib(it) }
irb(main):007> end
=> 
[#<Ractor:#3 (irb):6 running>,
...
irb(main):008> results = ractors.map(&:value)
=> [9227465, 14930352, 24157817, 39088169]

Ractors zeigen ihre Stärke bei CPU-intensiven Aufgaben. Das Beispiel in Listing 2 demonstriert das. Es berechnet mittelgroße Fibonacci-Zahlen parallel. Auf einem Vier-Kern-System läuft dieses Beispiel nahezu viermal so schnell wie die sequentielle Variante. Im Tarai-Benchmark – einem klassischen Rekursions-Test – erreichen vier parallele Ractors eine 3,87-fache Beschleunigung gegenüber sequentieller Ausführung.

Ruby 4.0 ĂĽberarbeitet das Ractor-API grundlegend. Die alten Methoden Ractor.yield, Ractor#take und die close_*-Methoden wurden entfernt. An ihre Stelle tritt Ractor::Port fĂĽr die Kommunikation zwischen Ractors.

Die wichtigste Regel: Ein Port kann nur von dem Ractor empfangen werden, der ihn erstellt hat. Für bidirektionale Kommunikation benötigt daher jeder Ractor seinen eigenen Port (siehe Listing 3)

# Port des Haupt-Ractors fĂĽr Antworten
main_port = Ractor::Port.new

worker = Ractor.new(main_port) do |reply_port|
  # Worker erstellt eigenen Port fĂĽr eingehende Nachrichten
  worker_port = Ractor::Port.new
  reply_port.send(worker_port)  # teilt seinen Port mit

  num = worker_port.receive     # empfängt von eigenem Port
  reply_port.send(num * 2)      # sendet Ergebnis zurĂĽck
end

worker_port = main_port.receive  # erhält Worker-Port
worker_port.send(21)             # sendet Aufgabe
puts main_port.receive           # => 42

Die strikte Isolation von Ractors bedeutet, dass nicht jedes Objekt zwischen ihnen ausgetauscht werden kann. Ruby unterscheidet zwischen teilbaren (shareable) und nicht-teilbaren Objekten. Unveränderliche Objekte sind automatisch teilbar:

Ractor.shareable?(42)       #=> true
Ractor.shareable?(:symbol)  #=> true
Ractor.shareable?("text")   #=> false

Per Deep Freeze lassen sich aber Objekte explizit teilbar machen:

config = Ractor.make_shareable({ host: "localhost" })

Neu in Ruby 4.0 sind Shareable Procs und Ractor-lokaler Speicher. Damit lassen sich auch komplexere Szenarien umsetzen, bei denen Funktionen zwischen Ractors geteilt oder Daten innerhalb eines Ractors persistiert werden mĂĽssen.

Ruby war und ist eine dynamisch typisierte Sprache und prüft Variablentypen werden erst zur Laufzeit statt bei der Kompilierung. Doch die Arbeit am optionalen Typsystem zeigt, dass statische Analyse und dynamische Flexibilität koexistieren können. Ruby 4.0 markiert einen wichtigen Meilenstein auf diesem Weg.

RBS (Ruby Signature) ist das offizielle Format für Typdefinitionen. Anders als Annotationen im Quellcode werden RBS-Definitionen in separaten .rbs-Dateien gepflegt – ähnlich wie in TypeScript die .d.ts-Dateien. Dieser Ansatz hat einen entscheidenden Vorteil: Bestehender Ruby-Code muss nicht verändert werden, Teams können Typdefinitionen schrittweise einführen (siehe Listing 4).

# sig/user.rbs
class User
  attr_reader name: String    # Pflichtfeld: muss String sein
  attr_reader age: Integer?   # Optional: Integer oder nil

  # RĂĽckgabe: void (kein RĂĽckgabewert relevant)
  def initialize: (String, ?Integer) -> void

  # Prädikatmethode: gibt bool zurück
  def adult?: -> bool
end

Steep, der Referenz-Typchecker für RBS, findet Bugs, die sonst erst zur Laufzeit auffallen würden. Ein vollständiges Beispiel zeigen die Listings 5 und 6.

Diese Fehler würden ohne Typsystem erst zur Laufzeit auffallen. Mit RBS und Steep werden sie bereits beim Entwickeln oder spätestens in der CI-Pipeline erkannt. Das spart nicht nur Debugging-Zeit, sondern verhindert auch, dass solche Bugs überhaupt in Produktion gelangen.

KI-gestützte Coding-Assistenten wie GitHub Copilot, Cursor oder Claude generieren heute ganze Funktionen und Klassen auf Knopfdruck. Doch Large Language Models halluzinieren – sie erfinden Methodennamen, verwechseln Parameter-Reihenfolgen oder übergeben Strings, wo Integers erwartet werden. Bei dynamisch typisierten Sprachen wie Ruby fallen solche Fehler erst zur Laufzeit auf – im schlimmsten Fall in Produktion.

Hier entfaltet das RBS-Typsystem seinen vollen Wert: Steep fungiert beim Agentic Coding als Sicherheitsnetz. Generiert ein Assistent eine Funktion, die User.find_by_email mit einem Integer statt String aufruft, meldet Steep den Fehler sofort – noch bevor der Code ausgeführt wird. Die Feedback-Schleife verkürzt sich von „Laufzeitfehler nach Deployment“ auf „rote Unterstreichung im Editor“.

Noch wichtiger: RBS-Definitionen verbessern die Qualität der KI-Vorschläge selbst. Coding-Assistenten nutzen den Kontext – und Typsignaturen sind extrem dichter Kontext. Eine RBS-Datei dokumentiert nicht nur, welche Typen eine Methode akzeptiert, sondern kommuniziert auch die Intention des Codes. KI-Modelle, die auf Typdefinitionen trainiert wurden, generieren präziseren Code, weil sie die Constraints verstehen. Das Zusammenspiel in der Praxis:

  1. Entwickler schreibt RBS-Signatur fĂĽr neue Methode
  2. KI-Assistent generiert Implementation basierend auf Signatur
  3. Steep validiert generierten Code gegen Typdefinition
  4. Fehler werden sofort sichtbar, Korrektur erfolgt vor Commit

Für Teams, die intensiv mit KI-Assistenten arbeiten, ist ein Typsystem oft keine optionale Ergänzung mehr – es ist die Qualitätssicherung, die verhindert, dass halluzinierter Code in die Codebasis gelangt. Ruby mit RBS bietet hier das Beste aus beiden Welten: die Flexibilität einer dynamischen Sprache mit der Sicherheit statischer Analyse, genau dort, wo man sie braucht.

Videos by heise

Das langfristige Ziel ist ein Ökosystem der graduellen Typisierung. Entwickler sollen selbst entscheiden können, wie viel statische Analyse sie wünschen – von gar keine bis strikt überall. Anders als TypeScript, das JavaScript mit Typen erweitert, bleibt Ruby syntaktisch unverändert. Die Typen leben in separaten Dateien und sind vollständig optional.

Die Bausteine fĂĽr dieses Ă–kosystem sind bereits vorhanden:

  • RBS Collection: Eine wachsende Bibliothek von Typdefinitionen fĂĽr populäre Gems. Die IDE RubyMine lädt diese automatisch herunter und nutzt sie fĂĽr Autovervollständigung und FehlerprĂĽfung. In VS Code ist die manuelle Einrichtung via rbs collection install nötig, danach funktioniert die Autovervollständigung mit der Ruby LSP Extension.
  • Steep: Der offizielle statische Typchecker, der RBS-Definitionen gegen den Quellcode prĂĽft und in CI-Pipelines integriert werden kann.
  • TypeProf: Ein Inferenz-Tool, das aus bestehendem Code automatisch RBS-Definitionen generiert – ideal fĂĽr die schrittweise EinfĂĽhrung von Typen in Legacy-Projekten.
  • Sorbet-Integration: Stripes alternativer Type-Checker erhöht die RBS-Kompatibilität, was die Interoperabilität zwischen beiden Systemen verbessert.

Ein Parser ist das Programm, das Quellcode liest und in eine strukturierte Darstellung übersetzt – den Abstract Syntax Tree (AST). Erst durch diese Baumstruktur kann der Interpreter verstehen, was der Code bedeutet. Seit Ruby 3.4 ist Prism der Standard-Parser und ersetzt den 30 Jahre alten parse.y. Prism wurde in C99 ohne externe Abhängigkeiten geschrieben, ist fehlertolerant und portabel.

Die Benchmarks sprechen für sich: Prism ist 2,56-mal schneller beim Parsen zu C-Structs gegenüber parse.y und zwölfmal schneller als das Parser-Gem beim AST-Walk. Für Entwickler bedeutet das schnellere IDE-Reaktionen und kürzere CI-Zeiten. Bei Kompatibilitätsproblemen kann der klassische Parser weiterhin aktiviert werden:

ruby --parser=parse.y script.rb

FĂĽr die meisten Projekte sollte Prism jedoch problemlos funktionieren.

Wer Ruby 4.0 parallel zu älteren Versionen betreiben möchte, braucht einen Version Manager. Diese Tools lösen ein grundlegendes Problem: Jedes Ruby-Projekt kann eine andere Ruby-Version erfordern, und Gems sind nicht zwischen Ruby-Versionen kompatibel.

Version Manager installieren mehrere Ruby-Versionen isoliert voneinander – typischerweise unter ~/.rvm, ~/.asdf oder ~/.local/share/mise. Jede Ruby-Version erhält ihr eigenes Verzeichnis mit einem eigenen gem-Ordner. Fürht man also gem install rails unter Ruby 3.3 aus, landet Rails in einem anderen Verzeichnis als unter Ruby 4.0. Gems müssen daher für jede Ruby-Version separat installiert werden. Bundler (bundle install) erledigt das automatisch basierend auf dem Gemfile.

Welche Ruby-Version fĂĽr ein Projekt gilt, bestimmt eine Datei im Projektverzeichnis: .ruby-version (einfacher Standard) oder .tool-versions (fĂĽr asdf und mise, kann auch Node, Python etc. definieren). Wechselt man ins Projektverzeichnis, aktiviert der Version Manager automatisch die richtige Ruby-Version.

Der erste populäre Ruby Version Manager war RVM. Er modifiziert die Shell-Umgebung tiefgreifend und verwaltet zusätzlich Gemsets – isolierte Gem-Umgebungen pro Projekt. Das war vor Bundler (2010) revolutionär, da es keine andere Möglichkeit gab, Gem-Abhängigkeiten pro Projekt zu isolieren. Heute sind Gemsets obsolet, da Bundler diese Aufgabe besser löst.

asdf löste RVM für viele Teams ab. Der entscheidende Vorteil: Ein Tool für alle Sprachen. Über Plugins verwaltet asdf Ruby, Node.js, Python, Elixir und dutzende weitere Runtimes einheitlich. Die .tool-versions-Datei im Projektverzeichnis definiert alle benötigten Versionen. asdf ist weniger invasiv als RVM, in Bash geschrieben und integriert sich sauber in die Shell.

Der aktuelle Trend geht zu mise, benannt nach dem Mise en place bei Köchen. Entwickelt vom asdf-Maintainer Jeff Dickey, ist mise ein kompletter Rewrite in Rust. Die Vorteile: deutlich schneller (Rust statt Bash), kompatibel mit asdf-Plugins und .tool-versions-Dateien, aber auch mit eigenen Backends. mise aktiviert Versionen ohne Shell-Hooks über Shims – ein einfaches mise activate in der Shell-Konfiguration genügt. Zudem kann mise Umgebungsvariablen und Tasks verwalten, was es zu einem universellen Manager für Entwicklungsumgebungen macht. So wird Ruby 4 mit mise installiert:

mise install ruby@4.0.0
mise use ruby@4.0.0
mise activate  # einmalig in .bashrc/.zshrc

Für neue Projekte ist mise die beste Wahl. Es ist schnell, modern und vielseitig. Bestehende asdf-Setups funktionieren weiter, mise liest deren Konfiguration. RVM-Nutzer sollten den Umstieg erwägen.

Die praktische Breaking-Change-Bilanz von Ruby 4.0 ist moderat. Fedora bewertet: Da sich mit Ruby 4.0 der soname, also der Bezeichner für Shared Libraries ändert, müssen Pakete mit binären Erweiterungen neu gebaut werden. Da aber große Aufmerksamkeit auf Quellkompatibilität gelegt wurde, sind keine Code-Änderungen nötig. Weitere Breaking Changes sind:

  • Binding#local_variables enthält keine nummerierten Parameter mehr
  • ObjectSpace._id2ref ist deprecated
  • CGI-Library aus Default Gems entfernt (nur cgi/escape bleibt)
  • SortedSet entfernt und erfordert die Gem sorted_set
  • String-Literal-Warnung: In Dateien ohne frozen_string_literal-Kommentar erzeugt Mutation eine Deprecation-Warnung

Problematisch bleibt die Pessimistic-Constraint-Praxis vieler Gems: ~> 3.x in required_ruby_version verhindert die Installation unter Ruby 4.0, auch wenn der Code ohne Änderungen laufen würde.

Für Entwickler bedeutet Ruby 4.0 vor allem Kontinuität: Bestehender Code läuft weiter, die Performance verbessert sich weiter (YJIT bietet 92 Prozent Speedup gegenüber dem Interpreter), und das Typsystem reift. Die eigentliche Innovation liegt in der Infrastruktur für die nächste Dekade – ZJIT, Modular GC und die verbesserten Ractors werden Ruby für die kommenden Jahre wettbewerbsfähig halten.

(ulw)