Themenmolekül: Fetischismus bei Atomen

Glasers gesammelte Linkwolke aus der Welt der Wissenschaft und Technologie. Heute mit essbaren Fraktalen, blutigen Objektträgern als Lutschbonbons und bizarren Momenten der Forschung.

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Von
  • Peter Glaser

Auf meinen Expeditionen durch das Netz finde ich immer wieder bemerkenswerte Informations-Atome, die sich im Lauf der Zeit zu digitalen Themenmolekülen verbinden. Gelegentlich möchte ich der geneigten Leserschaft an dieser Stelle solche Link-Gravitationswolken aus der Welt der fröhlichen Wissenschaft und Technologie vorlegen. Heute mit essbaren Fraktalen, blutigen Objektträgern als Lutschbonbons und bizarren Momenten der Forschung.

Verführt durch Vernunft: Der britische Musiker Thomas Dolby, der sich selbst einmal als "Funky Mad Scientist" des Elektropop bezeichnete, veröffentlichte 1983 die EP "Blinded by Science" mit dem nach wie vor hörenswerten Ohrwurm "She Blinded Me with Science" – die Sprach-Samples stammen von dem 1992 verstorbenen exzentrischen britischen Wissenschaftler Dr. Magnus Pyke ("He was known for his enthusiastic way of waving his arms around as he spoke").

Ansprechende Molekülketten: Ein Ausschnitt aus einem bemerkenswerten Buchumschlag – "Cornerstone of A New Industry" von James Vaughan (1947). Ein Vorgriff auf die berühmte Szene aus dem Film "Die Reifeprüfung" von 1967, in der ein Freund seines Vaters dem Abiturienten Ben das Schlüsselwort für die Zukunft ins Ohr flüstert: Plastik!

Köstliche Rekursionen: Fraktale Schneeflocken einmal anders, und zwar als leckere Cupcakes. Hier beispielsweise eine der süßesten bekannten mathematischen Iterationen – eine weiß und himmelblau verlaufende Koch'sche Schneeflocke. Der Winter kann kommen!

Die Zeitschrift LIFE hat eine Sammlung von bizarren und sonderbaren Momenten der Wissenschaft zusammengestellt – von Fahrradreifenregenschirmen über fliegende Katzen bis hin zu Schädelknackmaschinen.

Eine Fotografie vom 3. April 1958, welche die Mitglieder des "Bristol Astronomy Club" bei der gemeinschaftlichen Mondbeobachtung durch kompakte Spiegelteleskope zeigt. Im Jahr zuvor hatten die Sowjets Sputnik I, den ersten künstlichen Himmelskörper, in eine Erdumlaufbahn geschossen und zahlreiche Menschen wandten sich den verschiedensten Formen von Himmelskunde zu.

"Popular Science" zeigt eine Zusammenstellung von Artikeln, die während der Prohibitionszeit veröffentlicht wurden und um das Thema Alkohol kreisten, die Gesetze, durch die er verboten worden war und die verschiedenen Methoden, mit denen die Menschen diese Verbote zu umgehen versuchten. Einige der Artikel lesen sich wie "How to"-Guides, in anderen werden Polizeimethoden so detailliert ausgeführt, als wolle man die Leser davor bewahren, erwischt zu werden. Auch der wissenschaftliche Blick auf eine Destille war gespickt mit Hinweisen darauf, dass es streng verboten sei, Alkohol zu destillieren oder auch nur Teile einer solchen Destille zu besitzen.

Die "Physics Demonstrations Page" der Universität von Minnesota verhilft Interessierten zu hübschen experimentellen Einblicken in einen Fächer physikalischer Themen von der Strömungsmechanik über die Optik bis hin zur modernen Physik. Wellen etwa werden von schwankenden Studenten in einem Kinosaal demonstriert und Entropie anhand eines rotierenden Zylinders mit Glyzerin und Tinte.

Astronomische Archäologie: Die Milchstraße in der Gegend des Sternbilds Cassiopeia: Aufnahme eines unbekannten Sternenfreunds vom 24. September 1914. Aber was ist schon ein knappes Jahrhundert entgegen den kosmischen Zeiträumen?

Design trifft Molekülmodell: Der dänische Künstler Steen Ipsen zeigt in der Pariser Galerie NeC Nilsson & Chiglien einige seiner Keramikskulpturen – verschnürte Moleküle. Fetischismus in der Welt der kleinsten Teilchen?

Dieses Video und die es umgebenden Informationen zeigen die wissenschaftlichen und technologischen Hintergründe der Herstellung von handgemachter Schokolade am Beispiel der Brüder Rick und Michael Mast. (Der Gründer und vormalige Herausgeber des Magazins "Wired", Louis Rossetto, ist übrigens auch in die Branche eingestiegen und nun CEO der kalifornischen Schokoladefirma TCHO).

"Blue Water" von Sarajo Frieden ist eine Druckgrafik, die von Phytoplankton und der Schönheit und den ungesehenen Wundern der Ozeane inspiriert ist. Das Bild ist Friedens Versuch, ein imaginäres Stück Tiefsee zu malen.

Was auf den ersten Blick aussieht wie Objektträger mit Blutproben, erweist sich bei näherer Betrachtung als eine moderne und zugegebenermaßen etwas bizarre Form von Bonbons. Hier gibt es eine genaue Anleitung, wie man die wissenschaftliche Lutschware zu Hause selbst herstellen kann. Bonus-Hinweis: Laborproben zum Naschen, in den Geschmacksrichtungen Blutprobe und Urinprobe.

Von Crispian Jago stammt diese im Stil eines U-Bahn-Plans angefertigte Entwicklungsgeschichte der Wissenschaft über die zurückliegenden 500 Jahre. Die verschiedenen Farben bezeichnen unterschiedliche Wissenschaftsbereihe und Kreuzungen zeigen, wo Wissenschaftler fachübergreifende Beiträge geleistet haben. Und hier noch das Blog von Crispian Jago.

"Corezone" von Agnieszka Mazur und Dorota Skalskais ist materiellerseits ein keramisches Herz, in das man seine Gedanken, Gefühle und Emotionen einschreiben kann. Das Objakt kam aus einem Projekt, bei dem emotionale Bedürfnisse durch ein Objekt erfüllt und die Frage untersucht werden sollte, ob Immaterielles in einem materiellen Raum enthalten sein kann. Die "Corezone" wird erst freigeben, wenn sie zerbrochen wird. (bsc)