Deutschland hat Nachholbedarf beim M-Payment

Zwar können sich viele Handybesitzer in Deutschland vorstellen, ihr Mobiltelefon zum Bezahlen einzusetzen, doch Möglichkeiten dafür gibt es hierzulande nur wenige. Die meisten Projekte sind noch im Pilotstadium, wie das eTicketing-System "Touch & Travel" der Deutschen Bahn. In Afrika hingegen boomt das Mobile-Payment-Geschäft.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage, die der IT-Branchenverband Bitkom in Auftrag gegeben hat, können sich 43 Prozent der Handybesitzer in Deutschland vorstellen, ihr Mobiltelefon zum Bezahlen einzusetzen. Bei den 14- bis 29-Jährigen seien es sogar 75 Prozent, teilte der Verband am Donnerstag in Berlin mit. Allerdings gebe es in der Praxis noch zu wenig Einsatzmöglichkeiten, verdeutlichte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. Branchen- beziehungsweise dienstleistungsübergreifende Lösungen hätten sich bislang nicht durchsetzen können.

Rund jeder vierte Befragte (24 Prozent) gab an, er könne sich vorstellen, Eintrittskarten für Veranstaltungen per Handy zu kaufen. Jeder Fünfte (19 Prozent) würde den Angaben zufolge überall dort mit dem Handy bezahlen, wo er heute eine EC- oder Kreditkarte einsetzt. Bei den Jüngeren liegen die Werte jeweils rund 15 Prozentpunkte darüber. Auch seien Männer dem Handy-Payment gegenüber aufgeschlossener als Frauen, ermittelte Forsa: Während 47 Prozent der Männer erklärten, Bezahlen per Mobiltelefon komme für sie in Frage, waren es bei den Frauen nur 40 Prozent.

Genutzt werden M-Payment-Lösungen in Deutschland bislang vor allem von jüngeren Kunden, die den Kauf von Klingeltönen oder Handygames meist über ein SMS-Verfahren quittieren. Es gibt aber auch einige Angebote in den Bereichen Shopping, Parken und Fahrkarten. Hier setzt die Branche vor allem auf das NFC-Verfahren (Near Field Communication). Die Deutsche Bahn beispielsweise testet an zahlreichen Bahnhöfen zwischen Berlin, Hannover, Frankfurt und dem Ruhrgebiet derzeit das eTicketing-System "Touch & Travel".

Registrierte Reisende, die von der Bahn ein NFC-fähiges Mobiltelefon erhalten haben, melden sich dabei vor Fahrtantritt an einem sogenannten Touchpoint an und melden sich am Zielort daran auch wieder ab (Check-in/Check-out Prinzip). Aus den verschlüsselt übertragenen Daten errechnet das System die Fahrtroute, die Berechnung des Fahrpreises erfolgt "automatisch". Der Kunde erhält einmal pro Monat ein sogenannte "Mobilitätsabrechnung". Der herkömmliche Fahrscheinkauf an Schaltern, Automaten oder über das Internet entfällt. Beteiligt sind an dem Projekt die Telekom, Vodafone, Telefónica O2, Giesecke & Devrient, NXP, Atron sowie die Berliner und Potsdamer Verkehrsbetriebe.

Grundsätzlich hat es M-Payment als Zahlungsmittel in Deutschland, wo nahezu jeder Bürger über ein Girokonto verfügt, schwer, sich gegen Bankautomaten, EC-Karten, Kreditkarten und Überweisungen durchzusetzen. Anders sieht es aber etwa in Afrika aus, wo viele Menschen kein eigenes Bankkonto haben. So hat sich der inzwischen zum indischen Konzern Bharti Airtel gehörende panafrikanische Mobilfunker Zain innerhalb weniger Jahre zum größten Mobile-Payment-Anbieter auf dem Globus entwickelt. Auch M-Pesa in Kenia zählt inzwischen Millionen Kunden, die Geldtransfers über das Mobiltelefon abwickeln. (pmz)