Welche Versicherungen Unternehmer in der IT wirklich brauchen

Unternehmer und Freelancer in der IT-Branche müssen sich gegen berufliche Risiken absichern. Doch welche Vorsorge und Versicherung macht wirklich Sinn? Finanz- und Versicherungsexperte Ralph Günther beantwortet die wichtigsten Fragen.

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Von
  • Marzena Sicking
Inhaltsverzeichnis

Unternehmer und Freelancer in der IT-Branche müssen sich gegen berufliche Risiken absichern. Doch welche Vorsorge und Versicherung macht wirklich Sinn? Finanz- und Versicherungsexperte Ralph Günther beantwortet die wichtigsten Fragen:

Ralph Günther: "Eine pauschale Antwort ist hier nicht ganz einfach. IT-Freelancer sollten sich ebenso wie Freiberufler und Selbstständige anderer Branchen gegen alle existenzbedrohenden beruflichen Risiken versichern. Existenzbedrohend sind zum Beispiel Risiken wie Krankheit, Arbeitsunfähigkeit oder gar Berufsunfähigkeit sowie Schadenersatzforderungen durch berufliche Fehler.

Da die Krankenversicherung obligatorisch ist und mittlerweile Freiberufler auch für das Thema Berufsunfähigkeit vielfach sensibilisiert sind, möchte ich die Notwendigkeit der Berufshaftpflichtversicherung besonders betonen. In diesem Punkt unterscheidet sich das Risiko des IT-Freiberuflers und die notwendige Berufshaftpflichtversicherung – auch IT-Haftpflichtversicherung genannt – ganz klar von anderen Freiberuflern."

Ralph Günther: "Ähnlich wie die Privathaftpflicht im Privatbereich schützt die Berufshaftpflichtversicherung den Freelancer vor Schadenersatzansprüchen Dritter (z.B. Kunden oder Auftraggeber). Auch im beruflichen Bereich sieht der Gesetzgeber prinzipiell keine Haftungsbegrenzung oder einen Haftungsausschluss vor. Das heißt, dass der Freiberufler im Schadenfall (Programmierfehler, fehlerhafte IT-Beratung, Datenverlust, Projektverzug etc.) mit seinem Privatvermögen gerade stehen muss. Das umfasst ggf. auch die Kosten für Rechtsanwälte, Gutachter und Gerichtskosten, die im Zusammenhang mit dem verursachten Schaden auflaufen.

Ralph Günther

(Bild: Ralph Günther)

Ralph Günther ist Fachwirt für Finanzberatung IHK sowie Geschäftsführer und Gesellschafter der Exali GmbH, einem Versicherungsportal für Dienstleister und freie Berufe in Augsburg. Kontakt und weitere Informationen: www.exali.de

Gerade im IT-Bereich besteht die Gefahr, dem Kunden so genannte Vermögensschäden (=finanzielle Nachteile) zuzufügen. Beispiele für Vermögensschäden sind u.a. eine Betriebsunterbrechung beim Kunden oder die mit einem Datenverlust verbundenen Wiederherstellungskosten. Diese Schäden können gerade im IT-Bereich den eigentlichen Auftragswert um ein Vielfaches übersteigen und sind dadurch nur schwer zu kalkulieren."

Ralph Günther: "Vielen Dank für diese Frage. Leider wird viel zu oft pauschal vom "Haftungsausschluss" in den AGB gesprochen. Man sollte hier differenzieren. Ein genereller Ausschluss der Haftung, insbesondere für Kardinalpflichten, ist nicht möglich. Zu diesen zählen wesentliche Vertragspflichten wie z.B. das Funktionieren einer Software oder die Verwendbarkeit einer Software für einen bestimmten vertraglich vereinbarten Zweck.

Derartige AGB bergen das hohe Risiko, spätestens vor Gericht für unwirksam erklärt zu werden. Mit der Folge, dass wieder die gesetzliche unbegrenzte Haftung greift. Richtig ist, dass man z.B. die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz begrenzen kann, sofern sie nicht aus einer Verletzung von Leben, Gesundheit und Körper resultiert oder es sich um eine Kardinalpflicht handelt. Im Ergebnis verbleiben neben der Unsicherheit, dass die verwendeten Haftungsbegrenzungen im Fall der Fälle auch greifen, ernst zu nehmende Haftungsrisiken, die eine Berufshaftpflichtversicherung notwendig machen.

Aufgrund der angesprochenen Unsicherheiten ist der "Passive Rechtsschutz" im Rahmen der Berufshaftpflichtversicherung sehr wichtig. Akzeptiert z.B. der Auftraggeber im Schadenfall die Haftungsbegrenzung der AGB nicht, übernimmt der Berufshaftpflichtversicherer in einem solchen Fall die notwendigen Anwalts-, Gutachter und Gerichtskosten."

Ralph Günther: "Die Absicherung von IT-Risiken erfordert vom Versicherer Spezial-Know-how, insbesondere im Bereich der so genannten Vermögensschäden. Es gibt einige wenige Spezialversicherer, die sich auf den TMT-Bereich (Technologie, Medien, Telekommunikation) fokussiert haben und dadurch sowohl sinnvollen wie auch sehr bedarfsorientierten Versicherungsumfang anbieten. Und eine schnelle Schadenabwicklung sicher stellen können, was gerade im IT-Umfeld wichtig ist. Solche Versicherer sind sicherlich denjenigen vorzuziehen, die keine erkennbare Spezialisierung im Bereich der Vermögensschadenhaftpflicht und im IT-Bereich nachweisen können.

Da IT-Freelancer nicht nur Projekte in Deutschland durchführen, sondern häufig auch in Europa oder sogar weltweit arbeiten, empfehle ich einen Versicherer mit internationaler Ausrichtung. Oft werden Projekte zwar in Deutschland abgewickelt, jedoch mit ausländischen Auftraggebern und anglo-amerikanischen Vertragsklauseln. Geeignete Versicherer sollten auch hier die nötige Erfahrung mitbringen und Lösungen bereithalten, um z.B. auch die vertragliche Haftung für die Besonderheiten in diesen Projektverträgen zu übernehmen." (Marzena Sicking) / (map)
(masi)