Neues auf dem Schirm

Die diesjährige "Flat Panel Display Show", die Leitmesse der Display-Industrie in Japan, zeigt drei neue Trends: transparente Displays, flexible OLEDs und farbige eBook-Reader.

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Von
  • Martin Kölling

Die diesjährige "Flat Panel Display Show", die Leitmesse der Bildschirmindustrie in Japan, zeigt drei neue Trends: transparente Displays, flexible OLEDs und farbige eBook-Reader.

Mein persönlicher Höhepunkt auf der noch bis Freitag in Yokohama laufenden "Flat Panel Display Show", der Leitmesse der globalen Flachbildschirmindustrie, ist das transparente Display von Samsung. Wie im Science-Fiction-Film lässt es Bilder, Grafiken und Videos auf einem Fenster erscheinen. Doch den für mich besten Trick demonstrierte der Chef der Samsung-Entwickler Lee Jongseo: Er berührte mit dem Finger eine digitale Schnur auf dem "Fenster", zieht den Finger nach unten und schon schließt sich eine digitale Jalousie. Das Fenster verdunkelt sich. Wunderbar. Und das Allerbeste: Es handelt sich dabei nicht mehr um einen weit von der Marktreife entfernten Prototypen, Samsung verkauft die transparenten Displays bereits im Heimatmarkt Südkorea. Bald dürfte es auch weltweit zu haben sein. Man untersuche bereits die Märkte in Europa, den USA und Japan, so Lee.

Die Anwendungsmöglichkeiten sind mannigfaltig und versprechen kleine Revolutionen in verschiedenen Bereichen: Eine der ersten Anwendungen sehen die Koreaner bei Schaufenstern, die mit dem Display dynamisch Inhalte anzeigen könnten. Die Autoindustrie ist ein weiterer möglicher Kunde, weil mit transparenten Displays Informationen auf der Windschutzscheibe eingespielt werden könnten. Augmented Reality-Anwendungen sind ebenfalls angedacht. Doch auch für Notebooks ist das Konzept des transparenten LCD interessant, verrät Samsung-Entwickler Lee. Denn im Sonnenlicht könnte der Bildschirm energiesparend vom Umgebungslicht "hinterleuchtet" werden und so die Laufzeit von Notebooks dramatisch verlängern.

Samsungs transparente LCD-Einheit wird allerdings nicht lange allein auf dem Markt sein. Lokalrivale LG stellt ebenfalls ein transparentes Display aus, das mit 47 Zoll Bilddiagonale einen Zoll größer als Samsungs ist. Es hat aber den Nachteil, technisch noch nicht so ausgefeilt zu sein. Konkurrenz für Samsung gibt es zudem aus dem eigenen Haus. Bei der Tochter Samsung Mobile Displays arbeitet man an transparenten Amoled-Displays und stellte ein Notebook sowie Schaufensterlösungen mit dieser Technik vor. Die Probleme: Wann diese Komponenten auf den Markt kommen sollen, ist noch völlig offen. Und die transparenten OLED-Displays verbrauchen relativ viel Strom, da sie immer leuchten müssen, während bei transparenten LCDs wie erwähnt zumindest bei Tageslicht das Backlight entfallen könnte. Wenigstens sagte mir das ein Samsung-Techniker. Aber der Stromverbrauch soll trotzdem verhältnismäßig moderat sein. 5 bis 6 Watt bei vollweißem Bild auf einem 14-Zoll-Monitor.

Und wo wir gerade bei Samsung Mobile Displays sind: Die Südkoreaner haben auch meinen zweiten Höhepunkt der Messe parat, ein hochflexibles, recht hoch auflösendes OLED-Display. Auf dem 4,5-Zoll-Bildschirm verteilt es 800 mal 480 Pixel. Es ist damit ausreichend ausgestattet für Handy- und ePaper-Anwendungen. Und sehr robust ist das auf Polymer aufgebrachte Oled-Display auch: Es lässt sich zu einer Rolle mit zwei Zentimeter Durchmesser schrumpfen, und zwar getestete 40.000 Mal. Dummerweise ist es aber noch nicht ganz marktreif. Derzeit eruieren die Ingenieure, welche Anforderungen die Kunden an die Lebenszeit stellen würden. Erhoffter Verkaufsbeginn: 2012. Ein anderer Hersteller, der mit flexiblen OLEDs hausieren geht, ist die amerikanische OLED-Schmiede Universal Display. Die kleine Firma, die Hunderte von Patenten in der OLED-Entwicklung hält, hat ein flexibles, nur 70 Mikrometer dickes Metalldisplay entwickelt.

Auch schon käuflich zu erwerben ist ein flexibles Plasmadisplay für Großbildschirme von Shinoda Plasma. Fujitsu Frontech vertreibt die einen Quadratmeter mal einen Millimeter großen Plasma-Tube-Array-Module, die sich zu beliebig großen Bildschirmen arrangieren lassen. Andere Hersteller zeigen auch flexible ePapers oder ähnliches, aber ihre Produkte scheinen noch weiter von der Marktreife entfernt zu sein.

Der dritte große Trends sind farbige eBooks. Vier Techniken scheinen zu konkurrieren: LCDs und OLED-Displays (die hier nicht weiter beleuchtet werden sollen), ePaper-Lösungen, die auf der Reflexion des Lichts beruhen, und eine Technik, die sich "Electrowetting" nennt.

Auf dem Stand des Herstellers e-Ink stellt der chinesische Hersteller Hanvon (auf chinesisch Hanwang) einen der ersten kommerziell erhältlichen farbigen ePaper-eBook-Reader vor. Ab Dezember soll das Büchlein mit seinem 10-Zoll-Display für umgerechnet 400 Dollar in China zu haben sein. Hanvon kann zwar damit nicht ganz für sich in Anspruch nehmen, der erste Anbieter mit farbigem ePaper zu sein – das war Fujitsu mit seinem Flepia. Aber Hanvon ist der erste Anbieter eines nahezu erschwinglichen Modells.

Der Haken: Als marktreif empfand ich das Produkt noch nicht. Der Kontrast ist noch recht matschig und die Farben kaum erkennbar. Die Prototypen von LG sehen da schon einen Tick besser aus. Aber kaufen würde ich mir auch dieses Ding nicht. Zudem werden beide von zwei weiteren grundsätzlichen Problemen geplagt: Erstens können sie keine Videos darstellen, zweitens brauchen sie rund eine Sekunde zum Umblättern (oder sollte man besser sagen "Umbelichten"?) der Seite. Der Prozess ist gewöhnungsbedürftig, denn zwischen den Seiten sieht der Leser ein Farbnegativ des Bildes. Da ist Fujitsus Scan-Technik schon besser: Sie baut das Bild in 0,7 Sekunden in einem Wischvorgang auf. Nachteil auch hier ist der geringe Kontrast. "Sehen Sie mal den großen Scheinwerfer, den die installiert haben, um die Farben bunter darstellen zu können", lästert ein Konkurrent. Und richtig, am Fujitsu-Stand fühlt man sich wie am tropischen Sonnenstrand.

Rettung verspricht die Philips-Ausgründung Liquavista, die ein Electrowetting-Display entwickelt hat. Bei dieser Methode wird eine Flüssigkeit, genauer gesagt ein Gemisch aus Öl und Farbstoffen, durch Anlegen einer elektrischen Spannung verändert. Das entstehende Bild ist dabei ähnlich reflektierend wie e-Ink – das System erlaubt aber auch die Darstellung von bewegten Bildern. Die Prototypen auf der Messe können die Pixel in nur fünf Millisekunden schalten. Im Labor haben die Bildschirmchen sogar Taktraten von 120 und 240 Hz erreicht, also das Niveau heutiger Flachbildfernseher.

Schon jetzt soll die Technik die Farbdarstellung das iPad im Sonnenlicht schlagen, wenigstens haben die Holländer dies nach eigenen Angaben Apple so vorgeführt. Ein weiterer Vorteil: Die Herstellung gleicht zu rund 90 Prozent der Herstellung von LCDs, da die Flüssigkeiten genau wie Flüssigkristalle in die Pixel eingeschlossen werden. Firmen können daher ihre teuren LCD-Produktionsstraßen behalten und gleichzeitig Einkaufskosten sparen. Denn das Öl-Farbgemisch ist billiger als Flüssigkristalle und die Technik benötigt keine Polarisationsfilter. Ab der zweiten Hälfte 2011 soll es mit dem Vertrieb losgehen – wenn alles klappt.

Darüber hinaus gab es noch eine ganze Reihe anderer kleinerer Highlights. Auf die Phalanx der 3D-Displays will ich an dieser Stelle gar nicht mehr eingehen, denn das ist ja kein Zukunftstrend mehr, sondern schon Realität (ein paar Modelle sind auf meinem eingangs verlinkten Fotoblog zu sehen). Doch für mich die wirklich gute Nachricht: Es kommt Bewegung in den Markt der Flachdisplays. Bald werden wir vielleicht wirkliche Neuerungen sehen, von denen viele von uns bisher nur geträumt haben. (bsc)