Schau mir in die Augen, Kleines!

Eine israelische Firma hat eine Biometrie-Verfahren entwickelt, das Personen anhand ihrer Augenbewegungen identifiziert. Es sollt schwerer zu überlisten sein als die Analyse von Netzhaut oder Iris.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Duncan Graham-Rowe

Eine israelische Firma hat eine Biometrie-Verfahren entwickelt, das Personen anhand ihrer Augenbewegungen identifiziert. Es sollt schwerer zu überlisten sein als die Analyse von Netzhaut oder Iris.

Jeder von uns sieht die Welt mit anderen Augen. Diese banale Erkenntnis will die israelische Firma ID-U Biometrics nun für ein neues Biometrie-Verfahren ausnutzen: Es identifiziert Personen nicht anhand der Iris oder der Netzhaut, sondern der Bewegungen des Augapfels. Denn auch die sind für jeden Menschen charakteristisch.

Das Verfahren soll die Zuverlässigkeit in der biometrischen Erkennung erhöhen und noch schwerer als andere zu überlisten sein, verspricht ID-U Biometrics. „Das Interface ist wirklich ganz schlicht“, erläutert Daphna Palti-Wasserman, CEO des Unternehmens, das Prinzip. „Die Person betrachtet ein Symbol, das sich über den Bildschirm bewegt. Eine Kamera zeichnet dabei die Bewegungen des Auges auf.“

Selbst wenn das Symbol jedesmal in einem anderen Muster über den Bildschirm flitzt, soll diese Analyse die Identität des Betrachters verraten. ID-U Biometrics hat nach eigenen Angaben „kinetische Besonderheiten“ identifiziert, die für jedes Auge anders sind.

Eine spezielle Hardware ist für das Verfahren nicht nötig. Weil ein Bildschirm und eine Kamera genügten, sei es billiger und leichter zu installieren als andere Systeme, sagt Palti-Wasserman. Schon mit einer Standard-Videokamera erreiche das System eine Trefferquote von 97 Prozent. In vielen Handys und Laptop seien bereits geeignete Kameras eingebaut, so Palti-Wasserman. Das ID-U-Verfahren könnte deshalb künftig gerade auf mobilen Geräten eingesetzt werden. Die Firma entwickelt derzeit eine entsprechende App für das iPhone 4.

ID-U Biometrics will mit seiner Technologie Schwachstellen von bereits existierenden biometrischen Systemen ausmerzen. Denn die Muster von Fingerabdrücken und Netzhaut können kopiert werden, um Authentifizierungssystemen eine andere Person vorzutäuschen. Die Bewegungen des Augapfels ließen sich hingegen nicht kopieren, versichert Palti-Wasserman.

„Wir setzen eine Challenge-Response-Sequenz ein“, fügt sie hinzu. Mit „Challenge-Response“ bezeichnet man Authentifizierungsverfahren, bei denen eine Aufgabe (challenge) gestellt wird, die die Person nur mit speziellem Wissen beantworten kann (response). „Der gesamt Prozess hängt nur davon ab, was auf dem Bildschirm gezeigt wird“, sagt Palti-Wasserman.

Einen Challenge-Response-Ansatz würden bereits einige Sicherheitsverfahren verwenden, die den Tastenanschlag, die Handschrift oder die Stimme analysieren, weiß Kevin Bowyer, Biometrie-Experte von der University of Notre Dame bei Chicago. „Der entscheidende Vorteil ist, dass Sie die Authentifizierungssituation noch stärker unter Kontrolle haben, um bessere und zuverlässigere Ergebnisse zu bekommen.“

Die Bewegung des Symbols im ID-U-System ist so entworfen, dass ein Dutzend der „kinetischen Besonderheiten“ eines Auges abgefragt werden können. Dessen Bewegungen werden 30 Mal in der Sekunde aufgenommen. „Wenn das Zielsymbol springt und das Auge folgen will, nutzt es einen anderen Bewegungsmechanismus aus, als wenn es einem langsam dahingleitenden Symbol folgt“, beschreibt Palti-Wasserman das Konzept vage. Details über die kinetischen Messgrößen will sie nicht verraten. Eine Analogie sei die Art und Weise, wie zwei Personen dieselbe Straße entlang fahren: Die Trajektorien, die beide zurücklegen, sind nie identisch.

Um die Zuverlässigkeit des Systems zu beweisen, müsse es an Hunderten von Versuchspersonen getestet werden, und die Tests sollten mit einem deutlichen zeitlichen Abstand erfolgen, fordert Bowyer. „Es kommt häufig vor, dass biometrische Systeme eine tolle Performance haben, wenn man von den Versuchspersonen mehrere Aufnahmen im selben Testzeitraum macht“, erläutert Bowyer seine Skepsis. „Wenn man dieselbe Anzahl von Aufnahmen aber in Abständen von Wochen oder gar Monaten macht, sinkt die Trefferquote drastisch.“ (nbo)