ACTA bekommt den letzten Schliff

Bevor die Teilnehmerstaaten das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen unterzeichnen, sollen auf einem letzten Treffen Ende November noch verbliebene Fehler und Unklarheiten bereinigt werden.

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Von
  • Monika Ermert

Die Vertragsparteien des umstrittenen Anti-Piraterieabkommen ACTA haben wie erwartet einen bereinigten Entwurf (PDF-Datei) vorgelegt. Ganz unterschriftsreif ist das Abkommen damit allerdings noch nicht. Der Text wird noch einmal durch abschließende rechtliche Beratungen gehen, wie ein Sprecher von Handelskommissar Karel De Gucht gegenüber heise online bestätigte. ACTA solle noch dem "letzten rechtlichen Schliff auf einer technischen Ebene" erhalten. Dazu kommen die Vertragspartner Ende November noch einmal für ein paar Tage in Sydney zusammen. Die Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament haben dann das letzte Wort.

Noch nicht bereinigt ist ein von der Kommission gegenüber den EU-Mitgliedsstaaten schon anerkannter Fehler, der bei genauer Auslegung die Zerstörung von Gütern durch EU-Behörden erlaubt, obwohl nach EU-Recht keine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Die Formulierung sei ein Fehler, der durch die Streichung des Begriffs einer tatsächlichen "Rechtsverletzung" aus der Definition von "raubkopierte, urheberrechtlich geschützte Güter" entstanden sei, teilte die Kommission in einem von der Verbraucherorganisation Trans Atlantic Consumer Dialog (TACD) kürzlich veröffentlichten Bericht den Mitgliedsstaaten mit. An dem Beispiel wird deutlich, dass kleinste Details in dem auf 24 Seiten zusammengeschrumpften Abkommen weitreichende Folgen haben können.

Ein aus Sicht vieler Kritiker heikler Punkt ist die geplante Verschärfung bei den Bestimmungen zum Schadensersatz. Im Fall von Urheberrechtsverletzungen verpflichten sich die ACTA-Mitgliedsstaaten zu einer Regelung für "zusätzlichem Schadensersatz". Ins Ermessen der Richter soll überdies gestellt werden, ob Raubkopierer auch für Gerichts- und Anwaltskosten aufzukommen haben. Anette Kur vom Münchner Institut für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht teilte auf Anfrage von heise online mit, sie könne die Besorgnis zu den Schadensersatz-Regeln in ACTA verstehen. "Hier wird es künftig wohl verschärften Druck in Richtung auf eine fühlbare Erhöhung der zuzusprechenden Beträge geben."

Eine Koalition von Netzbetreibern und Internet Service Providern warnte (PDF-Datei) am Montag, dass ACTA entgegen aller Beteuerungen über geltendes Recht hinausgehe. Unter anderem führe ACTA strafrechtliche Maßnahmen gegen Urheberrechtsverletzungen ein. Zudem sehen die Provider erweiterte Möglichkeiten für einstweilige Verfügungen gegen sie und warnen vor künftigen Änderungen von ACTA durch das geplante ACTA-Komitee.

Besorgt sind die Provider laut Andrea D'Incecco von europäischen Providerverband EuroISPA auch angesichts der ACTA-Klausel, die für mehr Zusammenarbeit zwischen Providern und den Rechteinhabern wirbt. In der kurz vor der Novellierung stehenden "Durchsetzungsrichtlinie" könnte diese Empfehlung bereits ihren ersten Widerhall finden, warnt D'Incecco. "Wir befürchten, dass die Provider zu freiwilligen, außergesetzlichen Verfahren angehalten werden, die Rechteinhaber zu unterstützen." Auf der Wunschliste der Rechteinhaber stünden bekanntermaßen Filter- und Blockademaßnahmen gegen Urheberrechtsverletzungen. (vbr)