Drohende Insolvenz: Rechte und Pflichten des Unternehmers

Die Wirtschaftskrise scheint überwunden, dennoch sind weiterhin tausende Firmen von der Zahlungsunfähigkeit bedroht. Hier erfahren Sie, was Sie tun müssen, wenn Ihr Unternehmen seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

So traurig es ist: eine Unternehmensinsolvenz ist heute nichts ungewöhnliches mehr. Allein in den ersten acht Monaten dieses Jahres meldeten mehr als 20.000 Firmen ihre Zahlungsunfähigkeit. Diese bedeutet entgegen der landläufigen Meinung aber nicht automatisch die Pleite bzw. das Ende des Unternehmens: ein Großteil der betroffenen Firmen geht dank einem Sanierungskonzept mit neuer Kraft aus dem Insolvenzverfahren hervor. Ein Vergnügen ist der Prozess aber für keinen der Beteiligten und Erfolg verspricht das Insolvenzverfahren nur, wenn rechtzeitig gehandelt wurde.

Hat der Unternehmer den Antrag zu lange hinausgezögert, setzt er nicht nur seine Firma auf's Spiel, sondern hat sich unter Umständen auch strafbar gemacht. Die Ausrede, der Unternehmer habe die drohende Insolvenz nicht bemerkt, gilt nicht: der Verantwortliche hat die entsprechende Sorgfaltspflicht. Erkennt er den Zustand seiner Firma nicht rechtzeitig, hat er diese vernachlässigt und sich somit ebenfalls strafbar gemacht.

Der Unternehmer ist verpflichtet, einen Antrag auf die Eröffnung eines Unternehmensinsolvenzverfahrens zu stellen, sobald er zahlungsunfähig ist. Besser ist es, den Antrag bereits bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit zu stellen. Lange Zeit bestand sogar die Pflicht, dass bei einer rechnerischen Überschuldung der Insolvenzantrag innerhalb von wenigen Wochen zu stellen ist. Inzwischen ist das nicht mehr der Fall – vorausgesetzt, es besteht eine positive Fortführungsprognose für das Unternehmen. Wer also beispielsweise einen akuten finanziellen Engpass hat, aber in ein paar Wochen wieder "flüssig" ist, weil er den Zuschlag für einen Großauftrag erhalten hat, muss keine Insolvenz anmelden, sondern das Thema lediglich mit seinen Gläubigern klären.

Diesen Punkt sollte man keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen, denn nicht nur der Unternehmer, sondern auch seine Gläubiger können ein Insolvenzverfahren für das Unternehmen vernachlässigen. Behördliche Institutionen wie Krankenkasse oder Finanzamt verstehen bei ausbleibenden Zahlungen keinen Spaß. Auch kann ein Vertrauensverlust bei der Bank schwerwiegende Folgen haben, wenn beispielsweise die Konten eingefroren oder Kredite vorzeitig gekündigt werden. Dies kann ein Unternehmen mit einer positiven Prognose dann tatsächlich in die Insolvenz treiben. Daher ist es wichtig, mit den Gläubigern rechtzeitig und offen zu sprechen.

Ist die Prognose für das Unternehmen nicht so positiv, sollte der Unternehmer den Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens möglichst rasch stellen. Denn eine Verschleppung der Insolvenz kann auch strafrechtliche Folgen (§ 15a InsO) für den Verantwortlichen haben. Ist der Antrag beim Amts- bzw. Insolvenzgericht gestellt, wird dieses zunächst prüfen, ob überhaupt noch ausreichend Insolvenzmasse (also Werte, Ware, Geld) vorhanden ist. Ist nicht mal mehr genug vorhanden, um die Kosten des Verfahrens zu decken, wird der Antrag abgewiesen und das Unternehmen muss seinen Betrieb endgültig schließen.

Wird der Antrag angenommen, wird ein Insolvenzverwalter bestellt. Dieser muss innerhalb von drei Monaten eine Analyse über die Situation und eine Prognose für die Fortführung des Unternehmens vorlegen. Dabei wird geprüft, ob der Inhaber angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen und Einbeziehung von Sanierungsmaßnahmen die finanziellen Verpflichtungen wieder fristgemäß erfüllen könnte. Dieser Zahlungsfähigkeitsprognose liegt in der Regel ein Finanzplan für die kommenden zwei Jahre zugrunde.

Ist die Prognose positiv, ist die Firma aber noch nicht über den Berg, denn ob wirklich fortgeführt oder geschlossen wird, entscheidet nicht der Insolvenzverwalter, sondern die Gläubigerversammlung. Entscheiden sie sich dafür, muss als nächstes ein Insolvenzplan erarbeitet und vorgelegt werden. Entscheiden sie sich dagegen, werden die verbleibenden Unternehmenswerte verkauft und die Erlöse unter den Gläubigern aufgeteilt.

Häufig reichen die Erlöse aber nicht aus, um alle Schulden zu begleichen. Gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen bleiben dann viele Schulden am Eigentümer hängen. Dieser muss zunächst versuchen, sich mit den Gläubigern zu einigen und entsprechende Zahlungen zu leisten. Außerdem kann er unter bestimmten Voraussetzungen einen Antrag auf Restschuldbefreiung im Rahmen eines Verbraucherinsolvenzverfahrens stellen, dann wäre er nach sechs Jahren wieder schuldenfrei. (Marzena Sicking) / (map)

Bitte beachten Sie: dieser Artikel dient lediglich der allgemeinen Information und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Rechtsgültigkeit. Auch kann er eine Beratung durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater nicht ersetzen. Sollten Sie von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit betroffen sein, wenden Sie sich bitte dringend an einen Experten Ihres Vertrauens. (masi)