Schnee, Eis und Chaos: Was Arbeitnehmer beachten müssen

Wenn auf den Straßen das Winterchaos regiert, haben viele Arbeitnehmer Probleme, es rechtzeitig zur Arbeit zu schaffen. In solchen Situationen haben Arbeitnehmer bestimmte Rechte und Pflichten.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Marzena Sicking
Inhaltsverzeichnis

Die winterlichen Straßenverhältnisse haben nicht nur für Autofahrer Folgen. Auch Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen mit bösen Überraschungen rechnen.

Kommt der Arbeitnehmer zu spät ins Büro, weil winterliche Straßenverhältnisse ihn behindert haben oder weil er wegen entsprechender Unfälle im Stau stand, dann handelt es sich keinesfalls um "höhere Gewalt". Vielmehr hat die Rechtsprechung hier eine klare Meinung: Der Mitarbeiter muss seine Anreise zum Arbeitsplatz vorausschauend organisieren. Im Winter hat er mit wetterbedingten Problemen zu rechnen und muss eben entsprechend früher aufbrechen. Kommt der Mitarbeiter doch zu spät, kann der Arbeitgeber ihm deswegen aber nicht gleich eine Abmahnung geben oder ihm gar kündigen. Allerdings kann er verlangen, dass die versäumte Arbeitszeit nachgeholt wird bzw. muss die versäumte Arbeitszeit nicht zahlen. Das ist allerdings kein Freibrief, um mal wieder auszuschlafen: Wer regelmäßig zu spät kommt, während die Kollegen es trotz Eis und Schnee pünktlich in den Betrieb schaffen, muss durchaus mit einer Abmahnung rechnen.

Höhere Gewalt bzw. sogenannte übergeordnete Gründe liegen nur in speziellen Fällen vor. Wird beispielsweise vom Wetterdienst eine Sturmwarnung herausgegeben und die Bevölkerung aufgefordert, ihre Häuser nicht zu verlassen, liegt es im Ermessen des Mitarbeiters, ob er sich auf den Weg ins Büro macht oder nicht. Bleibt er lieber zu Hause, muss er das natürlich dem Arbeitgeber melden. Dieser kann dann keine Abmahnung wegen "Arbeitsverweigerung" oder Ähnlichem aussprechen. Diese Falschannahme hält sich aber genauso hartnäckig wie die, dass der Arbeitgeber für den Tag Lohn zu bezahlen hat. Tatsächlich ist der Arbeitgeber nicht verplichtet, den Mitarbeiter für Arbeitsstunden zu bezahlen, die der nicht geleistet hat. Das gilt übrigens auch, wenn der Arbeitnehmer gerne ins Büro gekommen wäre, aber nicht konnte. Wird er beispielsweise im Ski-Urlaub so eingeschneit, dass er nur mit Verspätung aus dem Urlaub zurückkehren kann, droht ihm keine Abmahnung – er hat das Chaos schließlich nicht mutwillig veranlasst – aber ein kleiner Verdientsausfall.

Grundsätzlich gilt: Wer es – warum auch immer – nicht rechtzeitig in die Firma schafft, muss seinen Arbeitgeber so schnell wie möglich darüber informieren. Tut er das nicht, handelt es sich um eine Pflichtverletzung, und die ist durchaus abmahnfähig.

Bei Schnee und Eis kommt es natürlich auch öfter zu Unfällen. Wird der Mitarbeiter beispielsweise bei einem Autounfall oder einem Sturz auf eisiger Straße verletzt, kann es sich um einen sogenannten "Wegeunfall" handeln, der quasi wie ein Arbeitsunfall behandelt wird (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ). Dann greift gegebenenfalls der Versicherungsschutz beim zuständigen Unfallversicherungsträger, z. B. der Berufsgenossenschaft. Allerdings müssen hierzu bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Die wichtigste ist, dass sich der Mitarbeiter nachweislich auf dem direkten Weg zur Arbeit befunden haben muss. Macht er einen Umweg, beispielsweise, um sich ein Brötchen zu holen oder zu Tanken, ist der direkte Arbeitsweg nicht mehr gegeben. Hingegen muss er nicht zwingend immer von seiner eigenen Adresse aus starten, sich aber nachweislich vorher mehrere Stunden an besagtem Ort aufgehalten haben. Die Ausnahmen sind allerdings auch nur zulässig, wenn der Arbeitsweg sich dabei nicht um ein Mehrfaches verlängert.

[Update]Gesetzgeber und Rechtsprechung sind hier sehr streng. Wer Umwege aus privaten Gründen macht, hat keinen Versicherungsschutz. Wie bei jeder Regel gibt es hier allerdings auch Ausnahmen. So kann ein Umweg durchaus auch versichert sein, wenn er als "geringfügig" eingestuft werden kann. Nur haben Versicherung und Versicherungsnehmer meistens ja unterschiedliche Ansichten darüber, wie "geringfügig" auszulegen ist. Der Gesetzgeber lässt außerdem Ausnahmen zu, wenn es um den Transport von Kindern zur Krippe oder Kindergarten geht. Auch das Abholen von Teilnehmern einer Fahrgemeinschaft (die den Arbeitsort zum Ziel hat) ist eine versicherte Ausnahme. Versichert ist außerdem die Fahrt von Wochenendheimfahrern nach Hause. Doch wie immer gilt: Auch von den Ausnahmen gibt es Ausnahmen. Wer ganz sicher gehen will, sollte daher bei der Versicherung nachfragen, ob er in seiner individuellen Ausnahmesituation ebenfalls einen Versicherungsschutz genießt.

Wer gegen die allgemeinen Verkehrsregeln verstößt und so den Unfall verursacht, hat den Versicherungsschutz in jedem Fall verwirkt. Ein kleiner Trost für alle, denen tatsächlich ein Unfall passiert: Zwar bleiben Sie an diesem Tag vermutlich auch der Arbeit fern oder kommen zu spät, doch der Lohn darf Ihnen nicht gekürzt werden bzw. der Arbeitgeber muss die ausgefallene Arbeitseit trotzdem finanziell mittragen. (gs)