RoboCup-WM: Jetzt kicken und tanzen auch die Junior-Roboter

Nachdem nun auch in der Junior-Liga die Wettkämpfe begonnen haben, nimmt die diesjährige RoboCup-WM langsam Fahrt auf.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Mitglieder des schwedischen Teams Aros beim Zusammenbau ihrer Roboter [Klicken für vergrößerte Ansicht]

Nachdem nun auch in der Junior-Liga die Wettkämpfe begonnen haben, nimmt die diesjährige RoboCup-WM langsam Fahrt auf. Die Wettbewerbe für Schüler der Grund- und Sekundarstufe werden seit 2000 veranstaltet und haben seitdem kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. In diesem Jahr nehmen allein in der Junior-Liga 158 Teams aus 18 Ländern teil. Einige Länder wie Finnland, Israel, Saudi Arabien und die Slowakei sind nur in dieser Liga vertreten.

Das Team Parmida aus Isfahan nimmt in der Juniorliga teil. Ihr Roboter ist im Unterschied zu den anderen Teilnehmern der Liga mit einer Kamera ausgestattet [Klicken für vergrößerte Ansicht]

Die Nachwuchsförderung, die beim RoboCup anfangs etwas stiefmütterlich behandelt wurde, findet allmählich die Anerkennung, die sie verdient. Immerhin ist es das erklärte Ziel der RoboCup-Initiative, bis zum Jahr 2050 humanoide Roboter zu konstruieren, die in der Lage sind, gegen den menschlichen Fußballweltmeister nach offiziellen Fifa-Regeln zu spielen und zu gewinnen. Die Ingenieure und Informatiker, die solche Kickmaschinen entwickeln könnten, gehen heute noch zur Schule oder sind noch gar nicht geboren. Es ist wichtig, die Junioren eng an den Wettbewerb der Erwachsenen zu binden, statt sie wie bei früheren Turnieren in andere Hallen oder gar, wie bei der WM 2002 in Fukuoka, in andere Städte abzuschieben. Zwar ist der auf vielen kleinen Tischen ausgetragene Fußballwettbewerb der Junioren für das Publikum nur wenig attraktiv. Dafür sorgt aber der Tanzwettbewerb, bei dem die Teilnehmer häufig eine faszinierende Kreativität entwickeln, immer wieder für Begeisterung.

RoboCup-Weltmeisterschaften selbst werden seit 1997 veranstaltet. Der Wettbewerb soll die Entwicklung von Technologien der Robotik und Künstlichen Intelligenz fördern. Das Fußballspiel sorgt dabei nicht nur für Popularität beim Publikum, sondern bietet vor allem eine einheitliche Testumgebung für autonome, mobile Roboterteams, die den direkten Vergleich der verschiedenen technischen Lösungen ermöglicht. Daneben gibt es die stärker anwendungsbezogenen Wettbewerbe für Rettungsroboter und Katastrophensimulationen.

Szene aus dem Vorrunden-Spiel B-Smart gegen CM RoboDragons (ein amerikanisch-japanisches Team), das 0:6 ausging. Die Roboter mit dem blauen Punkt in der Mitte sind die Roboter von B-Smart [Klicken für vergrößerte Ansicht]

Ausgetragen werden die Wettkämpfe in verschiedenen Spielklassen oder Ligen mit unterschiedlichen technischen Anforderungen. In der Small Size League etwa sind die Roboter nicht nur klein, sondern vor allem schnell. Gesteuert werden sie per Funk von Computern am Spielfeldrand, die wiederum Bilder einer über dem Spielfeld montierten Kamera verarbeiten. Die Schnelligkeit der Bildverarbeitung ist eine entscheidende Komponente für den Spielerfolg. Thomas Röfer von der Universität Bremen, der mit dem Team B-Smart in dieser Liga antritt, rechnet sich daher wenig Chancen auf einen der vorderen Plätze aus. "Wir brauchen von der Aufnahme eines Bildes bis zum Empfang des Befehls durch den Roboter etwa eine Viertelsekunde", sagt er. "Die FU-Fighters schaffen das in der Hälfte der Zeit." Die FU-Fighters von der Freien Universität Berlin treten in Osaka allerdings auch als Titelverteidiger an. Mit ihren Robotern zeigen sie, was in dieser Liga möglich ist: Querpässe vor dem Tor, die direkt verwandelt werden, oder weite Pässe, in die der empfangende Spieler hineinfährt.

Diese Dynamik lässt in der Middle Size League noch auf sich warten. In dieser Spielklasse müssen die Roboter alle Sensoren selbst an Bord haben und vollständig autonom agieren. Zwar gibt es auch hier Teams, wie etwa WinKit aus Japan, deren Spieler sich sehr schnell bewegen. Ein direktes Zuspiel wie in der Small Size League hat aber noch niemand realisiert. Das Spielfeld ist einfach noch zu klein, als dass Pässe zu Mitspielern entscheidende Vorteile bringen würden. Andererseits hat es mit acht mal zwölf Metern aber auch schon eine Größe erreicht, die sich kaum noch steigern lässt. Viele Teams haben heute schon Probleme, solche Spielfelder zum Testen ihrer Roboter in ihren Instituten zu errichten. Der nächste große Entwicklungsschritt in dieser Liga dürfte daher darin bestehen, ins Freie zu gehen. Für die nächste Weltmeisterschaft, die im Juni 2006 in Bremen stattfindet, sind entsprechende Demonstrationen geplant.

Gleichwohl bietet die Middle Size League immer noch Raum für neue Ideen, mit denen man zwar nicht das Turnier gewinnen, aber neue Entwicklungswege aufzeigen kann. So hat das Team Aros von der Mälardalen University in Västerås, Schweden, ein interessantes modulares Design für die Roboter entwickelt: Auf eine zentrale Stange, die zugleich die Elektrizität zur Verfügung stellt, werden Scheiben gesteckt. Diese Scheiben enthalten jeweils unterschiedliche Sensoren, etwa Ultraschalldetektoren oder eine Steroekamera, und können um die Zentralstange rotieren. Außerdem ist auf den Scheiben auch die Hardware zur Verarbeitung der Sensordaten untergebracht. "Andere Teams haben nur einen Zentralrechner, der in der Regel zu achtzig Prozent mit der Bildverarbeitung ausgelastet ist", sagt Teamleiter Lars Asplund. "Wir können unseren Computer für Aufgaben der Spielstrategie einsetzen."

Es gibt allerdings ein Problem: Die schwedischen Roboter wissen nicht, wo sie sind -- oder jedenfalls nur sehr ungenau. Sie können nur ihre gefahrenen Wege registrieren (Odometrie), diese unpräzisen Daten aber nicht mit anderen Sensoren abgleichen. Ohne zuverlässige Selbstlokalisierung wird sich die Vorrunde jedoch kaum überstehen lassen.

Auch dem Team ResQ Freiburg ist es leider nicht gelungen, die Fehler in der Software, die gestern zu einem schlechten Abschneiden in der Rescue Simulation League geführt haben, zu beheben. Die Teammitglieder konzentrieren sich jetzt auf den Infrastruktur-Wettbewerb. Dabei geht es darum, die physikalische Simulation der Katastrophe, in der die Software-Agenten sich bewähren sollen, zu verbessern.

Mitglieder des Freiburger Teams machen ihre Roboter zum Einsatz in der Rescue-Arena bereit [Klicken für vergrößerte Ansicht]

Noch offen ist der Wettbewerb der Rettungsroboter. Hier ist die Universität Freiburg ebenfalls mit einem Team vertreten. Neben drei ferngelenkten Robotern, die von einem menschlichen Operator in einem Nebenraum bedient werden, wird auch ein autonom agierender Roboter in die Arena geschickt. In einem künstlich hergerichteten Trümmerfeld, das die Situation nach einem Erdbeben darstellen soll, sollen mithilfe der Maschinen Karten der Umgebung erstellt und möglichst viele Überlebende, dargestellt durch Puppen, die sich bewegen oder Körperwärme ausstrahlen, gefunden werden.

Die Konkurrenz in dieser Liga ist allerdings hart. Insbesondere iranische und japanische Teams haben hier immer wieder mit besonders raffinierten Konstruktionen gepunktet. Neben den Rescue Robots Freiburg nehmen aus Deutschland Teams der International University Bremen und der Universität Bremen sowie das Team Deutschland 1, gebildet aus der Universität Osnabrück, Universität Hannover und dem Fraunhofer-Institut für Autonome Intelligente Systeme (AIS) teil.

Zur RoboCup-WM 2005 siehe auch:

Zur letztjährigen RoboCup-WM siehe:

(Hans-Arthur Marsiske) / (jk)