Kernel-Log: Wunderpatch integriert, verbesserte Grafiktreiber am Start

Die Kernel-Entwickler haben für Linux 2.6.38 den viel diskutierten Patch integriert, der die Reaktionsgeschwindigkeit von Linux-Desktops in bestimmten Situationen erheblich steigert. AMD-Entwickler erweiterten die Open-Source-Grafiktreiber um Unterstützung für einige Radeon-HD-6000-Grafikchips. Für Gesprächsstoff sorgt die verzwickte Situation bei den Grafiktreibern für Intels neue Prozessoren.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Nach der Freigabe von Linux 2.6.37 am Mittwoch Morgen tauchten in der Nacht von Donnerstag auf Freitag die ersten Patches für die Kernel-Version 2.6.38 im Hauptentwicklungszweig von Linux auf. Unter den ersten 2769 Commits von Torvalds waren unter anderem die knapp 600 Patches für das Netzwerksubsystem, die dessen Verwalter David Miller eingesandt hatte; mit ihnen stieß wie erwartet der Treiber rtl8192ce für die Realtek-802.11n-WLAN-Chips RTL8192CE und RTL8188CE zum Kernel.

Unter den ersten für Linux 2.6.38 vorgenommenen Änderungen war auch der Patch, der die Interaktivität von Desktop-Applikationen in bestimmten Situationen, bei denen die CPU voll ausgelastet wird, erheblich steigert. Er war unter anderem durch den Phoronix-Artikel "Der 200-Zeilen-Patch, der Wunder vollbringt" ("The ~200 Line Linux Kernel Patch That Does Wonders") bekannt geworden; Details zur Funktionsweise sowie die Beschreibung eines alternativen und flexibleren Ansatzes liefert ein älteres Kernel-Log. Der Betreuer des Prozess-Schedulers, Ingo Molnar, hob diese Funktion in seinem Git-Pull-Request explizit hervor und bezeichnet sie als vermutlich größte und spürbare Änderung im Prozess-Scheduler, die die Interaktivität verbessert.

Die über die Option CONFIG_SCHED_AUTOGROUP einschaltbare Funktion wird in den Vorgaben für die Kernel-Konfiguration allerdings deaktiviert. Wer sie einkompiliert, kann die Auto-Gruppierung über Kommandos wie "echo [01] > /proc/sys/kernel/sched_autogroup_enabled" nachträglich ein- und ausschalten oder über den Kernel-Boot-Parameter "noautogroup" gleich beim Booten lahm legen. Einige weitere Hinweise für den Einsatz finden sich im Kommentar zur Änderung.

Ein Viertel bis ein Drittel der größeren Änderungen von Linux 2.6.38 dürfte sich damit bereits jetzt im Quellcodeverwaltungssystem finden, obwohl das Merge Window von 2.6.38 gerade erst begonnen hat und noch zirka 12 Tage offen sein sollte. In dieser Zeit dürften unter anderem noch Änderungen an den Grafiktreibern hinzuziehen. Mit ihnen soll die Unterstützung für die Grafik in AMDs kürzlich offiziell eingeführte Fusion-Prozessoren Ontario und Zacate mit Bobcat-Kernen zum Kernel stoßen, denn die dafür zuständigen Patches finden sich bereits in Linux-Next.

AMD-Entwickler Alex Deucher hat vergangene Nacht Patches veröffentlicht, die den Radeon-DRM-Treiber des Kernels um Unterstützung für einen Teil der auch als Northern Islands (NI) bekannte Grafikchips erweitern, die auf den seit Oktober verkauften Radeon-HD-Modellen der 6000er-Serie bis hin zur 6800-Reihe sitzen. Möglicherweise ziehen dieser Verbesserungen noch in Linux 2.6.38 ein, sodass die im Ende März oder Anfang April erwartete Kernel-Version mit diesen Grafikkarten bereits 2D- und 3D-Unterstützung beherrscht. Der dafür nötige Userspace-Code findet sich bereits in Entwicklerversionen von Mesa3D und dem X.org-Treiberpaket xf86-video-ati.

Kernel-based Mode-Setting (KMS) ist für die neuen Chips eine Voraussetzung, UMS (User Mode-Setting) durch den X-Server und dessen Treiber gelingt mit den Norther-Island-Chips nicht mehr. Die von dem noch jungen Code unterstützten Radeon-HD-6000-Chips ähneln in einigen Belangen der Vorgängergeneration (Radeon-HD-5000-Serie, Codename Evergreen). Die Cayman-Chips auf den Mitte Dezember eingeführten Radeon-HD-Modelle 6950 und 6970 haben weniger Gemeinsamkeiten; Unterstützung für diese ist laut Deucher in Arbeit, aber noch nicht bereit für eine Freigabe.