CES

Audi hat Google als Scout dabei

Audis Chef sprach enthusiastisch über die Möglichkeiten, Fahrzeuge mit Informationsdiensten aufzuwerten, wie sie moderne Smartphones aufweisen, und das Fahren so gleichzeitig komfortabler und sicherer zu machen.

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Von
  • Erich Bonnert

Für die erste Keynote eines deutschen Autoherstellers bei der CES hatte Audi-Vorstand Rupert Stadler einen großen Auftritt inszenieren lassen: Mit CEA-Chef Gary Shapiro als Beifahrer chauffierte er einen eTron Spyder auf die Bühne, die Konzeptstudie eines Hybrid-getriebenen Sportwagens. Das zweisitzige Cabrio hat zwei Elektromotoren mit zusammen 64 kW Leistung und einen Drei-Liter-Turbodiesel mit 221 kW eingebaut. Damit sprintet der ganz aus Aluminium gebaute Wagen in 4,4 Sekunden auf 100 km/h berichtete Stadler stolz. Audi beziffert den Durchschnittsverbrauch mit 2,2 Liter. Die Lithium-Ionen-Batterie hat eine Kapazität von 9,1 kWh; der Elektroantrieb reicht für Fahrten von maximal 50 Kilometer bei Höchstgeschwindigkeiten von 60 km/h.

Später steuerte auch Jen-Hsen Huang, der Chef von Chip-Hersteller Nvidia, in einem Audi 8 eTron auf die Bühne. Mit Nvidias Tegra-Chipset hat Audi das MMX- Infotainment-System konstruiert, das bereits in den Luxuskarossen A8 eingebaut wird. Später soll es zu kleineren Modellen nach unten durchgereicht werden. Huang zeigte das Smartphone Optimus 2X Star von LG, dessen grafische Fähigkeiten mit dem Dualcore-Tegra er als "Superphone" bezeichnete. Google Earth fährt bereits im heutigen A8 mit, bald kommt auch Streetview in 3D dazu. "Je realistischer die Präsentation, desto geringer die Ablenkung," erklärte Stadler. 3D-Darstellungen seien dabei die Technologie der Wahl. Google Maps findet auch Fahrtziele und zeigt interessante Punkte, oder etwa Tank- und Einkaufsmöglichkeiten in der Umgebung und entlang der Fahrtstrecke an.

Audis Chef sprach enthusiastisch über die Möglichkeiten, Fahrzeuge mit Informationsdiensten aufzuwerten, wie sie moderne Smartphones aufweisen, und das Fahren so gleichzeitig komfortabler und sicherer zu machen. Ein Grundproblem dabei: Fast alle Internet-Geräte verlangen die Aufmerksamkeit des Nutzers. "Im Auto wollen wir genau das Gegenteil," betonte Stadler. Ein weiteres Hindernis: Die fünf- bis sechsjährigen Entwicklungszyklen im Fahrzeugbau - in der Informationstechnik eine Ewigkeit. Audi ist mit der finnischen Firma Elektrobit ein Joint-venture eingegangen und tüftelt nun im Entwicklungszentrum E. Solutions mit 100 Software-Ingenieuren an den passenden Mensch-Auto-Schnittstellen.

Durch Gestenerkennung und Eingabe will Audi die Ablenkung des Fahrers vermeiden. Das Display mit MMI-Touch-Interface des Computers wird künftig direkt über einem Drehknopf eingebaut, mit dem in einem karusselförmigen Menü navigiert wird. Dazu kommt eine Handschrifterkennung, die vor allem in asiatischen Sprachen die Adresseingabe im Navigationssystem erleichtern soll. Das System hat Internet-Zugang und fungiert als WLAN-Hotspot für alle Passagiere. Für die Zukunft versprach Stadler ein Laserprojektionssystem für die Windschutzscheibe, das dem Fahrer augmentierte Informationen über Fahrtrichtung, Verbrauch und andere Fahrzeugdaten anzeigt, ohne dass er den Blick abwenden muss.
Dazu sollen auch zusätzliche Sicherheitsfunktionen kommen, etwa ein Vibrieren des Lenkrads wenn das Auto die Spur verlässt. Ein Nachtsicht-Assistent registriert Fußgänger bei Dunkelheit oder schlechter Sicht mit Hilfe einer Thermo-Kamera - sie werden dann auf der Scheibe hervorgehoben. Radarsysteme registrieren einen drohenden Auffahrunfall vorne oder hinten und lösen Schutzmechanismen gegen einen erwarteten Aufprall aus: Fenster und Schiebedach schließen blitzschnell, die Gurte werden gestrafft und die Vollbremsung eingeleitet.

Für ein Forschungsprojekt mit der Stanford-Universität hat Audi diese Technologien schon in einem autonom fahrenden Audi TTS in der Berg-Ralley Pikes Peak in Colorado ausprobiert. Bei aller Perfektion liege die Zukunft des Autos jedoch nicht in der Ablösung des Fahrers durch die Ingenieurskunst, betonte Stadler: "Wir wollen ja dem Fahrer nichts vom Fahren wegnehmen." (nij)