US-Regierung fordert personenbezogene Daten von Twitter [2. Update]

Eine US-Justizbehörde in Virginia hat vom Kommunikationsdienst Twitter die Herausgabe von Adress- und Verbindungsinformationen gefordert. Es geht um Daten zu Personen, die mit Wikileaks in Verbindung stehen, darunter eine Abgeordnete des Isländischen Parlaments.

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Von
  • Dorothee Wiegand

Birgitta Jonsdottir, eine Abgeordnete des Isländischen Parlaments ist laut britischen Medienberichten aufgrund ihrer Verbindungen zu Wikileaks ins Visier der US-Regierung geraten. Sie wurde vom Kommunikationsdienst Twitter darüber informiert, dass die amerikanische Justizbehörde die Herausgabe aller Tweets verlangt habe, die die Politikerin nach November 2009 verfasst hat. Birgitta Jonsdottir twittert unter dem Kürzel birgittaj. In ihrem Blog diskutierte sie Mitte Dezember die Frage, ob Julian Assange in Island politisches Asyl gewährt werden sollte.

In dem Fax der US-amerikanischen Justizbehörde vom 14. Dezember 2010 werden die verlangten Daten als Informationen bezeichnet, die für laufende Ermittlungen krimineller Handlungen relevant seien. Twitter wird darin aufgefordert, die Daten innerhalb von drei Tagen herauszugeben. Im Einzelnen geht es um User-Namen und Nicknames sowie andere – eventuell nur vorübergehend genutzte – Indentitäten, sämtliche Telefonnummern, E-Mail- und Post-Adressen, Aufzeichnungen über Zeitpunkt und Länge jedes Zugriffs, Zahlungsmodalitäten inklusive Kreditkarten-Details und Bankkonten und Angaben zu Datentransfers, darunter das Datenvolumen sowie die benutzte IP-Adresse.

Diese Daten verlangt der US District Court for the Eastern District of Virginia von Twitter für alle Twitter-Accounts, die mit Wikileaks in Verbindung stehen. Namentlich genannt werden in dem Fax die Isländerin Jonsdottir, der Internetaktivist Jacob Applebaum, der niederländische Hacker Rop Gonggrijp, außerdem Wikileaks-Chef Julian Assange sowie der Amerikaner Bradley Manning, der im Verdacht steht, die jüngst veröffentlichten Depeschen von US-Diplomaten an Wikileaks weitergegeben zu haben.

Birgitta Jonsdottir, die in der Vergangenheit auch als Freiwillige bei Wikileaks aktiv war, engagiert sich für die "Icelandic Modern Media Initiative" (IMMI), hinter der unter anderem auch Wikileaks-Vertreter stehen. Die Initiative gab im Juni 2010 den Anstoß zu einer Entschließung, mit der Island zu einer Insel der Meinungs- und Informationsfreiheit werden will, die die sogenannten Whistleblower als anonyme Quelle für oft brisante Informationen unter besonderen Schutz stellt.

[Update]: In der ursprünglichen Gerichtsentscheidung, die Twitter zur Herausgabe der Daten verpflichtete und die Salon veröffentlichte, war festgehalten, dass die betroffenen User nicht über die Vorgänge informiert werden sollten. Dies hob das Gericht auf Antrag von Twitter hin auf.

[2. Update]: Wikileaks-Mitarbeiter vermuten nach einem Bericht des britischen The Guardian , dass auch Google und Facebook ähnliche Anweisungen erhalten haben könnten. Sie forderten die beiden Internet-Konzerne auf, darüber Auskunft zu geben.

Wikileaks-Gründer Julian Assange sieht in dem Schritt der USA einen Angriff auf die Menschenrechte und eine "Bedrohung". "Wenn die iranische Regierung versuchen würde, solche Informationen über ausländische Journalisten oder Aktivisten zu erzwingen, würde es einen Aufschrei von Menschenrechtsgruppen aus der ganzen Welt geben», sagte er. Assanges Londoner Anwalt Mark Stephens sagte der BBC , die US-Regierung versuche, die Menschen einzuschüchtern. Die Forderungen seien nicht juristisch, sondern politisch motiviert.

Isländische Politiker kritisierten derweil die USA scharf für die Forderung nach Herausgabe persönlicher Daten. So erklärte etwa Oessur Skarphedinsson, Islands Außenminister, es sei nicht tolerierbar, dass gewählte Abgeordnete auf diese Art behandelt würden. (dwi)