Führungswechsel: Der unbekannte Chef

Gerade wenn es um das Spitzenmanagement einer Firma geht, werden gerne Kräfte von außerhalb eingekauft. Damit will man Konflikte vermeiden, die sich ergeben, wenn ein früherer Kollege zum Chef wird. Doch der Start für den "Neuen" ist auch nicht unproblematisch.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Wer als neuer Chef in eine Firma kommt, steht meist einer verunsicherten Mannschaft gegenüber. "Der Neue" kommt nicht aus den eigenen Reihen, man kann ihn nicht einschätzen. Auch sorgt der Einkauf eines Managers von außerhalb insbesondere in Krisenzeiten für Gerüchte: Soll der oder diejenige vielleicht umstrukturieren und Stellen abbauen? Wird er oder sie versuchen, langjährige Mitarbeiter durch eigene Leute zu ersetzen? Hat der Vorgänger schlecht gewirtschaftet oder ging im Streit, dann funktioniert beim Antritt des neuen Chefs meistens nur noch der Flurfunk reibungslos.

Natürlich ist in der Regel auch die neue Führungskraft verunsichert. Schließlich wird auch diese Person mit neuen Kollegen und Persönlichkeiten und einem neuen Arbeitsumfeld konfrontiert. In so einer Situation muss man den Mittelweg zwischen Menschlichkeit und Professionalität finden: Spielen Sie den Coolen, glauben die Mitarbeiter wahrscheinlich, dass Sie sich nicht für die Mannschaft interessieren – und schon haben Sie die Leute gegen sich. Aber zugeben, dass Sie Angst haben, dürfen Sie natürlich auch nicht: Hilflosigkeit und Angst bei einem Vorgesetzten wird von den Mitarbeitern automatisch mit "Unfähigkeit" übersetzt.

Damit der Start gelingt und Ihre neuen Mitarbeiter schnell mit Ihnen und nicht gegen Sie arbeiten, sollten Sie die folgenden Regeln beachten.

1. Stellen Sie sich vor. Oder noch besser: lassen Sie sich vom Vorgänger oder einem Vorgesetzten vorstellen. Das ist doch selbstverständlich, meinen Sie? Mitnichten. Es gibt mehr Firmen, als man sich vorstellen kann, in denen der neue Chef schon einige Tage, wenn nicht gar Wochen herumspringt, bevor man den Mitarbeitern etwas mitteilt. Das ist schlechter Stil, sorgt für miese Stimmung und hemmt die Produktivität. Vorstellen bedeutet übrigens nicht, dass Sie nur Ihren Namen und evtl. bisherigen Werdegang runterspulen. Sondern auch, dass Sie den Mitarbeitern sagen, was auf sie zukommt. Erklären Sie Ihren Führungsstil, Ihre Ziele und wie Sie diese erreichen möchten. Sie sollten also entsprechend vorbereitet sein.

2. Reden Sie mit jedem Mitarbeiter. Und zwar nicht nur kurz am Kaffeeautomaten, sondern unter vier Augen in Ihrem neuen Büro. Denn es geht nicht nur darum, dass die Leute Sie kennenlernen. Sie müssen schließlich auch wissen, mit wem Sie es zu tun haben. Also überlegen Sie sich ein paar intelligente Fragen und lassen Sie sich von jedem Mitarbeiter von sich und seinem Aufgabenbereich berichten. Fragen Sie auch nach Verbesserungswünschen in der jeweiligen Abteilung. Wenn Sie zuhören, werden Sie bei den Mitarbeitern punkten. und wenn Sie nicht nur so tun, als ob Sie ein offenes Ohr haben, dann werden Sie sicher auch gute Anregungen erhalten. Denn keiner kennt den Laden besser, als die Leute, die ihn seit Jahren schmeißen.

3. Pflegen Sie einen motivierenden Umgang. Zeigen Sie den Mitarbeitern, dass Sie Ihnen vertrauen und an Ihre Fähigkeiten glauben. Teilen Sie Verantwortung, spornen Sie zur Eigeninitiative an. Stärken Sie das Selbstvertrauen Ihrer Mitarbeiter, sorgen Sie für Anerkennung und Erfolgserlebnisse. Denn eines ist klar: Mit einem neuen Chef weht auch ein anderer Wind in der Abteilung. Ihr Job in den ersten Wochen ist es, zu vermitteln, dass die neuen Zeiten gute sein werden.

4. Stellen Sie die Spielregeln gemeinsam auf. Natürlich müssen Sie die "letzte Instanz" sein, das ist Ihr Job. Aber achten Sie darauf, die Meinung der Mitarbeiter einzuholen und gute Vorschläge auch tatsächlich umzusetzen. Ignorieren Sie die Wünsche Ihrer Leute nicht. Denn wenn Sie über die Köpfe hinweg entscheiden, werden Sie die Mannschaft schnell gegen sich aufgebracht haben. Dann werden Sie nie einen Fuß auf den Boden bekommen. Besser ist es, die Mitarbeiter zu Ihrem Team zusammenwachsen zu lassen und sie an den Prozessen und Entscheidungen zu beteiligen. Nur so können auch Sie sich in ein bestehendes Team integrieren und dessen Leitung übernehmen. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)