BGH: Breitband hat Vorrang vor DVB-T

Ein Mieter muss trotz des Empfangs terrestrischen Digitalfernsehens (DVB-T) Baumaßnahmen zum Anschluss eines rückkanalfähigen Breitbandkabelnetzes erdulden.

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Von
  • Dr. Noogie C. Kaufmann

In einem Streit zwischen Vermieter und Mieter hat der Bundesgerichtshof (BGH) am heutigen Mittwoch entschieden, dass die Interessen des Vermieters an einer zukünftigen Wertsteigerung seiner Wohnung höher zu bewerten sind als die Belange des Mieters an der Erhaltung des derzeitigen Standes. Demnach muss der Mieter trotz des Empfangs terrestrischen Digitalfernsehens (DVB-T) Baumaßnahmen zum Anschluss eines rückkanalfähigen Breitbandkabelnetzes erdulden (Az. VIII ZR 253/04).

Hintergrund des Rechtsstreits war die Einführung von DVB-T am 1. November 2002 in Berlin. Nachdem die analoge TV-Übertragung vom Netz genommen wurde, installierte der klagende Vermieter übergangsweise eine Sat-Schüssel auf dem Wohnungskomplex, mit der wie vorher auch fünf Programme empfangen werden konnten. Im Zuge weiterer Überlegungen wollte der Vermieter die Wohnungen an das Breitbandkabel anschließen und informierte die Mieter, um die erforderlichen Arbeiten durchführen zu können. Dazu war der später beklagte Mieter allerdings nicht bereit. Seine Begründung: Seit der Einführung von DVB-T und der dazu gehörigen Set-Top-Box könne Fernsehen in gleicher Qualität, aber halt preiswerter empfangen werden. Ein Breitbandanschluss sei folglich nicht erforderlich. So sahen es auch das Amtsgericht Schöneberg und gleichfalls das Landgericht Berlin. Die obersten Zivilrichter in Karlsruhe kommen allerdings zu einem anderem Ergebnis und geben dem Vermieter Recht.

Dreh- und Angelpunkt für den BGH war Paragraph 554 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach ein Vermieter Maßnahmen zur Verbesserung seines Objektes vornehmen darf und der Mieter die dazu erforderlichen Zugänge ermöglichen muss. Entscheidend bei der Duldungspflicht des Mieters sei dabei, ob der Vermieter dadurch zukünftig damit rechnen könne, die Wohnung eher als jetzt weitervermieten zu können. Anders als das Landgericht Berlin hat der Bundesgerichtshof bei Breitbandkabel-Anschlüssen keine Bedenken. Seiner Meinung könne der Vermieter den Anschluss legen lassen, da der Anschluss eine Wertsteigerung der Wohnung darstelle. Im Gegensatz zum DVB-T könne man derzeit über Breitband mehr als 30 zusätzliche Hörfunkprogramme in Stereoqualität empfangen. Darüber hinaus ermögliche die Breitbandtechnik den Empfang zahlreicher ausländischer Sender, was gerade bei dem hohen Ausländeranteil in Berlin für eine Wertsteigerung der Wohnung nicht unerheblich sei. Schlussendlich könne auch nicht die technologische Entwicklung außer Betracht bleiben, wonach zukünftig die interaktive Mediennutzung via TV möglich ist. Wegen dieser Vorteile für den Vermieter müsse der Mieter Kabelarbeiten innerhalb seiner Wohnung hinnehmen und auch ermöglichen. (Noogie C. Kaufmann) / (jk)