Gefeiert, kritisiert und immer noch da

Das "One Laptop Per Child"-Projekt versucht sich an einem neuartigen Tablet-Rechner.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christine Jurgeit-Körner

Tablets, Tablets überall. Kein CES-Besucher oder Leser einschlägiger Fachmedien kam an den zahlreichen mehr oder weniger interessanten iPad-Konkurrenten vorbei. Wer sich dabei nicht übermäßig von den brillanten Displays und bunten Features blenden ließ, konnte beim näheren Hinsehen einen ganz besonderen Vertreter dieser hippen Rechnerspezies ausmachen: das OLPC XO-1.75 – ein Display in iPad-Größe eingerahmt von weiß-grünem Kunststoff, das für 200 Dollar zu haben sein soll, wenn es einmal fertig ist.

Na, klingelt's? Einen Tipp gibt es noch: OLPC ist die Abkürzung für das Projekt "One Laptop Per Child", dessen Gründer Nicholas Negroponte mit der Idee vom 100-Dollar-Laptop vor einigen Jahren für reichlich Schlagzeilen gesorgt hat. Ich denke, jetzt dürfte sich jeder erinnern.

Die neue Version des XO-Laptops, wie der 100-Dollar-Laptop offiziell heißt, war vielen Technikblogs eine mehr oder weniger kurze Meldung wert – wie auch das auf der CES präsentierte 100-Dollar-Tablett. Doch hinter den darin zitierten technischen Daten steht ein noch größeres, ein soziales Projekt.

Wir erinnern uns: 2005 stellte der MIT-Professor Negroponte gemeinsam mit dem damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan auf dem zweiten Weltgipfel zur Informationsgesellschaft WSIS in Tunis erstmals einen funktionieren Prototypen des 100-Dollar-Laptops vor. Die Idee dahinter: die Entwicklung eines kindgerechten Lerncomputers, der Schülern in Entwicklungsländern über das Internet Zugang zu Wissensdatenbanken verschafft. Damit sollte die Schulausbildung der Ärmsten der Armen verbessert werden, denn mehr Bildung führt zu mehr Wohlstand. Und das alles für anvisierte 100 Dollar pro Gerät. Entwicklung und Vertrieb übernahm die neu gegründete gemeinnützige Gesellschaft OLPC unter Negropontes Leitung.

(BBC und Wired haben den CES-Auftritt zum Anlass genommen, einen ausführlicheren Blick auf das Projekt zu werfen, das in seiner Anfangszeit mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte.)

Der Begriff "Social Business", der überwiegend mit den im selben Zeitraum erfundenen Mikrokrediten in Verbindung gebracht wird, war damals gerade erst am Anfang. Entsprechend groß auch die Skepsis gegen diese Unternehmensform. Eine Firma, die nicht auf Gewinnmaximierung aus ist? Und das war nicht das einzige Problem. Die Entwicklung der Maschine gestaltete sich schwieriger und langwieriger als von den Erfindern erhofft. Und noch um einiges schwieriger und langwieriger gestalteten sich die Verhandlungen mit den Regierungen der Entwicklungsländer, die den Computer kaufen sollten. In der ersten politischen und medialen Euphorie wurden Versprechungen gemacht und Bestellungen in großen Stückzahlen zugesagt. Gekauft wurden sie dann oft doch nicht. Das hochgesteckte Ziel, im ersten Jahr fünf bis sieben Millionen Stück auszuliefern, wurde verfehlt.

Doch mittlerweile kann sich das Projekt über eine bessere Akzeptanz freuen. Und auch anfängliche technische Fehlentwicklungen und Streits mit ehemaligen Partnern wie Microsoft hat man hinter sich gelassen. Der Verkaufspreis der Computer sinkt kontinuierlich und wird vermutlich bald endlich unter die 100 Dollar-Marke fallen.

Auf seiner Homepage berichtet OLPC regelmäßig über aktuelle Projekte. Mit interaktiven Karten und Fotos lernender Kinder wird zum Beispiel von der erfolgreichen Zusammenarbeit mit der Flüchtlingshilfsorganisation UNRWA berichtet. 4000 Laptops wurden dabei etwa in die West Bank geliefert. Besonders erfolgreich war die Zusammenarbeit auch in Argentinien (60.000 Stück), in der Mongolei (14.500 Stück) oder Haiti (13.700 Stück). Insgesamt sind bis jetzt etwa zwei Millionen der 100-Dollar-Laptops ausgeliefert worden. Und das energiesparende Tablet-Modell soll die Erfolgsgeschichte fortsetzen. (bsc)