OECD-Studie: Ein echter Cyberwar ist unwahrscheinlich

Die Studie hält den Begriff für "over-hyped", da mittlerweile triviale Angriffe damit bezeichnet würden. Mit Cyberwar sei nur in Kombination mit konventionellen Angriffen zu rechnen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 72 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Daniel Bachfeld

Eine im Auftrag der OECD durchgeführte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass ein nur über das Internet geführter Cyberwar zwischen Staaten sehr unwahrscheinlich sei. Dafür seien die wichtigen Systeme nach Meinung der Autoren zu gut geschützt. Angriffe auf Systeme wie mit Stuxnet seien zwar machbar und erfolgreich, inklusive genauer Abschätzung der Auswirkungen – damit aber eben auch sehr gezielt und begrenzt.

Der Begriff Cyberwar sei ohnehin mittlerweile "over-hyped", er werde sehr inflationär und bereits zur Beschreibung von Aktivitäten benutzt, die in der Vergangenheit nur als Spionage oder Sabotage bezeichnet wurden. Selbst DoS-Attacken in Zusammenhang mit WikiLeak würden nun als Cyberwar bezeichnet, obwohl es sich nur um Blockaden handele.

Laut der von der University of Oxford und der London School of Economics durchgeführten Studie sei vielmehr mit gezielten Angriffen auf kritische Infrastrukturen in Kombination mit konventionellen Angriffen zu rechnen. Der beste Schutz vor derartigen Angriffen sei sorgsamer Entwurf und Aufbau der Systeme.

Die Autoren der Studie halten allerdings eine militärische Herangehensweise zum Schutz der Systeme für schwer machbar. Die üblichen Angriffsziele wie Verkehr, Transport, Energie- und Wasserversorgung sowie Finanzmärkte seien meist in privater Hand. Eine Abschreckung durch Androhungen von Gegenschlägen funktioniere nicht, weil meist nur schwer nachzuvollziehen sei, wer der eigentliche Angreifer sei.

Die Studie ist Teil des größeren OECD-Projekts "Future Global Shocks". Das Projekt untersucht die Ursache und Auswirkung globaler Katastrophen und versucht herauszufinden, welche möglichen Ereignisse im Cyberspace ähnliche Auswirkungen haben. So gebe es durchaus Potenzial für globale Störungen, etwa durch Angriffe auf bestimmte Internet-Protokolle beziehungsweise Systeme. Das Routing-Protokoll BGP ist beispielsweise solch ein Kandidat. Daneben können Phasen heftiger Sonnenaktivität Kommunikationssatelliten für einige Zeit lahmlegen.

Schon Anfang 2010 haben Experten eruiert, wie etwa die Chancen der USA in einem Cyberwar stünden. Damals kam man zu dem Ergebnis, dass feindlichen Mächte durchaus in der Lage seien, beispielsweise im Falle eines Konflikts um Taiwan oder Georgien das Stromnetz zu sabotieren. Man hielt es aber für unwahrscheinlich, dass China und Russland diese Option nutzen würden. Dies sei politisch zu riskant und komme einem Bomberangriff auf ein Kraftwerk gleich – was entsprechende Reaktionen nach sich ziehen würde. Zudem hätten auch feindliche Staaten eher Nachteile, wenn beispielsweise die Wall Street ausfalle. (dab)