Das entfesselte Netz

Mit der Funktechnik LTE starten die großen Mobilnetzbetreiber in die Zukunft: Bald sollen Übertragungsgeschwindigkeiten im hohen zweistelligen Megabit-Bereich keine Seltenheit mehr sein.

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Mit der Funktechnik LTE starten die großen Mobilnetzbetreiber in die Zukunft: Bald sollen Übertragungsgeschwindigkeiten im hohen zweistelligen Megabit-Bereich keine Seltenheit mehr sein.

Aus heutiger Perspektive war es eine absurde Situation. Da kämpften im Sommer 2000 elf Unternehmen, hinter denen einige der größten Telekommunikationskonzerne der Welt standen, mit Milliardensummen um ein kleines bisschen drahtloser Übertragungskapazität: Aus heutiger Sicht unfassbare 50,8 Milliarden Euro zahlten Player wie T-Mobile, Vodafone, E-Plus oder O2 für eine Eintrittskarte zum damals neuen Funkstandard UMTS in Deutschland, die ihnen die Bundesnetzagentur anbot.

Was zu jener Zeit mit UMTS möglich war, klingt mittlerweile fast lächerlich. Gerade mal 384 Kilobit pro Sekunde wurden beim Daten-Download via Funk erreicht. Das war zwar – verglichen mit den 1024 Kilobit pro Sekunde für das damals übliche einfache DSL im Festnetz – schon ganz flott. Doch die ersten Konsumenten waren von der Leistungsfähigkeit der jahrelang angepriesenen UMTS-Dienste wie etwa der Video-Telefonie bitter enttäuscht: Die Bilder ruckelten schrecklich, und da die wenigsten Endgeräte ein Farbdisplay hatten, war auch der optische Eindruck bescheiden. Es sollte noch Jahre dauern, bis das mobile Internet bei der Masse der Nutzer ankam. Denn um die Versteigerungskosten wieder hereinzuholen, blieb mobiles Internet über lange Zeit hinweg ein teures Vergnügen. Die UMTS-Frequenzauktion ging als lehrreiche Negativ-Episode in die Wirtschafts-Geschichtsbücher ein.

Schneller Vorlauf ins Frühjahr 2010: Wieder sind wichtige Blöcke im deutschen Funkspektrum zu versteigern, unter anderem Frequenzen, die bei der Abschaltung des Analogfernsehens frei geworden sind. Sie sollen dem Aufbau neuartiger breitbandiger Funkdienste dienen, insbesondere der UMTS-Nachfolgetechnik Long Term Evolution, kurz LTE. Diesmal landen die Gebote aller Player zusammen bei unter fünf Milliarden Euro. Die Firmen hatten offenbar aus der schmerzlichen Erfahrung gelernt, gezahlt wurde sogar noch etwas weniger.

Dabei ist das, was mit LTE nun möglich ist, technisch deutlich spannender als UMTS: Die theoretisch möglichen Über-tragungsgeschwindigkeiten reichen bis zu 150 Megabit pro Sekunde (siehe Interview in TR 2/2011, Seite 42), der Verbindungsaufbau soll beschleunigt werden, die Reaktionszeiten der Datenverbindung ermöglichen sogar Onlinespiele, die heute mobil nicht funktionieren würden. Mit LTE, so versprechen es Netzbetreiber und Hardwarehersteller, soll sich das Internet für unterwegs nicht mehr von drahtgebundenen Breitbandnetzen unterscheiden – ja, sie sogar überholen und bislang weiße Flecken auf der Online-Landkarte schließen. Doch auch wenn sich um LTE bislang kein Hype entwickelt hat wie seinerzeit bei UMTS – auch diese neue Technik ist kein Wundermittel. Den Marktteilnehmern steht eine gewaltige Aufbauleistung bevor, die gerade erst begonnen hat.

Die ersten Geräte für LTE werden Funkmodems sein. Smartphones mit der Technik sind zwar angekündigt und sollen in den nächsten Monaten in einigen Märkten ... (bsc)