Digital Life Design: Wir blättern weiter

Von Medien im Netz über Kinderschutz im Internet bis zur kommerziellen Raumfahrt reicht die Spannweite der Themen, zu denen die Referenten der DLD-Konferenz unter dem Motto "Update Your Reality" ihre mehr oder weniger neuen Visionen verkünden.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Rund 150 Referenten haben auf der Digital Life Design (Motto "Update Your Reality) der Hubert Burda Media Gelegenheit, ihre Visionen zu verkünden. Die Spannweite der Themen ist bemerkenswert und reicht von der kommerziellen Raumfahrt bis zum Kinderschutz im Internet. Am ersten Tag war der Hausherr gefragt: Hubert Burda jodelte und stichelte gegen Google, das mit den Medien um Anzeigen ringt.

Zum Auftakt der DLD-Konferenz verkündete Arthur Sulzberger, Chef der New York Times, voller Stolz, dass sein Blatt im Web 2.0 verankert ist. Als Beweis nannte er eine Zahl: Alle vier Sekunden wird ein Beitrag der Times in einem Tweet auf Twitter erwähnt. Für die Zukunft kündigte er an, dass die New York Times auf allen Plattformen vertreten sein wird, die da kommen und gehen, Papier inklusive. "Lügen sind schneller als die Wahrheit, darum wird es immer guten Journalismus geben müssen, der das ehrliche Filtern besorgt." Als Beispiel nannte Sulzberger die "Veröffentlichungen der US-Depeschen durch Wikipedia", die für den Leser aufbereitet werden müssten. Den aufschlussreichen Versprecher (denn er meinte natürlich Wikileaks) korrigierte er umgehend.

Hubert Burda gab sich davon überzeugt, dass den digitalen Medien die Zukunft gehört. Zwar mache sein Haus derzeit 30 Prozent der Umsätze mit traditionellen Medien in Deutschland, dazu 25 Prozent mit internationalen Medien, doch insgesamt seien die Umsätze bei den digitalen Medien mit derzeit 35 Prozent der Hoffnungsträger. Mit dem deutschen Begriff "Enttäuschung" in seiner englischen Rede verwies Burda aber auch darauf, dass Focus Online ein Zehntel der Anzeigen seines Zentralorgans generiert. Als Schuldigen machte er Google aus, was Arthur Sulzberger mit dem Satz: "Es ist schlicht verrückt, wenn man sich von Google ausschließt" quittierte. Gegen die wachsenden digitalen Medien beharrte Burda darauf, dass vor allem deutsche Leser auf Papier gerne blättern.

Burdas Sicht erhielt einen kräftigen Dämpfer, als in der Runde der Risikokapitalisten Jim Breyer von Accel Partners das Aus für die klassischen Medien verkündete. In 10 Jahren werde keines der heutigen Medienunternehmen mehr existieren, meinte Breyer. Sein Unternehmen, das Milliarden vor allem in China und Indien investiert, hat die klassischen Medienunternehmen abgeschrieben. "Die Medien sterben, zwar sehr langsam, aber daran gibt es keinen Zweifel. Wir tätigen keine Investments mehr, absolut keinen einzigen Dollar." Breyer warb für den Wachstumsmarkt China, in dem sein Unternehmen 2,3 Milliarden Dollar investiert hat und kritisierte die Politik der Regierung Obama gegenüber China als "wenig konstruktiv". Befragt, ob sein wichtigstes Investment Facebook nach China gehen wird, verweigerte Breyer die Auskunft.

Während die Medien sterben, brechen für Raumfahrtunternehmen rosige Zeiten an. Eric Anderson von Space Adventures gab bekannt, dass nur noch ein Platz auf dem ersten Rundflug um den Mond vakant ist, zum Schnäppchenpreis von 150 Millionen US-Dollar. Sein Unternehmen will 6 Touristen pro Flug auf die Reise nehmen. Ins Massengeschäft will hingegen Richard Brenson mit Virgin Galactic starten. Sein Marketing-Chef Georges Whitesides verkauft Ausflüge ins All für 200.000 Dollar. Bei den zweistündigen Flügen sind die Touristen etwa 6 bis 7 Minuten im Weltraum. Bereits im ersten Jahr des Regelbetriebes will Virgin Galactic auf 500 zahlende Passagiere kommen. "Eine ganze Generation von Internet-Unternehmern ist reich geworden und will diesen Raum besuchen" erklärte Anderson.

Zum zweiten Tag der DLD-Konferenz werden weitere Visionen erwartet. Openleaks-Gründer Daniel Domscheit-Berg wird über Transparenz referieren, Stephanie zu Guttenberg über Kinderschutz im Internet und Marissa Meyer wird den Google-Bewertungsdienst Hotpot in Deutschland starten. Der Tag soll damit enden, dass Philosophen und Dichter wie Hans-Magnus Enzensberger die metaphysische Seite des Cloud Computing zur Sprache bringen. (jk)