Systemhausgruppe ACP und die merkwüdige Pressemeldung

Es ist still geworden um die Systemhausgruppe ACP, die in der ersten Hälfte der 2000er Jahre von Österreich aus den deutschen Markt erobern wollte. Kein Wunder, denn viele der damaligen Ziele haben sich in Nichts aufgelöst. Die Firma hatte ernste Probleme, doch jetzt schmiedet Firmenchef Fischer wieder Pläne.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

ACP-CEO Urs Fischer: "beste Aussichten"

(Bild: ACP)

Lieber Urs Fischer, Geschäftsführer und CEO der ACP-Systemhausgruppe,

was für ein merkwürdiger Vorgang! Da verschickt jemand eine Pressemitteilung, welche über das Ausscheiden eines Vorstandsvorsitzenden informiert, das bereits über ein halbes Jahr zurückliegt. "Wie erst jetzt bekannt wurde", so heißt es in der Pressemeldung, hat Horst Nadjafi, Chef der ACP IT Solution AG, "sein Amt bereits vor Monaten niedergelegt". Und zwar bereits im Juli vergangenen Jahres, um genau zu sein. Eigentlich ja schon sonderbar, dass das Ausscheiden eines solch exponierten Managers so lange unbeachtet blieb. Aber sei´s drum. Dennoch stellt sich natürlich die Frage: Warum wird das Ausscheiden von Nadjafi erst jetzt gemeldet, mehr als ein halbes Jahr später? Merkwürdig außerdem, dass es sich bei dieser Pressemeldung allem Anschein nicht um eine offizielle Mitteilung der ACP-Gruppe handelt, sondern – tja, um was eigentlich? Jedenfalls ist die Meldung von einem – sagen wir mal so – Nadjafi-Vertrauten an verschiedene Redaktionen versandt worden, und erstaunlicherweise haben diese Medien die Meldung auch fast originalgetreu veröffentlicht.

Ich habe eigens noch einmal im Archiv der ACP-Gruppe sowohl auf der deutschen als auch auf der österreichischen Homepage nachgesehen: Eine Mitteilung über das Ausscheiden von Horst Nadjafi aus dem Unternehmen habe ich weder hier noch dort gefunden, und schon gleich gar nicht zum Zeitpunkt des Geschehens Mitte letzten Jahres. Bei dieser Gelegenheit hatte ich auf der ACP-Seite auch mal in die Suchmaske den Namen "Nadjafi" eingegeben. Das Ergebnis: Lediglich ein Treffer (Programmvorschau "ACP-Forum" in Bad Tölz 2009). Riecht nach mächtig Zoff zwischen ACP und dem langjährigen Vorstandschef der deutschen Dependance, wenn man den Namen Nadjafi so rigoros aus den Geschichtsbüchern des Unternehmens tilgt. Zur Erinnerung: Nadjafi war Chef des deutschen Systemhauses Networks & More in München, Passau und Kolbermor, das im Jahr 2003 von ACP übernommen worden war und den Beginn der ACP-Expansion nach Deutschland darstellte.

Mögliche Erklärung für das heutige Aussenden der Presseinfo: Man wollte einfach mal wieder den Namen "Horst Nadjafi" in die Presse bringen. Nadjafi ist immerhin seit ein paar Monaten Vorstand der Unternehmens- und Managementberatung Complimant AG in Rohrdorf, und da kann man ein bisschen Reklame natürlich immer gut gebrauchen, vor allem wenn sie nichts kostet.

Für mich war diese ominöse Pressemeldung jedenfalls ein willkommener Anlass, mich einmal wieder mit dem Unternehmen ACP zu befassen, dem Sie ja seit Anfang 2009 als CEO vorstehen. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass es um ACP doch recht ruhig geworden war, nachdem sich Ihre Vorgänger im Amt in der ersten Hälfte der 2000er Jahre mit vollmundigen Ankündigungen über das, was sie nicht zuletzt auch im deutschen Systemhausmarkt erreichen wollten, weit aus dem Fenster gelehnt hatten. Erinnert sei hier beispielhaft an Aussagen des früheren ACP-CEOs Stefan Csizy aus dem Jahr 2003. Damals warf sich Csizy in die Brust, die ACP IT Solutions AG werde bis 2007 das größte Systemhaus in Bayern werden. Eine Aussage, die noch 2008 vom damaligen ACP-Chef Michael Schönrock wiederholt und bestätigt wurde; "mittelfristig" sah Schönrock die ACP sogar unter den Top 5 der Systemhäuser in Deutschland. Dazu sollte der Umsatz der ACP-Gruppe bereits bis zum Jahr 2008 auf mindestens 500 Millionen Euro steigen. Auch der Börsengang war nach dem Einstieg der Investmentgruppe Capvis geplant, und zwar bereits für das Jahr 2009.

Was soll man sagen: All diese Ziele haben sich in Nichts aufgelöst, kein einziges wurde erreicht. Was blieb, war heiße Luft. In Wahrheit ist der ACP-Motor in den vergangenen Jahren mächtig ins Stottern geraten. Statt der geplanten 500 Millionen Euro Umsatz flossen im Geschäftsjahr 2007/08 lediglich 320 Millionen in die Kassen. Ein Jahr später waren es zwar immerhin rund 350 Millionen, aber dann kam ein Rückschlag und die Erlöse fielen im Geschäftsjahr 2009/10 wieder auf 320 zurück. Ein Wachstumsunternehmen sieht anders aus. Außerdem rutschte ACP in die roten Zahlen. Immerhin ist es Ihnen gelungen, lieber Herr Fischer, das Ruder wieder herumzudrehen. Ende vergangenen Jahres jedenfalls zogen Sie eine "positive Bilanz" und freuten sich über einen "erfolgreichen Trend", "herausragende Erfolge" sowie "beste Aussichten" für 2011. Das am 31. März zu Ende gehende Geschäftsjahr sollte wieder mit einem Umsatzzuwachs abgeschlossen werden, nachdem ACP im ersten Halbjahr um zehn Prozent wachsen konnte (in Q2 sogar um 20 Prozent). Auch schreibt man wieder schwarze Zahlen.

Ermutigt durch diese positive Entwicklung denken Sie bereits wieder über neue Ziele nach. In einem Interview mit dem österreichischen Wirtschaftsblatt erklärten Sie, dass Sie wieder auf Expansion setzen und – interessant auch für Systemhäuser in Deutschland – Ausschau nach kleinen Systemhäusern halten, welche zur Stärkung der ACP-Gruppe beitragen. Auch das Thema Börsengang steht wieder auf Ihrer Agenda. Schon bis zum Jahr 2012 soll ACP "börsenfit" sein, versprechen sie.

Lieber Herr Fischer, ich verspreche Ihnen auch etwas: Nämlich dass ich nicht noch einmal so lange warten werden, bis ich durch eine merkwürdige Pressemeldung wieder an die ACP-Gruppe erinnert werde. Ab sofort setze ich ACP auf meine ganz persönliche Watch List.

Beste Grüße

Damian Sicking

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