Release-Kandidat von Internet Explorer 9 veröffentlicht

Die vielleicht letzte Vorab-Version des neuen IE schützt die Privatsphäre der Benutzer besser, kann ActiveX-Controls deaktivieren und unterstützt das Geolocation API.

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Von
  • Herbert Braun

Microsoft hat einen Release-Kandidaten von Version 9 des Internet Explorers veröffentlicht. Das sollte eigentlich erst heute um 18 Uhr europäischer Zeit passieren, aber die Download-Links sowie einige Detailinformationen sind bereits vorher publik geworden.

Der RC löst die im September erschienene Betaversion ab und installiert sich anders als die Platform Previews – die siebte und letzte davon war im November herausgekommen – über den bestehenden Internet Explorer. Internet Explorer 9 RC steht auf 32- und 64-Bit-Systemen unter Windows 7 und Vista bereit.

Internet Explorer 9 zeigt auf Wunsch die Tableiste wieder an ihrem vertrauten Ort an.

(Bild: Daniel Melanchthon / Microsoft Deutschland)

Update:

Mittlerweile ist die offizelle Download-Seite online. Der Release-Kandidat soll nach Angaben des Microsoft-Evangelisten Daniel Melanchthon Feature-komplett sein, weitere Neuerungen seien nicht mehr zu erwarten. Einen Termin für die finale Version konnte er nicht nennen. Der RC steht in 40 Sprachen zur Verfügung, darunter auch Deutsch. Parallel zur Veröffentlichung hat Microsoft auch seine "Test Drive"-Website um einige neue Demos aktualisiert.

Microsoft äußerte sich zufrieden mit dem Verlauf des Betatests, während dem die Vorabversion des IE9 über 25 Millionen mal heruntergeladen wurde. Einige Stabilitätsprobleme mit der Hardware-Beschleunigung unter bestimmten Grafikkarten und -treibern seien behoben worden.

Mit der Tracking Protection enthält der Browser einen eingebauten Werbeblocker.

(Bild: Daniel Melanchthon / Microsoft Deutschland)

Die wichtigste Neuerung gegenüber den Vorgängerversionen ist die Tracking Protection, die Microsoft (nicht ganz freiwillig) zum Schutz der Privatsphäre des Benutzers gegenüber Werbetreibenden eingebaut hat und die das bisherige InPrivate-Filtering ersetzt. Anders als Firefox und Chrome nutzt der Internet Explorer 9 dabei Black- und Whitelists. Microsoft selbst will keine solchen Listen herausgeben, hat jedoch das auf XML basierende TPL-Format offengelegt.

Der Browser generiert solche Listen sogar selbständig: Verweisen mehr als 30 besuchte Websites auf einen bestimmten extern gehosteten Inhalt, setzt IE9 diesen auf die Sperrliste, falls "Automatisch blocken" aktiviert ist. Möglicherweise wird das für kommerzielle Website-Betreiber ein ernstes Problem, denn davon sind auch Zählpixel betroffen.

Um das Sicherheitsrisiko beim Surfen zu verringern, kann IE9 auch ActiveX-Controls abschalten. Bei aktivierter "ActiveX-Filterung" erscheint ein Hinweis auf geblockte Inhalte, wenn die geöffnete Webseite auf entsprechende Plug-ins zugreifen will; in diesem Fall kann der Benutzer den Zugriff seitenweise erlauben.

Die Änderungen an der Bedienoberfläche fallen unter die Kategorie Feintuning. Die Tableiste erscheint auf Wunsch nun wieder in einer eigenen Zeile; die Platzierung neben dem Adressfeld – der "One Box" – bleibt aber voreingestellt. Weitere Details umfassen den Wechsel der Suchmaschine in der One Box, ohne dass der Suchbegriff neu eingegeben werden muss, teilweise auffälligere Benachrichtigungsdialoge und verbessertes Anheften in Windows 7.

Seit dem Launch der Beta-Version hat Microsoft einige Verbesserungen an der Engine vorgenommen, darunter CSS3-Transformationen im 2D-Kontext und die Unterstützung für neue HTML5-Tags wie <section> oder <hgroup>. Ganz neu ist dagegen die Unterstützung des Geolocation API, die bereits alle anderen gängigen Browser mitbringen. Diese Ortungsfunktion ist (wie bei der Konkurrenz) per Default deaktiviert.

Weitere HTML5-Neuerungen will Microsoft nicht einführen, weil Teile der Spezifikation noch zu instabil seien; dafür hat der Konzern HTML5 Labs für die Veröffentlichung von Prototypen geöffnet. In der Frage der Video-Codecs verweist Microsoft darauf, dass der Browser alle in Windows installierten Codecs nutzen könne, insbesondere H.264. Gegen Googles quelloffenes, aber nicht standardisiertes WebM gebe es keine Vorbehalte, sondern nur die Sorge, wie bei WMV oder MP3 in eine Patentfalle zu tappen – wenn Google die Haftung für diesen Fall übernehme, spreche auch nichts gegen einen Einbau in den Browser.

Gegenüber der Beta soll der Release-Kandidat um 35 Prozent schneller sein; auch gegenüber der PP7 habe sich die Performance nochmals leicht verbessert. In der Praxis dürfte auch von 50 auf 250 MByte angewachsene Default-Größe des Caches das Surfen beschleunigen. "Einige Browserhersteller" setzen laut Melanchthon das Intervall des Windows-internen System Timers (per Default 15,6 ms) herunter und erreichen so schnellere Reaktionen und genauere Benchmark-Messergebnisse, aber auch höheren Stromverbrauch. IE9 verkürzt dieses Intervall abhängig von Anforderung und Stromversorgung. (heb)