Risiko: Insolvenzverwalter kann bezahlte Rechnungen anfechten

Kunde A hat bestellt, aber B hat bezahlt – ein durchaus alltäglicher Vorgang in der Praxis. Allerdings einer mit Risiko. Denn im Falle einer Insolvenz kann es noch Jahre später zu Rückzahlungsaufforderungen kommen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Der Unternehmer hat einen Subunternehmer, der wiederum einen anderen Dienstleister beauftragt... oft werden Aufträge häppchenweise weitergegeben. Da kann es auch vorkommen, dass die Firma A den Auftrag erteilt, die Rechnung aber tatsächlich von einem anderen Unternehmen beglichen wird. Dem Händler ist das in der Regel schnuppe - warum sollte man sich beschweren, solange das Geld reinkommt?

Zahlt ein Kunde pünktlich seine Rechnung, gilt für die meisten Unternehmen das Geschäft als abgeschlossen. Schließlich wurde eine Leistung erbracht und der Kunde war mit dieser zufrieden – an eine mögliche Rückzahlungsaufforderung denken hierbei die wenigsten. "Die kann allerdings auch nach vielen Jahren noch erfolgen, wenn längst alle Unterlagen vernichtet sind", warnt Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer-Inkasso GmbH. "In einem bis zu zehn Jahre später beantragten Insolvenzverfahren droht nämlich die Anfechtung durch den Insolvenzverwalter gemäß §§ 130 – 134 Insolvenzordnung", so Drumann weiter.

Die Anfechtung nach der Insolvenzverordnung hat durchaus ihren Sinn, denn sie soll dafür sorgen, dass einzelne Gläubiger nicht bevorzugt werden können, in dem z.B. alle Rechnungen einer Firma wg. persönlicher Verbindung bezahlt werden, während andere Gläubiger komplett leer ausgehen. Es soll sichergestellt werden, dass die Haftungsmasse unter allen Gläubigern gerecht verteilt wird. Und: Diese Insolvenzanfechtung ist nur bei Zahlungen möglich, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens getätigt wurden. Also zu einer Zeit, in der der Dienstleister von der bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit seines Kunden unter Umständen noch nichts ahnte. Die Insolvenzanfechtung hat eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Die beginnt aber nicht mit der Rechnungsstellung zu laufen, sondern mit dem Zeitpunkt, zu dem der Insolvenzverwalter von den Umständen, die den Anspruch begründen, Kenntnis erlangt hat.

Noch gefährlicher wird es, wenn der Kunde veranlasst, dass ein Dritter für ihn die Rechnung bezahlt. Denn dann kann es zu unerwarteten Rückforderungen nicht nur in der Insolvenz des Kunden, sondern auch in der späteren Insolvenz des Dritten kommen – hier oft über einen Zeitraum von vier Jahren. Diese Anfechtungen kommen für den Unternehmer meist tatsächlich aus heiterem Himmel, zumal oft kaum registriert wird, wer als Absender auf den Kontoauszügen steht, schon gar nicht, wenn Zahlungen elektronisch eingelesen werden. Über den eigenen Kunden holt man – insbesondere bei größeren Aufträgen – schon mal nähere Informationen ein, aber den zahlenden Dritten hat eigentlich keiner auf der Rechnung.

Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollten Unternehmen also genau darauf achten, ob Kunde und Zahlender übereinstimmen. In jedem Fall ist es wichtig, vorab zu kommunizieren, dass direkte Zahlungen erwünscht sind. "Ob ein Gläubiger die Zahlung ablehnen kann, wenn ein Dritter die Zahlung vornimmt, ist problematisch. Sind jedoch Umstände bekannt, die zwingend auf eine 'Insolvenzreife' des Kunden schließen lassen, ist dies möglich. Wobei natürlich gerade dann ein besonderes wirtschaftliches Interesse daran besteht, es darauf ankommen zu lassen und zu hoffen, dass keine Post vom Insolvenzverwalter kommt", erklärt Drumann. "Der Gläubiger sollte sich aber in diesem Fall wenigstens des Risikos bewusst sein." (Marzena Sicking) / (map)
(masi)