Beim Browsen bezahlen

Die Erweiterung Readability verspricht, die Lesbarkeit von Websites zu erhöhen – und deren Betreibern ein paar Cents zukommen zu lassen.

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Von
  • Tom Simonite

Das Erweiterung Readability verspricht, die Lesbarkeit von Websites zu erhöhen – und deren Betreibern ein paar Cents zukommen zu lassen.

Als die Webdesign-Firma Arc90 kürzlich ihren Dienst Readability neu startete, sollten gleich zwei Probleme auf einmal gelöst werden: Zum einen die Tatsache, dass von Werbung umrahmte Websites das Lesen langer Texte oft zur Qual macht. Und zum anderen das Problem, dass es bislang für viele Netzpublizisten noch keine einfache Möglichkeit gibt, sich für ihre Arbeit von Lesern mit kleinen Geldsummen belohnen zu lassen.

Gegen eine Monatsgebühr von 5 Dollar (oder mehr – je nach Großzügigkeit des Nutzers) erhalten die Readability-Mitglieder künftig einen kleinen Knopf in ihrem Browser, der unerwünschte Inhalte entfernt, gleichzeitig aber auch ein Micropayment für die angesurfte Seite auslöst. Dazu wird der Text einer Webseite extrahiert und auf einem klaren, einfarbigen Hintergrund platziert. Ergebnis ist eine E-Book-artige Leseerfahrung.

Jedes Mal, wenn ein Nutzer eine Seite mit Readability liest, geht ein kleiner Anteil der Monatsgebühr an die Website, die den Artikel vorhält. Nach Herausnahme einer Gebühr von 30 Prozent teilt Readability dann die eingezahlten Gelder eines Users zwischen den Seiten auf, die er besucht hat – passend zur jeweiligen Nutzung.

Readability startete 2009 eigentlich als freies Bookmarklet und fand schnell viele Freunde – und Nachahmer. Instapaper ist beispielsweise eine App samt Web-Service, mit der es möglich ist, längere Inhalte auf Smartphones und das iPad zu übertragen, ohne sich mit schlechtem Design herumplagen zu müssen. Flipboard schafft wiederum auf dem iPad ebenfalls ein magazinartiges Layout für Web-Artikel, gesammelt aus diversen Quellen. Und selbst der Computerkonzern Apple hat den Vorgänger von Readability 2.0 mittlerweile in seinen Browser Safari integriert.

Es gibt aber auch Kritiker an der Lesbarkeitsinitiative: die Websites selbst, denen potenziell Werbeeinnahmen flöten gehen, wenn Leser nur noch den Text, nicht aber die Anzeigen "mitnehmen". Aus diesem Grund ist nun der neue Bezahldienst so wichtig, meinen die Macher. Er könnte helfen, solche negativen Gefühle zu besänftigen. Das glaubt zumindest Richard Ziade, Mitbegründer von Arc90, der Readability einst entwickelt hatte. Die Chancen dafür stehen gar nicht so schlecht: Instapaper, das mehr als eine Million Nutzer hat, will den Dienst zumindest als Option anbieten.

"Das iPad zeigt, dass die Leute für eine bessere Leseerfahrung zahlen wollen", meint Ziade. "Wir bieten das im Web an." Viele Magazine hätten populäre iPad-Apps, die etwas kosten, obwohl viele der Inhalte weiter im Internet gratis verfügbar sind – in einem weniger lesbaren Format. Die Open-Source-Version von Readability soll weiter nutzbar sein, doch die Abovariante hat mehr Funktionen, darunter die Möglichkeit, Artikel für eine spätere Lektüre zu speichern – und das auch offline.

Readability versucht sich damit an einem neuen Ansatz, das alte Micropayment-Problem zu lösen: Bisherige Verfahren waren stets zu teuer und konnten sich nicht durchsetzen. Ein wenig erinnert die Idee an Flattr, wo Nutzer ebenfalls ein monatliches Budget verteilen können. Allerdings ist Readability einfacher, weil nicht explizit "bezahlt" werden muss – und es gibt einen Anreiz, die bessere Lesbarkeit eben.

Um sich bei den Inhaltsanbietern beliebt zu machen, will Readability zudem deren Anteil des Geldes weiter vorhalten, auch wenn sie zunächst nicht Teil des neuen Bezahlformates sind. Entscheiden sie für eine Mitgliedschaft, können sie die Summe abholen. Bereits jetzt sollen Hunderte Seitenbetreiber angemeldet sein – laut Ziade eine Mischung aus einzelnen Bloggern und größeren Verlegern. Mit speziellen Werkzeugen soll man Readability zudem bald in Smartphone- und Tablet-Apps integrieren können.

Dan Kennedy, Juniorprofessor für Journalismus an der Northeastern University, kennt den kostenlosen Readability-Dienst bereits. Die neue Richtung sei grundsätzlich gut, es sei aber fraglich, wie viele Nutzer mitziehen würden. Die Freiwilligkeit sei aber recht clever – so finanzierten sich in den USA auch freie Radios und TV-Stationen. "Einige Zahlen, einige nicht."

Ziade glaubt, dass es den Nutzern nicht nur um das "gute Gefühl" gehen wird, sondern um die Werkzeuge, die Readability bereitstellt. "Das funktioniert über verschiedene Geräte und macht das Web viel genießbarer." (bsc)