Die umschaltbare Brille

Wer unter Alterssichtigkeit leidet, griff bislang zu Bifokal- oder Gleitsichtgläsern. Doch wirklich bequem sind die nicht. Elektronische Hilfe naht.

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Wer unter Alterssichtigkeit leidet, griff bislang zu Bifokal- oder Gleitsichtgläsern. Doch wirklich bequem sind die nicht. Elektronische Hilfe naht.

Das US-Unternehmen PixelOptics hat eine Brille entwickelt, deren Linsen sich auf Knopfdruck zwischen der Korrektur von Weitsichtigkeit auf die Korrektur von Kurzsichtigkeit umschalten lassen. Mit der Technik sollen Bifokal- und Gleitsichtgläser ersetzt werden, die normalerweise bei Kurzsichtigen verwendet werden, die an Alterssichtigkeit leiden. In diesem Fall lassen sich weder nahe noch ferne Objekte genau erkennen, da die Betroffenen, oft Menschen ab 40, sowohl Probleme bei der Nah- als auch bei der Fernsicht haben. Sie brauchen deshalb mindestens zwei unterschiedliche Linsenstärken in einer Brille.

Die "emPower" genannte Sehhilfe basiert auf einer durchsichtigen Flüssigkristallschicht, die sich elektronisch in ihrer Struktur verändern lässt. Produziert werden die Linsen von Panasonic Healthcare in Japan. Die Kristalle ändern die Lichtbrechung der Linse, ähnlich wie dies unterschiedlich dicke Gläser tun. Sie sitzen in beiden Gläsern an einer für den Träger bequemen Stelle. Die Nahsichtzone, die nur einen Teil der Linse abdeckt, lässt sich vom Nutzer nach Belieben an- und ausschalten.

Dies geschieht entweder auf Knopfdruck über die Berührung des Rahmens oder mit Hilfe von Beschleunigungssensoren: Schaut man nach vorne, bleibt der Weitsichtmodus aktiv, schaut man nach unten, kommt der Lesemodus zum Einsatz. Der Übergang soll dabei laut PixelOptics-Gründer Ron Blum ohne Zeitverzögerung erfolgen. Vorteil der Methode sei auch, dass "Nebenwirkungen" traditioneller Bifokal- und Gleitsichtgläser vermieden würden, darunter Schwindelgefühle.

Die emPower-Brille hat allerdings den Nachteil, dass sie vor der Verwendung aufgeladen werden muss. Dazu wird eine Ladestation angeboten. Einmal aufgefrischt, sollen die Akkus zwei bis drei Tage halten. Selbst ins Wasser kann man die Sehhilfe werfen, danke Kapselung soll es dabei nicht zu Schäden kommen.

Die notwendige Elektronik sitzt ansonsten in der Fassung, bis auf etwas breitere Bügel soll die Technik nicht weiter auffallen. Zum Verkaufsstart in den USA im April sollen 48 verschiedene Designvarianten verfügbar sein, die Kosten liegen bei rund 1000 Euro pro Stück. Das liegt im Hochpreissegment und ist noch deutlich teurer als "analoge" Sehhilfen.

Von Brillenträgern bekam man laut PixelOptics viel positives Feedback: So fällt auch die Verzerrung weg, die Gleitsichtgläser aus einem bestimmten Winkel normalerweise haben. Der Nahbereich wird einfach komplett abgeschaltet, wenn man ihn nicht braucht. Dies erhöht die Sicherheit, etwa wenn man eine Treppe heruntersteigt.

Der Markt für das emPower-Gerät ist potenziell groß. Allein in den USA wurden 2010 über 20 Millionen Gleitsichtbrillen und über 16 Millionen Bifokalbrillen abgesetzt. 12 Jahre Entwicklungsarbeit steckte PixelOptics in seine Idee, konnte mit der Carlyle Group und anderen Risikokapitalgebern aber auch solide Partner finden. (bsc)