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Jive will im Geschäftsleben das werden, was Twitter und Facebook im Privaten sind. Die Software tritt gegen große Namen an.

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Von
  • Lauren Cox

Jive will im Geschäftsleben das werden, was Twitter und Facebook im Privaten sind. Die Software tritt gegen große Namen an.

So sehr es in manchen Unternehmen verpönt ist, sich während der Arbeitszeit in sozialen Netzwerken herumzutreiben: Es gibt auch Firmen, die diese Aktivitäten unterstützen. Allerdings sollte es dann bitte innerhalb geordneter Bahnen ablaufen – am besten im Rahmen einer Software-Umgebung, die die IT-Abteilung zugelassen hat.

Vor drei Jahren begann der Speicher- und Informationsmanagementspezialist EMC damit, seinen Mitarbeitern zu erlauben, in internen sozialen Netzwerken auch ihre Freizeitaktivitäten zu diskutieren. "Wir haben hier Menschen, die sich über Fotografie, Kunst oder die Kletterei unterhalten", sagt Jamie Pappas, ihres Zeichens Managerin des Bereiches "Enterprise Social Media Engagement".

Doch bei der Firma geht es um mehr als nur darum, alle Motorradfans auf dem Campus des Speicherriesen zusammenzubringen. Das Management wollte eine neue Art von "Social Business Software" testen. Sie wird vom Anbieter Jive hergestellt, der Online-Foren, soziale Firmennetzwerke und andere Lösungen entwickelt, mit denen Angestellte besser zusammenarbeiten sollen.

"Der Gedanke war, dass unsere Mitarbeiter sich um bestimmte Themen versammeln sollen, dabei aber oft Angst hatten, etwas Falsches zu sagen, wenn es um Arbeitsprojekte ging", erklärt Pappas. Aus diesem Grund machte man die rein privaten Online-Interaktionen zu einer Art Eisbrecher. "Das half den Leuten, sich mit der Sache zu beschäftigen und später ohne Stress auch über geschäftliche Themen zu kommunizieren."

Wenn Firmen zu groß werden, kann es passieren, dass bestehende Möglichkeiten zur Zusammenarbeit verschwinden. Einzelne Mitarbeiter, die nach Kollegen mit bestimmten Fähigkeiten suchen, geben oft auf, wenn sie merken, wie lange das dauert. E-Mail ist keine Hilfe: Schon jetzt sind die Postfächer oft verstopft. Selbst Spezialsysteme, die Kundendaten oder bereits verfügbare Problemlösungen enthalten, sind oft kaum zu durchschauen.

Jive hofft nun, all die Probleme durch ein neuartiges soziales Netzwerk zu lösen. Dabei begibt sich die 300-Mann-Firma auf ein Terrain, das bislang von Riesen wie IBM oder Oracle dominiert wird.

Das Anwendungspaket orientiert sich dabei an der Art, wie bereits Facebook, Twitter und Web-Foren "Fans" und "Freunde" organisieren. Angestellte können eigene Profile anlegen, bloggen, Gruppen aufbauen und verfügen über eine eigene Pinnwand. All diese Interaktionen laufen im internen Netzwerk ab, hinter der Firmen-Firewall. Suchanfragen sind möglich, die Datenbank gelangt dabei aber nicht ins Internet. Integrieren lassen sich außerdem Customer-Relationship-Management-Werkzeuge, Standardprodukte wie Microsoft Sharepoint sowie Logistik- und Buchhaltungs-IT.

Bei EMC müssen die Nutzer seither keine langen E-Mail-Konversationen mehr starten, sondern prüfen den Status eines Projektes auf einer eigenen Jive-Seite. Sie suchen selbstständig nach relevanten Materialien und laden die gewünschten Dokumente dann herunter. Vertriebsleute, die nach Informationen über einen Wettbewerber forschen, können im firmeninternen Netz um Infos bitten, die ihnen dann andere Mitarbeiter liefern. Das gehe auch mobil, sagt "Social"-Managerin Pappas.

Jive wird von EMC mittlerweile auch teilweise extern verwendet. Dabei will das Unternehmen seine Supportforen verbessern und "Fanseiten" schaffen, die Kunden mit EMC-Produkten ansteuern können.

So sehr das alles für Kunden und Mitarbeiter praktisch ist: Manche IT-Abteilung sträubt sich gegen die neue Technik. Das sei bereits bei einfacheren Lösungen wie dem Instant Messaging so gewesen, sagt Stowe Boyd, der Firmen berät, die solche Systeme implementieren wollen. Doch das Wachstum sei mittlerweile kaum zu bremsen. Jive-Geschäftsentwicklungsleiter Christopher Morace glaubt, dass das auch mit der Popularität von Facebook zu tun hat. Als Jive 2007 mit dem Verkauf seiner Werkzeuge begann, hätten Kunden noch geklagt, die Software werde sie mehr Arbeit kosten als helfen. Nun müsse er das gar nicht mehr erklären. Auch seien es Nutzer mittlerweile gewohnt, mehreren Kommunikationssträngen zu folgen und Hunderte Kontakte zu pflegen.

Jive will so zu einer Art Facebook des Geschäftslebens werden – als eine weitläufig verwendete Plattform, auf der zahlreiche Anwendungen laufen. Dazu hat die Firma bereits eine Entwicklungsumgebung gestartet, mit der Dritte kompatible Software schreiben können. "Wenn dieser Markt wirklich wettbewerbsintensiv wird, wollen wir die modernste Plattform sein. Darin sind wir gut", sagt Morace. (bsc)