Erste RFID-Markierungen auf Levi's Jeans

Der Jeans-Produzent Levi Strauss hat nach Erkenntnissen amerikanischer Datenschutz-Aktivisten begonnen, seine Erzeugnisse mit Funkchips zu markieren.

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Von
  • Hans-Peter Schüler

Der Jeans-Produzent Levi Strauss hat nach Erkenntnissen amerikanischer Datenschutz-Aktivisten begonnen, seine Erzeugnisse mit Funkchips zu markieren. Zurzeit laufen offenbar Pilotprojekte, in denen der Hersteller sowohl Oberbekleidung als auch Unterwäsche der Marke Dockers mit abtrennbaren RFID-Etiketten an bestimmte Handelspartner ausliefert – mit der Begründung, deren Warenwirtschaft erleichtern zu wollen.

Die RFID-Gegner der Initiative CASPIAN (Verbraucher gegen Verletzungen der Intimsphäre und Nummerierungen in Supermärkten) bekamen Wind von der Aktion, weil Levi's über einschlägige Kanäle nach weiteren RFID-Partnern suchte, und konnten sich ihre Vermutungen durch direkte Anfrage bestätigen lassen. Die Funkausstattung der Markenwaren sollte offenbar ganz unbemerkt über die Bühne gehen, denn weder gab es eine öffentliche Verlautbarung des Herstellers, noch ist die Markierung bisher irgendeinem Levi's-Endkunden zum Bewusstsein gekommen – ein Indiz dafür, dass die Funkbereitschaft gar nicht kenntlich gemacht wird und demzufolge auch keine Motivation zum Entfernen der drahtlosen Nummernschilder aufkommt.

Zwar spricht Levi's bei seinen Markierungen zurzeit von "Hang Tags". Doch der Sprachgebrauch deutet nicht unbedingt auf reine Preisschildchen, die an Plastikfäden baumeln und die wohl jeder Käufer vor dem Anziehen seiner Erwerbung entfernen wird: Gerade bei Blue Jeans gibt es einen fließenden Übergang zu Etiketten, die am Hosenbund als Mode-Accessoires aufgenäht sind. Außerdem will sich Levi's offenbar nicht auf eine bestimmte Vorgehensweise festlegen lassen.

Mehr noch: Auf Anfrage war der Hersteller nicht einmal bereit, Sitz und Name der RFID-nutzenden Handelspartner zu enthüllen. "Aus Respekt für die Wünsche unseres Kunden", begründete Levi's-Pressesprecher Jeffrey Beckman die Verschlossenheit seines Brötchengebers ("Kunde" steht dabei für den besagten Handelspartner, denn wie man auf der Levi's-Website nachforschen kann, verkauft das Unternehmen ausschließlich an Händler).

Was freilich nicht bedeutet, dass es persönliche Daten, die dort über künftige Jeans-Träger anfallen, nicht erklärtermaßen für eigene Marketingzwecke verwendet. "Wir protokollieren und speichern ggf. Informationen, die bei der Nutzung der Website oder von Einzelhandelsstellen von Ihnen übermittelt wurden, u. a. Ihren Namen, Adressen und andere Kontaktdetails, einschließlich Ihrer Telefonnummer und E-Mail", klärt die Website die Levi's-Fans auf. Ebenso gibt es Informationen über die Bestimmung der gesammelten Daten: "Marketingzwecke, um uns wertvolle Informationen über Ihre Interaktionen mit unseren Markenwaren bereitzustellen". Diese Privacy-Policy deckt ohne Weiteres auch die denkbare Vorgehensweise, die persönlichen Daten eines Verbrauchers mit den Seriennummern von dessen Jeans anzureichern, die sich später vollautomatisch bei zahllosen RFID-Lesegeräten an Supermarktkassen und Stadionschleusen identifizieren könnten.

Ungeachtet solcher Horrorszenarien interessiert sich ein Hersteller wie Levi Strauss vermutlich mehr für zwei andere Auswirkungen: Zum Einen könnten die Tags an Kleidungsstücken in einem intelligenten Warenhaus-Kleiderständer helfen, dort vergriffene Modelle sofort in der passenden Größe nachzulegen – eine Aufgabe, die ohne Hilfsmittel deutlich mehr Mitarbeiter fürs Kontrollieren der Bestände bindet. Zum Anderen taugen RFID-Chips auch, um durch geeignete Datenhaltung die Echtheit der teuer verkauften Markenartikel zu beweisen. Dieser Nutzeffekt tritt allerdings insbesondere dann ein, wenn die Chips unauffällig und unentfernbar in die betreffenden Artikel integriert sind, also auch dann noch funken, wenn der Verbraucher längst kein Interesse mehr an der Überwachung durch seinen Garderobeproduzenten hat. (hps)