Schnellstarter

Mit einer Solid-State Disk lässt sich ein PC höchst eindrucks- voll beschleunigen. Doch die Halbleitermassenspeicher haben ein paar Eigenarten, die man kennen sollte.

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Von
  • Boi Feddern

Multikern-Prozessoren, Gigabyte-weise billiges RAM und leistungsfähige Grafikchips ermöglichen heute ausgesprochen flottes Arbeiten am PC – auch wenn man viele Dinge parallel erledigt. Doch selbst High-End-Systeme geraten gelegentlich ins Stocken, weil sämtliche Daten nach wie vor ein Nadelöhr im PC passieren müssen: die Festplatte. Beim Lesen und Schreiben von Daten fallen stets Wartezeiten an: Zuerst muss die Platte ihre Schreib-/Leseköpfe zur richtigen Spur auf dem Magnetmedium bewegen und anschließend noch warten, bis der gewünschte Sektor darunter vorbeirotiert. Diese Verzögerungen machen sich immer dann bemerkbar, wenn die Platte viele kleine Datenhäppchen von verschiedenen Stellen der Magnetscheibe zusammenklauben muss, also etwa beim Start des Betriebssystems oder von Anwendungen.

Mit einer Solid-State Disk lässt sich dieser Flaschenhals eliminieren. Dank schneller NAND-Flash-Speicherchips, leistungsstarker Controller, DRAM-Puffer und Datenkompression erreichen SSDs bis zu viermal so hohe Transferraten wie herkömmliche Festplatten. Ihr größter Vorteil sind jedoch die kurzen Zugriffszeiten: Während eine Festplatte bei verteilten Zugriffen auf kleine Datenblöcke maximal 300 Ein- und Ausgabeoperationen pro Sekunde (I/Os pro Sekunde, IOPS) verarbeitet, schaffen die besten SSDs rund das 200-Fache. Beim Schreiben arbeiten sie zwar langsamer. Doch darüber kann man hinwegsehen: Bei typischer PC-Nutzung werden sowieso mehr Daten gelesen als geschrieben.

Allmählich werden die rasanten Halbleitermassenspeicher auch erschwinglich, doch zum Schnäppchenpreis bekommt man sie noch nicht: Mit 1,33 Euro kostet das Gigabyte Speicher auf einer SSD 46-mal so viel wie bei einer herkömmlichen Festplatte (3 Cent). Besonders günstige SSDs sind zwar schon für unter 100 Euro zu haben, doch ihre magere Kapazität von 64 GByte reicht für einen aktuellen Windows-7-PC kaum aus. Immerhin bekommt man aber für knapp 200 Euro Modelle mit 80 bis 128 GByte Fassungsvermögen, die in Kombination mit energiesparenden 1- oder 2-Terabyte-Festplatten schlagkräftige Daten-Duos bilden: Anwendungen und Betriebssystem laden blitzschnell von der SSD. Alle weiteren Nutzdaten speichert die Festplatte. Dazu sollte man etwa auch die Standard-Ordner, die Windows zum Speichern von Nutzerdaten vorsieht, von der SSD mit der Systempartition auf die Festplatte verfrachten [1] . Im Notebook, wo nur Platz für ein einziges Laufwerk ist, lagert man die Daten notfalls auf eine externe USB-Platte aus.

Anhand der geringen Prozessorlast lässt sich erkennen, dass hier die Festplatte bremst. Vor allem die in der linken Hälfte der Messung dominierenden kleinen Zugriffe könnte eine SSD erheblich beschleunigen.

Eine SSD kann allerdings nur dann ihre systembeschleunigende Wirkung entfalten, wenn der Flaschenhals des Systems tatsächlich die Festplatte und nicht etwa der Prozessor ist. Ein System mit Atom-CPU wird sich auch mit einer SSD noch äußerst lahm anfühlen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, wo es bei Ihrem Rechner klemmt, können Sie unter Windows den Ressourcenmonitor befragen. Sie erreichen ihn über die Indexzunge „Leistung“ im Task-Manager. Bleibt die blaue Linie in der Anzeige „Datenträger“ bei typischer Arbeit mit dem PC und geringer Prozessorlast häufig in der oberen Hälfte, während die grüne Skala nur Datenübertragungen im einstelligen Megabyte-Bereich anzeigt, dann sind es vorwiegend viele kleine und verstreute Transfers, die das System ausbremsen [2] . In diesem Fall könnte eine SSD das System beschleunigen. Auch das Gehör liefert Hinweise: Hören Sie bei der Nutzung typischer Software nicht bloß leises Klicken der Festplatte beim Positionieren der Schreib-/Leseköpfe, sondern ein lang anhaltendes Geräuschfeuerwerk, dann dürfte eine SSD Abhilfe schaffen.

SSDs gibt es mittlerweile in ganz unterschiedlichen Varianten zu kaufen: Interessant für den Einsatz im PC oder Notebook sind jedoch nur die bezahlbaren Multi-Level-Cell-(MLC-)-SSDs mit Serial-ATA-Schnittstelle. Manche Hersteller liefern zwar auch noch schnellere Single-Level-Cell-(SLC-)SSDs. Doch sie sind teurer und lohnen wegen ihrer geringen Speicherkapazität nur für den Einsatz in Serversystemen, in denen Zuverlässigkeit eine besonders hohe Priorität genießt.

Die Performance auf die Spitze treiben PCI-Express-SSDs, die quasi gleich mehrere SATA-SSDs auf einer Steckkarte vereinen. Diese Exoten erfordern jedoch spezielle Treiber, sind teuer wie ein Kleinwagen und lassen sich allenfalls nur mit Server-Hardware vernünftig nutzen. Außerdem gibt es noch „SSDs“, die in den ExpressCard-Slot von Notebooks passen, doch solche nutzen oft nicht PCI Express zur Datenübertragung, sondern nur den USB-2.0-Anschluss des ExpressCard-Slots. Damit sind sie eine teure Alternative zur USB-Festplatte, eignen sich aber nicht zur Systembeschleunigung.

Intel liefert unter dem Namen SSD 310 neuerdings auch miniaturisierte Versionen seiner 2,5"-SSD X25-M im Format einer Mini-PCIe-Card. Diese SSD schickt SATA-Signale über die PCIe-Kontakte und funktioniert daher nur in speziellen Notebooks mit mSATA-Slot.

MLC-SSDs mit SATA-Schnittstelle lassen sich hingegen in fast allen PCs und Notebooks ohne zusätzliche Treiberinstallation nutzen und die Auswahl ist riesig: Mehr als 1500 verschiedene Modelle gibt es derzeit in Deutschland zu kaufen. Die meisten davon liefern die Hersteller im 2,5"-Format mit 9,5 Millimeter Bauhöhe. Einige wenige, zumeist kompakte (Sub-)Notebooks verlangen 2,5"-SSDs mit 7 mm Höhe oder 1,8"-Bauformen. Für den Einbau in den 3,5"-Laufwerksschacht des PC benötigt man für 2,5"-Laufwerke wiederum einen Einbaurahmen, der vielen SSDs bereits beiliegt. Wenn er fehlt, kann man sich einen solchen Rahmen aber auch beim Hardware-Händler um die Ecke für wenig Geld besorgen.

SSDs gibt es in unterschiedlichen Ausführungen zu kaufen: als PCI-Express-Karte für Server und in Form von ExpressCards sowie als Mini-PCIe-Karten zum Nachrüsten in (kompakten) Mobilrechnern. Am größten ist die Auswahl jedoch an SATA-SSDs, sie passen sowohl in Notebooks als auch in PCs.

Es gibt nur sehr wenige Anbieter – etwa OCZ –, die auch 3,5"-SSDs im Angebot haben. Anders als bei herkömmlichen 3,5"-Festplatten, die dank ihres größeren Scheibendurchmessers etwas schneller arbeiten und mehr Daten speichern, nutzen die SSD-Hersteller den gewonnenen Platz im Gehäuse jedoch nicht aus. In 3,5"-SSDs steckt zumeist die identische Hardware wie in den kleineren 2,5"-SSDs – plus etwas mehr Luft.

Im Artikel ab Seite 128 stellen wir einige neue 2,5"-SSDs vor, darunter auch zahlreiche neue SATA-6G-Modelle. Mit SATA 6G verdoppelt sich nicht nur die Schnittstellen-, sondern auch die Übertragungsgeschwindigkeit von SSDs. Die schnellsten erreichen ihre Höchstgeschwindigkeit von 500 MByte/s daher tatsächlich nur an SATA-6G-Ports. Theoretisch sind sie zwar rückwärtskompatibel und laufen mit verminderter Geschwindigkeit auch an SATA-II-Ports. Doch darauf sollte man sich nicht verlassen, denn hin und wieder gibt es Kompatibilitätsprobleme. Wer noch einen älteren Rechner sein Eigen nennt, weicht daher besser auf dazu passende SATA-II-SSDs aus; solche erreichen zwar nicht ganz so hohe Transferraten, haben dafür aber noch kürzere Zugriffszeiten als einige der neuen SATA-6G-Modelle.

Das Nachrüsten von SATA 6G im PC per separatem Hostadapter lohnt in der Regel nicht. Der Einsatz zusätzlicher Storage-Adapter verlängert oft die Boot-Dauer von PCs, während man eine SSD eigentlich zum gegenteiligen Zweck einbaut. Für optimale Performance ist es ohnehin ratsam, die direkt am Chipsatz angebundenen SATA-Schnittstellen zu nutzen. Man sollte dann auch darauf achten, dass die Ports im AHCI-Modus konfiguriert sind (manchmal heißt er RAID-Modus), weil SSDs nur dann das Performance-steigernde Native Command Queuing (NCQ) nutzen können. Wie Festplatten sind sie dann in der Lage eingehende Befehle in einer Warteschlange zu verwalten und geschickt umzusortieren, was Zugriffe beschleunigen kann.

Während Solid-State Disks Daten rasend schnell lesen, arbeiten sie beim Schreiben generell deutlich langsamer – und zwar aus einem einfachen Grund: NAND-Flash-Speicher muss man vor dem Beschreiben erst (blockweise) löschen. Hinzu kommt, dass sich Multi-Level-Cell-Speicherchips aktueller SSDs zwar beliebig oft auslesen, allerdings nur 3000- bis 5000-mal löschen und neu programmieren lassen. Um zu verhindern, dass einzelne Zellen über Gebühr strapaziert werden, führen alle SSD-Controller ein sogenanntes Wear Leveling aus. Dabei verteilen sie die Schreibzugriffe möglichst gleichmäßig über alle zur Verfügung stehenden Speicher- und Reserveblöcke, sodass jede einzelne Zelle möglichst selten an die Reihe kommt. Dadurch liegt die Zahl der Schreibzyklen, die die gesamte SSD verträgt, sehr viel höher als die der einzelnen Zellen. Da beim typischen Einsatz der SSD im PC oder Notebook sehr viel mehr Daten gelesen als geschrieben werden, sollte man die begrenzte Lebensdauer nicht überbewerten. Meistens fallen SSDs aus anderen Gründen aus – dazu später mehr. Unnötige Schreibzugriffe lassen sich vermeiden, indem man die Windows-eigene Defragmentierung abschaltet – Windows 7 erledigt das bei SSDs automatisch. Sie bringt dort ohnehin keinen Geschwindigkeitsvorteil.

Apropos Tempo: Im fabrikneuen Zustand erreicht eine SSD zumeist die höchsten Transferraten beim Schreiben, weil der Controller dann auf sehr viele freie Speicherblöcke zugreifen kann. Mit steigendem Gesamtfüllstand wird das immer unwahrscheinlicher. Immer öfter kann es dann vorkommen, dass der Controller auf Blöcke stößt, die bereits Daten enthalten. Um neue Daten zu schreiben, muss er dann zunächst den ganzen Block einlesen, um die neuen Daten ergänzen und alles zusammen wieder zurückschreiben. Diese sogenannten Read-Modify-Write-Vorgänge (RMW) kosten Zeit, was der Anwender durch sinkende Transferraten und steigende Schreiblatenzen zu spüren bekommt. Um es klar zu sagen: Auf die viel wichtigere Lese-Performance hat dieses Problem keinen Einfluss.

Es ist aber keine gute Idee, beim Umstieg von einer Magnetplatte auf eine SSD die Daten sektorweise zu kopieren, so wie es etwa das Linux-Tool dd macht. Denn dabei werden ja auch leere Sektoren explizit kopiert. Aus Sicht des SSD-Controllers sind die Blöcke allesamt belegt – es drohen niedrigere Schreibraten, wenn die SSD auch sonst gut befüllt ist. Verwenden Sie zum Klonen besser ein Imaging-Tool wie Acronis oder erstellen Sie mit den Bordmitteln von Windows 7 ein Systemabbild, das Sie dann auf die SSD kopieren. Besonders einfach ist das, wenn die Betriebssystempartition kleiner oder gleich der SSD-Kapazität ist. Andernfalls müssen Sie zunächst Daten ausmisten und die Partition verkleinern.

Den vollständigen Artikel finden Sie in c't 9/2011.

Mehr Infos

PC-Tuning per SSD

Artikel zum Thema "PC-Tuning per SSD" finden Sie in c't 9/2011:

  • Mehr Performance mit SSD plus Festplatte - Seite 124
  • Solid-State Disks im Test - Seite 128

(boi)